POLITIK
Transplantationsregistergesetz: Schwachstelle – Datenerfassung


Der Deutsche Bundestag hat sich im Rahmen einer Expertenanhörung nochmals mit der Einrichtung eines bundesweiten Transplantationsregisters befasst. Im Fokus stand die Datenerfassung lediglich nach Einwilligung.
Grundsätzlich positiv ist das Feedback, das der Gesetzentwurf zur Einrichtung eines bundesweiten Transplantationsregisters (18/8209) derzeit erhält. „Deutschland hinkt bezüglich der Datenerfassung in der Transplantationsmedizin im internationalen Vergleich hinterher“, sagte Dr. med. Axel Rahmel von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) bei einer Expertenanhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages am 1. Juni in Berlin. „Das neue Gesetz schließt diese Lücke ganz gut.“ Es soll in das Transplantationsgesetz eingefügt werden und noch in diesem Jahr in Kraft treten.
Möglichst lückenlose Daten
Auf seiner Grundlage sollen dann erstmals in Deutschland alle relevanten Daten zur Organspende zusammengeführt werden, um die Datengrundlage für die transplantationsmedizinische Versorgung und Forschung zu verbessern und die Transparenz zu erhöhen. Unabdingbar dafür ist eine höchstmögliche Datenqualität. Doch genau an diesem Punkt identifizieren viele Verbände eine Schwachstelle, unter ihnen die Bundesärztekammer (BÄK). Sie befürchten, dass das gesamte Projekt durch eine lückenhafte Datenerfassung gefährdet werden könnte. Die Krux: Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zufolge dürfen die Daten der Organempfänger und der lebenden Organspender lediglich dann an das Zentralregister übermittelt und dort dauerhaft gespeichert werden, wenn Spender und Empfänger vorher eingewilligt haben. Auf die in der Vergangenheit erhobenen Daten soll nicht zurück-gegriffen werden.
Nach Ansicht der Bundesärztekammer birgt diese Regelung die Gefahr, dass Personengruppen nur fragmentarisch erfasst werden und damit die Gesamtziele des Transplantationsregisters gefährdet sind. Während auch der Bundesrat diese Meinung teilt und die Regelung für verfehlt hält, verteidigt sie die Bundesregierung: Die Einwilligung der lebenden Organspender und Organempfänger trage dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung umfassend Rechnung, heißt es in einer Erwiderung. Und: Es bedürfe einer Einwilligung der betroffenen Personen, weil der bundesweit einheitliche Datensatz erst nach Inkrafttreten des Gesetzes in einer Vereinbarung zwischen Vertretern der Selbstverwaltung festgelegt werde.
„Das Gesetz muss die Voraussetzung schaffen, alle betroffenen Patienten vollzählig einzubeziehen“, bekräftigte auch Dr. Wulf-Dietrich Leber vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bei der Anhörung im Bundestag. „Bleibt die Einwilligungslösung im Gesetzentwurf, werden wir noch in zehn Jahren keine relevanten Daten auswerten können“, skizzierte er. Nach Ansicht des Spitzenverbandes sollten daher Möglichkeiten zur Nutzung vorhandener Daten geschaffen und auf die Einwilligungslösung verzichtet werden – zumal nur pseudonymisierte Daten verwendet würden.
Nicht nachvollziehbar sei zudem gerade für Kliniker, dass das Register bereits in der Vergangenheit erhobene Daten nicht nutzen können soll, ergänzte Prof. Dr. med. Björn Nashan, Präsident der Deutschen Transplantationsgesellschaft. „Es ist geübte Praxis seit Jahren, dass die Patienten aufgeklärt werden“, betonte der Transplantationsmediziner aus Hamburg. „Die bislang erhobenen Daten sind valide.“
Datenschutz vor Transparenz
Die Stiftung Datenschutz plädierte dafür, bei der Einwilligungsregelung zu bleiben. Zwar könnte das Ziel einer kompletten Erfassung aller potenziellen Spender und Empfänger in Gefahr geraten, wenn viele Betroffene ihre Einwilligung nicht gäben, räumt sie ein. Damit sei nach dem verpflichtenden Aufklärungsgespräch aber nicht zu rechnen, meinte Frederick Richter, Vertreter der Stiftung.
Grundsätzliche Kritik an der Organisationsform des Transplantationswesens in Deutschland kam bei der Anhörung von der Deutschen Stiftung Patientenschutz: Das Transplantationssystem gehöre in staatliche Hände, sagte Christine Eberle. „Auch Aufbau und Betrieb des Registers dürfen nicht an die privaten Akteure des Organspendesystems gelegt werden. Diese Aufgaben sind an eine staatliche Behörde auf Bundesebene zu übergeben“, betonte sie. Nur dann könne neues Vertrauen der Menschen in die Organspende wachsen. Die Bundesärztekammer begrüßte hingegen, dass mit dem Transplantationsregistergesetz an die Selbstverwaltungslösung angeknüpft werde.
Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann
Weyandt, Daniel
Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.