MEDIZIN: Originalarbeit
Fäkaler Mikrobiota-Transfer bei rezidivierenden Clostridium-difficile-Infektionen
Eine retrospektive multizentrische Beobachtungsstudie des MicroTrans-Registers
Fecal microbiota transplant in patients with recurrent Clostridium difficile infection—a retrospective multicenter observational study from the MicroTrans registry
; ;
Hintergrund: Die Wirksamkeit des fäkalen Mikrobiota-Transfers zur Behandlung von rezidivierenden Clostridium-difficile-Infektionen (rCDI) konnte bereits in randomisierten Studien nachgewiesen werden. Um den aktuellen Status des fäkalen Mikrobiota-Transfers in Deutschland hinsichtlich aktiver Standorte, lokaler Standards, klinischer Wirksamkeit und Sicherheit zu beurteilen, wurde das MicroTrans-Register (NCT02681068) gegründet.
Methode: In einer retrospektiven, multizentrischen Langzeitbeobachtungsstudie der German Clinical Microbiome Study Group (GCMSG) wurden die Ansprechraten eines fäkalen Mikrobiota-Transfers zur Behandlung einer rCDI nach 30 und 90 Tagen und mögliche unerwünschte Nebenwirkungen ermittelt. Neben den Patientenmerkmalen werden die je nach Zentrum unterschiedlichen Therapieregimes vorgestellt.
Ergebnisse: In die Studie wurden 133 auswertbare Patienten an 33 Standorten eingeschlossen; 64,7 % waren weiblich (n = 86), der Altersdurchschnitt betrug 75 Jahre (Interquartilsabstand: 59,5–81,5). Die Applikation der Spender-Mikrobiota in das Duodenum/Jejunum war die häufigste Applikationsform (n = 59; 44,4 %), gefolgt von der endoskopischen Applikation in das Kolon (n = 55; 41,1 %), per Kapsel (n = 13; 9,8 %) und in den Magen (n = 4; 3,0 %). Eine primäre Heilung an Tag 30 und 90 wurde bei 84,2 % (n = 101/120) respektive 78,3 % (n = 72/92) der Patienten erreicht. Das einschließlich wiederholter Behandlungsversuche berechnete sekundäre Ansprechen wurde bei 87,5 % (nach 30 Tagen: n = 105/120) und 85,9 % (nach 90 Tagen: n = 79/92) der Patienten erreicht. Dabei erlitten 16 Patienten (12 %) ein behandlungsassoziiertes unerwünschtes Ereignis.
Zusammenfassung: Der fäkale Mikrobiota-Transfer ist eine sichere und effektive Behandlungsoption der rCDI, die in Deutschland bisher aber nur punktuell und mit unterschiedlichen Methoden implementiert wurde.


Die Clostridium-difficile-Infektion (CDI) ist weltweit die Hauptursache nosokomialer Diarrhöen (1, 2). Die medikamentöse Behandlung der CDI basiert gegenwärtig im Wesentlichen auf der Gabe der Antibiotika Metronidazol, Vancomycin und Fidaxomicin (3). Im Anschluss an diese Therapien entwickeln 9,0–26,9 % der Patienten rezidivierende CDIs (rCDI) (4).
Der fäkale Mikrobiota-Transfer ist als praktikable und effektive Behandlung bereits vor einigen Jahrzehnten beschrieben worden. Allerdings wurde die erste randomisierte Studie zur klinischen Wirksamkeit des fäkalen Mikrobiota-Transfers per Infusion in das Duodenum, in der eine nachhaltige, klinische Heilung von über 90 % der Patienten mit rCDI erreicht wurde, erst im Jahr 2013 veröffentlicht (5). Der deutliche Erfolg dieser zuvor eher unbeliebten Behandlungsoption regte verschiedene weiterführende Forschungsansätze an. So wurde die Anwendung anderer Applikationswege untersucht und positiv bewertet (6–8), zum Beispiel
- in den Magen
- in das Kolon
- in das Rektum
- per Kapsel.
Auch die Möglichkeit der Kryokonservierung von fäkalen Mikrobiota-Transfer-Produkten wurde untersucht. Während es sich bei den meisten Studien um Beobachtungsstudien, einarmige Studien oder Studien mit einer niedrigen Patientenzahl handelte, stellt eine kürzlich publizierte doppelblinde, randomisierte Studie, in der die klinische Wirksamkeit gefrorener und frischer fäkaler Mikrobiota-Transfer-Produkte bei rCDI auf Basis der Daten von 232 Erwachsenen verglichen wurde, einen Meilenstein in der fäkalen Mikrobiota-Transfer-Forschung dar. Die Nichtunterlegenheit der gefrorenen Zubereitungen konnte in dieser Untersuchung bestätigt werden (9). Inspiriert durch die eindrucksvolle klinische Effektivität des fäkalen Mikrobiota-Transfers und die schnelle Umsetzung technischer Neuerungen, steigt das Interesse unter klinisch tätigen Ärzten, den fäkalen Mikrobiota-Transfer als Behandlungsoption bei rCDI zu nutzen (10, 11). In diesem Zusammenhang stoßen behandelnde Ärzte auf Schwierigkeiten hinsichtlich verlässlicher Standards zum Spenderscreening, der Herstellung des fäkalen Mikrobiota-Transfer-Produktes und der Applikation. Gleichzeitig sind Informationen zu Schwerpunktzentren, an die Patienten überwiesen werden können, nicht gut zugänglich.
Um den aktuellen Stand des fäkalen Mikrobiota-Transfers in Deutschland hinsichtlich der aktiven Standorte, der lokalen Behandlungsstandards sowie der klinischen Wirksamkeit und Sicherheit beurteilen zu können, haben wir das MicroTrans-Register gegründet und präsentieren unsere erste Auswertung.
Patienten und Methode
Es handelt sich um eine retrospektive, multizentrische Langzeitbeobachtungsstudie der German Clinical Microbiome Study Group (GCMSG), die bei ClinicalTrials.gov (NCT02681068) registriert wurde. Eine Umfrage zum lokalen Stand der Implementierung des fäkalen Mikrobiota-Transfers wurde an alle medizinischen Einrichtungen, die Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) sind, sowie an alle medizinischen Zentren, die zum Einsatz eines fäkalen Mikrobiota- Transfers schon Berichte publiziert oder Pressemitteilungen herausgegeben hatten, verschickt. Alle Standorte, die die initiale Umfrage beantworteten, wurden mit der Bitte nach Detailinformationen zu den einzelnen Patienten kontaktiert. Allen Standorten, an denen es keine Personalkapazitäten für eine Dokumentation gab, wurde seitens der GCMSG ein Dokumentationsassistent zur Verfügung gestellt.
Ausschließlich Patienten, die aufgrund einer rezidivierenden oder refraktären CDI einen fäkalen Mikrobiota-Transfer erhalten hatten, konnten in der Online-Datenbank ClinicalSurveys.net dokumentiert werden (12). Eine CDI wurde gemäß der aktuellen ESCMID (European Society for Clinical Microbiology and Infectious Diseases)-Leitlinie definiert (3). Die Standards, auf denen der fäkale Mikrobiota-Transfer basierte, wurden durch die teilnehmenden Zentren lokal festgelegt. Die einzelenen Punkte der Patientendaten, die erfasst wurden, sind im Kasten dargestellt.
Unerwünschte Ereignisse wurden nur dokumentiert, wenn zumindest ein potenzieller Zusammenhang zum fäkalen Mikrobiota-Transfer gesehen wurde. Die Daten wurden basierend auf den Patientenakten in die Datenbank eingegeben. Anonymisierte Datensätze von allen teilnehmenden Standorten wurden exportiert, tabellarisiert und zentral analysiert.
Ein Ansprechen auf den fäkalen Mikrobiota-Transfer wurde als die Abwesenheit von Diarrhöen nach fäkalem Mikrobiota-Transfer für mindestens 48 h definiert. Die primäre Heilung an Tag 30 und 90 wurde definiert als Abwesenheit einer CDI seit der Durchführung des fäkalen Mikrobiota-Transfers bis zum jeweiligen Abfragezeitpunkt. Die Kriterien für sekundäre Heilung waren erfüllt, wenn mehrere weitere fäkale Mikrobiota-Transfers notwendig waren, um ein dauerhaftes Ansprechen an Tag 30 beziehungsweise Tag 90 zu erreichen. Ein Rezidiv wurde definiert als das Auftreten einer CDI nach anfänglichem Ansprechen auf die Behandlung. Die statistischen Analysen wurden mit IBM SPSS Statistics Software durchgeführt. Häufigkeitsanalysen wurden deskriptiv dargestellt.
Das Studienprotokoll wurde durch die Ethikkommissionen der teilnehmenden Standorte positiv bewertet.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 720 medizinische Zentren in Deutschland kontaktiert, 366 beantworteten die Anfrage. Von diesen gaben 39 medizinische Zentren an, fäkale Mikrobiota-Transfers durchzuführen, und es wurden insgesamt 147 Patienten von 33 Standorten zwischen Januar 2014 und Februar 2016 dokumentiert. 133 Patienten erfüllten die Einschlusskriterien; 14 Patienten hatten den fäkalen Mikrobiota-Transfer aufgrund einer anderen Indikation als rCDI erhalten. Die mediane Anzahl von dokumentierten Patienten pro Standort betrug 2 (Spannweite: 1–24). Die Patienten wurden zwischen November 2011 und Juli 2015 behandelt.
Die Patientenmerkmale sind in Tabelle 1 dargestellt. Die Mehrzahl der Patienten, die einen fäkalen Mikrobiota-Transfer erhielten, war weiblich (n = 86; 64,7 %). Das mediane Alter betrug 75 Jahre (Interquartilsabstand [IQR]: 59,5–81,5), der mediane ECOG-Score 2 (IQR: 1–3). Die am häufigsten dokumentierten Komorbiditäten waren folgende Erkrankungen:
- kardiovaskuläre (n = 79; 59,4 %)
- gastrointestinale (n = 43; 32,3 %)
- endokrinologische (n = 40; 30,1 %)
- nephrologische (n = 34; 25,6 %).
Insgesamt 3 (2,3 %) Patienten hatten innerhalb der letzten drei Monaten vor fäkalem Mikrobiota-Transfer eine Chemotherapie erhalten oder waren aus einem anderen Grund (n = 19; 14,3 %) immunsupprimiert. Im Median erlitten die Patienten drei Rezidive (IQR: 1–4), bevor ein fäkaler Mikrobiota-Transfer durchgeführt wurde. Die durchschnittliche Dauer zwischen Erstdiagnose der CDI und fäkalem Mikrobiota-Transfer betrug 120 Tage (IQR: 60–210). 16 Patienten (12,0 %) wurden aufgrund eines fehlenden Ansprechens auf alle Standardtherapien mit einem fäkalen Mikrobiota-Transfer behandelt. Zur Behandlung vorhergehender Rezidive erhielten die meisten Patienten sequenziell entweder Metronidazol und Vancomycin (n = 61; 45,9 %) oder Metronidazol, Vancomycin und Fidaxomicin (n = 34; 25,6 %).
Die wesentlichen Informationen zum ersten fäkalen Mikrobiota-Transfer pro Patient sind in Tabelle 2 dargestellt. Eine antibiotische Induktionstherapie unmittelbar vor Durchführung des fäkalen Mikrobiota-Transfers wurde in 99 (74,4 %) Fällen vorgenommen, dabei war orales Vancomycin die häufigste ausgewählte Option (n = 71; 53,4 %). Eine Darmreinigung als Vorbereitung zum fäkalen Mikrobiota-Transfer wurde bei 117 Patienten (88,0 %) durchgeführt. Gefrorene Zubereitungen wurden in 20 Fällen (15,0 %) verwendet. Die Verabreichung in das Duodenum (n = 59; 44,4 %) war die häufigste Applikationsform, gefolgt von der Applikation in das Kolon (n = 55; 41,1 %), per Kapsel (n = 13; 9,8 %) und in den Magen (n = 4; 3,0 %).
Insgesamt 16 Patienten (12,0 %) erlebten ein unerwünschtes Ereignis. Folgende unerwünschte Ereignisse wurden als sicher oder wahrscheinlich mit dem fäkalen Mikrobiota-Transfer assoziiert eingestuft: Übelkeit, Fieber, abdominale Schmerzen, Aufstoßen, Erbrechen, zervikales/retrosternales Unbehagen, Aspirationspneumonie (im Rahmen der Endoskopie), Verlust eines Zahnes (im Rahmen der Endoskopie), Entwicklung eines Reizdarmsyndroms und Auftreten einer gastrointestinalen Blutung (im Rahmen der Endoskopie). Ein möglicher Zusammenhang wurde für die unerwünschten Ereignisse Nahrungsmittelunverträglichkeit, Gewichtszunahme und Polyneuropathie angegeben. Keiner der Patienten mit einem unerwünschten Ereignis starb innerhalb von 30 Tagen nach Dokumentation dieser unerwünschten Ereignisse.
Informationen zum Ansprechen auf die Behandlung lagen von 132 Patienten (99,2 %) vor. Von diesen Fällen sprachen 124 (93,2 %) im Median an Tag 1 (IQR: 0–3) auf die Behandlung an. Das mediane Follow-up betrug 141 Tage (IQR: 50–353). Das längste Follow-up betrug 1 825 Tage. Eine primäre Heilung an Tag 30 wurde bei 101 von 120 Patienten (84,2 %) und an Tag 90 bei 72 von 92 Patienten (78,3 %) erreicht. Die Verlaufskontrolle an Tag 30 und 90 lag bei 12 (9,1 %) beziehungsweise 40 (30,3 %) Patienten nicht vor.
Ein zweiter fäkaler Mikrobiota-Transfer wurde bei 18 Patienten (13,5 %) durchgeführt, ein Patient (0,8 %) erhielt vier fäkale Mikrobiota-Transfers. Sieben der assoziierten Rezidive wurden möglicherweise durch eine erneute Antibiotikabehandlung ausgelöst. Inklusive Wiederbehandlung wurde ein sekundäres Ansprechen an Tag 30 und 90 von 87,5 % (n = 105/120) und 85,9 % (n = 79/92) der Patienten erreicht.
Das Ansprechen unter Berücksichtigung der Applikationsform, einer antibiotischen Induktionstherapie und Durchführung einer Darmreinigung ist in Tabelle 3 dargelegt. Patienten, denen das fäkale Mikrobiota-Transfer-Produkt in das Rektum/Kolon/terminale Ileum appliziert wurde, zeigten ein primäres Ansprechen an Tag 30 und 90 von 89,6 % (n = 43/48) und 83,3 % (n = 25/30). Für Patienten, denen das fäkale Mikrobiota-Transfer-Produkt in das Duodenum/Jejunum appliziert wurde, ergaben sich entsprechende Heilungsraten von 78,9 % (n = 45/57) und 74,0 % (n = 37/50). Patienten, die per Kapsel behandelt wurden, erfuhren in 84, % (n=11/13) und 83,3 % (n = 10/12) der Fälle eine Heilung. Es ergaben sich keine Unterschiede im Ansprechen für Patienten mit und ohne eine antibiotische Induktionstherapie und Patienten mit und ohne Durchführung einer vorbereitenden Darmreinigung.
Während des Beobachtungszeitraumes starben sieben Patienten (5,3 %), zwei von ihnen innerhalb von 90 Tagen nach dem fäkalen Mikrobiota-Transfer. In sechs Todesfällen bestand kein Zusammenhang zur rCDI (solider Tumor, hämatologische Neoplasie, Harnwegsinfektion, Lungenembolie, Pneumonie [n = 2]). Bei einer Patientin trug das CDI-Rezidiv 7 Tage nach fäkalem Mikrobiota-Transfer mit zum Tod bei, allerdings wurde ein zerebrovaskuläres Ereignis als primäre Todesursache angegeben.
Diskussion
Das MicroTrans-Register stellt das erste strukturierte Dokumentationsverfahren für die klinische Wirksamkeit und Sicherheit des fäkalen Mikrobiota-Transfers bei rCDI in Deutschland dar. Wir dokumentierten primäre und sekundäre Heilungsraten an Tag 90 von 84,2 % beziehungsweise 85,9 %. In den beiden größten publizierten US-amerikanischen Beobachtungsstudien – eine, in der ältere Patienten, und eine, in der immunsupprimierte Patienten aufgrund einer rCDI behandelt wurden, – zeigten sich vergleichbare primäre und sekundäre Heilungsraten an Tag 90 von 78,0–82,5 % und 89,0–95,9 % (7, 13). Einen Gesamtüberblick über die aus der Literatur verfügbaren Ergebnisse gibt die eTabelle 1.
Wir konnten insgesamt einen Trend hin zu höheren Heilungsraten nach Applikation des Spendermikrobioms in den unteren Gastrointestinaltrakt, gefolgt von oraler Gabe gefrorener Kapseln, erkennen. Des Weiteren zeigten sich keine Unterschiede in den Heilungsraten mit Bezug auf die Gabe einer antibiotischen Induktionstherapie oder die Durchführung einer Darmreinigung (Tabelle 3). Allerdings lassen diese Ergebnisse aufgrund der inhärenten Limitationen retrospektiver Analysen keine definitiven Rückschlüsse bezüglich des Einflusses dieser Variablen auf die klinische Wirksamkeit des fäkalen Mikrobiota-Transfers zu. So wäre es zum Beispiel denkbar, dass Zentren, die den duodenalen Applikationsweg als Standard nutzen, bestimmte prä-fäkale Mikrobiota-Transfer-Standards anwenden, die Einfluss auf den Behandlungserfolg haben. Zu diesem Zeitpunkt erlauben unsere Daten noch keine logistische Regressionsanalyse, die solche Begleitfaktoren ausreichend berücksichtigen würde. Dennoch haben wir diesen Aspekt als eine zentrale Frage identifiziert, die weitere Aufmerksamkeit seitens der Studiengruppe verdient.
Umfang und Schwere der unerwünschten Ereignisse in unserer und in vorangegangenen Studien sind schwierig zu vergleichen, da die Standards für die Meldung der unerwünschten Ereignisse zwischen den einzelnen Studien differieren. Wenn jedoch nur dem fäkalen Mikrobiota-Transfer zuschreibbare Ereignisse berücksichtigt und verglichen werden, dominieren selbstlimitierende gastrointestinale Ereignisse im direkten, zeitlichen Zusammenhang zum fäkalen Mikrobiota-Transfer das Spektrum der unerwünschten Ereignisse. In großen interventionellen und nicht-interventionellen Studien sowie in unserer Beobachtung war die Aspiration während der Endoskopie des oberen Gastrointestinaltraktes das gravierendste schwerwiegende unerwünschte Ereignis, wobei dieses nur selten auftrat (5, 7, 9, 13).
Die eTabelle 2 zeigt eine Zusammenstellung aller unerwünschten Ereignisse aus publizierten randomisierten Studien, bei denen ein Zusammenhang zum fäkalen Mikrobiota-Transfer vermutet wurde.
Limitationen
Die Aussagekraft unserer Ergebnisse wird eingeschränkt durch die inhärenten Probleme einer Beobachtungsstudie. Der Nachbeobachtungszeitraum differierte stark, höchstwahrscheinlich, weil die Mehrzahl der Patienten gezielt für den fäkalen Mikrobiota-Transfer im Zentrum stationär aufgenommen und kurz nach der Durchführung wieder entlassen wurde. Im Falle des Ausbleibens einer weiteren rCDI oder anderer medizinischer Probleme sinkt die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Kontakts mit dem durchführenden Zentrum. Es lässt sich also mutmaßen, dass die dokumentierten primären und sekundären Heilungsraten der Realität entsprechen, da Patienten, die nicht erneut aufgenommen wurden, mit hoher Wahrscheinlichkeit geheilt wurden.
Fazit
Hinsichtlich methodischer Aspekte konnten wir zeigen, dass das Verfahren des fäkalen Mikrobiota-Transfers bereits an einer beträchtlichen Anzahl medizinischer Zentren in Deutschland implementiert wurde; lokale Behandlungsstandards unterscheiden sich jedoch deutlich voneinander. Um die Reproduzierbarkeit der Daten zu verbessern und die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten, wird eine Harmonisierung der Protokolle für die Auswahl der Patienten, für das Spenderscreening, für die Verarbeitung der Stuhlproben und die Applikation der fäkalen Mikrobiota-Transfer-Produkte dringend benötigt.
Nur vier Zentren dokumentierten mehr als 10 Patienten. Da die Dokumentation nicht obligatorisch war, ist es möglich, dass die teilnehmenden Standorte weniger Patienten dokumentiert als behandelt haben. Unabhängig von diesem Dokumentationsbias kann angenommen werden, dass einige wenige Standorte sich in Bezug auf Behandlungszahlen im nationalen Vergleich zu Spitzenreitern entwickeln werden. Dies wird klar, wenn man den hohen Aufwand an Kosten, Personal und Zeit bedenkt, der für die initiale Implementierung und die dauerhafte Bereithaltung der Therapieoption fäkaler Mikrobiota-Transfers notwendig ist. Dieser Aspekt gewinnt besonders innerhalb des deutschen Gesundheitssystems an Bedeutung, da momentan keine Möglichkeit der Rückerstattung von durch den fäkalen Mikrobiota-Transfer entstandenen Kosten besteht. Um die Qualität und Sicherheit dieser hocheffektiven Behandlungsoption zu sichern, scheint eine Regelung der Kostenrückerstattung sowie legaler Aspekte unumgänglich. Positive Ergebnisse aus klinischen Studien sollten diesen Prozess vorantreiben, jedoch ist in zahlreichen Ländern der finanzielle und regulatorische Status des fäkalen Mikrobiota-Transfers noch umstritten, was zu divergenten Entscheidungen bei den zuständigen Behörden führt. So hat die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) ein vergleichsweise einfaches Verfahren eingerichtet, das sowohl die Registrierung eines fäkalen Mikrobiota-Transfers im rein klinischen Kontext sowie die Einreichung eines Antrags zur Durchführung einer klinischen Studie ermöglicht. Zur Zeit bewerten deutsche Behörden fäkale Mikrobiota- Transfer-Produkte als Medikamente, die unter das Arzneimittelgesetz (AMG) fallen (persönliche Mitteilung). Daher müssen Ärzte in Deutschland den fäkalen Mikrobiota-Transfer als sogenannten „individuellen Heilungsversuch“ durchführen. Die Durchführung notwendiger randomisierter klinischer Studien bleibt in Deutschland aufgrund der hohen Anforderungen durch das Arzneimittelgesetz eine große Herausforderung.
Die präsentierten Ergebnisse stellen einen Ausgangspunkt für eine kontinuierliche Dokumentation von fäkalen Mikrobiota-Transfer-Behandlungen in Deutschland dar. In unseren zukünftigen Analysen werden wir den Fokus auf langfristige Sicherheitsaspekte und die Bedeutung supportiver Maßnahmen legen, zum Beispiel Darmreinigung, Applikationsform, antibiotische Induktionstherapie, Verabreichung von Protonenpumpen-Inhibitoren, um eine Verbesserung des Therapieerfolges zu erreichen. Weitere Standorte, nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland, sind eingeladen, an unserem Register mitzuwirken.
Interessenkonflikt
Anne Fischer wurde honoriert für eine Autorenschaft von CMExtra.
Prof. Storr erhielt Honorare für Beratertätigkeiten und für einen Vortrag auf wissenschaftlichen Tagungen von Astellas.
PD Dr. Lübbert wurde honoriert für Beratertätigkeiten von MSD und erhielt Erstattung von Teilnahmegebühren, Reise- und Übernachtungskosten sowie Honorare für die Vorbereitung von wissenschaftlichen Tagungen von Astellas und MSD. Des Weiteren erhielt er Gelder auf ein Drittmittelkonto von Astellas.
Dr. Tacke wurden Reise- als auch Teilnahmegebühren für Kongresse erstattet von Pfizer. Des Weiteren erhielt sie Honorare für Vorträge von Merck und Astellas.
Prof. Cornely wurde für Beratertätigkeiten honoriert von Amplyx, Anacor, Astellas, Basilea, Cidara, Da Volterra, Daiichi Sankyo, F2G, Genentech/Roche, Gilead, Matinas, MedPace, Merck/MSD, Merck Serono, Paratek Pharmaceuticals, Pfizer, Sanofi Pasteur, Scynexis, Seres Therapeutics, Summit, Vical und Vifor. Für Vorträge auf wissenschaftlichen Tagungen bekam er Honorare von Astellas, Basilea, Gilead, Merck/MSD und Pfizer. Gelder für von ihm initiierte Forschungsvorhaben erhielt er von 3M, Actelion, Astellas, AstraZeneca, Basilea, Bayer, Celgene, Cubist/Optimer, Genzyme, Gilead, GSK, Merck/MSD, Miltenyi, NanoMR, Pfizer, Quintiles, Scynexis, The Medicine Company und Viropharma.
Prof. Stallmach wurde für Beratertätigkeiten honoriert von Astellas, MSD, und Summit.
PD Dr. Vehreschild wurde für Beratertätigkeiten honoriert von Berlin Chemie, MSD, Merck und Astellas. Für die Vorbereitung von wissenschaftlichen Tagungen erhielt sie Honorare von Pfizer, MSD, Merck, Gilead, Organobalance und Astellas. Für ein von ihr initiiertes Forschungsvorhaben bekam sie Gelder von 3M, Astellas, Da Volterra und Gilead.
Prof. Lerch wurde für Beratertätigkeiten und Gutachtertätigkeiten honoriert und erhielt Gelder für ein von ihm initiiertes Forschungsvorhaben von Astellas und Norgine.
Dr. Hagel, Dr. Ehlermann, Dr. Frank, Dr. Tüffers, Prof. Sturm, Dr. Link, Dr. Siebenhaar, Prof. Glück, Erhard Siegel, Dr. Goeser, Prof. Kölbel, Prof. Lohse, Dr. Maier, Dr. Schürle, Dr. Kandzi, Dr. Demir und Dr. Solbach erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht: 3. 3. 2016, revidierte Fassung angenommen: 3. 5. 2016
Anschrift für die Verfasser
PD Dr. med. Maria J.G.T. Vehreschild
Klinik I für Innere Medizin
Kerpener Straße 62, 50937 Köln
maria.vehreschild@uk-koeln.de
Weitere Autoren
Anne Fischer, Klinik für Innere Medizin IV (Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie), Universitätsklinikum Jena
Dr. med. Philipp Ehlermann, SRH Kurpfalzkrankenhaus Heidelberg GmbH,
Heidelberg
Dr. med. Thorsten Frank, St. Katharinen Hospital Frechen
Dr. med. Kester Tüffers, St. Johannes Hospital Dortmund, Medizinische Klinik 2, Dortmund
Prof. Dr. med. Andreas Sturm, DRK Kliniken Berlin I Westend, Berlin
Dr. med. Alexander Link, Abteilung für Gastroenterologie, Hepatologie und
Infektiologie, Otto-von-Guericke Universitätsklinikum, Magdeburg
Dr. med. Münevver Demir, Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie,
Universitätsklinikum Köln
Dr. med. Arno Siebenhaar, Medizinische Klinik, Israelitisches Krankenhaus in Hamburg
Prof. Dr. med. Martin Storr MHBA, Zentrum für Endoskopie, Starnberg
Prof. Dr. med. Thomas Glück, Kreisklinik Trostberg, Kliniken Südostbayern, Trostberg
Dr. med. Erhard Siegel, St. Josefskrankenhaus Heidelberg
Dr. med. Philip Solbach, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover und Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), Standort Hannover-Braunschweig
Dr. med. Felix Goeser, Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Bonn
Prof. Dr. med. Christian B. Kölbel, Krankenhaus Barmherzige Brüder Trier
Prof. Dr. med. Ansgar Lohse I. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Dr. med. Christoph Lübbert DTM & H, Fachbereich Infektions- und Tropenmedizin, Klinik für Gastroenterologie und Rheumatologie, Universitätsklinikum Leipzig
Dr. med. Ulrich Kandzi, Evangelisches Krankenhaus Hamm
Dr. med. Matthias Maier, Knappschafts-Krankenhaus Püttlingen
Dr. med. Stefanie Schürle, Ostalb Klinikum Aalen
Prof. Dr. med. Markus M. Lerch, Klinik für Innere Medizin A, Universitätsmedizin Greifswald
Dr. med. Daniela Tacke, Klinik für Innere Medizin I und Centrum für Integrierte Onkologie CIO Köln/Bonn, Universitätsklinikum Köln, Deutsches Zentrum für Infektionsforschung, Standort Bonn-Köln
Prof. Dr. med. Oliver A. Cornely FAAM, Klinik für Innere Medizin I und Centrum für Integrierte Onkologie CIO Köln/Bonn, Universitätsklinikum Köln, Deutsches Zentrum für Infektionsforschung, Standort Bonn-Köln, Translational Research Institute, Cologne Excellence Cluster on Cellular Stress Responses in Aging-Associated Diseases (CECAD), Universität zu Köln
Mitglieder der German Clinical Microbiome Study Group (GCMSG)
Dr. med. Wolfgang Angeli, Dr. med. Oliver Bachmann, Prof. Dr. med. Dr. Manfred Gross, Dr. med. Nathalie Jazmati, Dr. med. Thomas Heyer, Dr. med. Friedrich Korsten, Dr. med. Hasan Kusak, Dr. med. Eva Liebhardt, Dr. med. Harald Matthes, Dr. med. Harald Merckens, Dr. med. Matthias Missel, Dr. med. Max Reinshagen, Dr. med. Ulrich Rosien, Dr. med. Rüdiger Schering, Dr. med. Renate Schmelz, Prof. Dr. med. Frank Tacke
Zitierweise
Hagel S, Fischer A, Ehlermann P, Frank T, Tüffers K, Sturm A, Link A, Demir M, Siebenhaar A, Storr M, Glück T, Siegel E, Solbach P, Goeser F, Kölbel CB, Lohse A, Lübbert C, Kandzi U, Maier M, Schürle S, Lerch MM, Tacke D, Cornely OA, Stallmach A, Vehreschild MJGT, on behalf of the German Clinical Mircobiome Study Group [GCMSG): Fecal microbiota transplant in patients with recurrent Clostridium difficile infection—a retrospective multicenter observational study from the MicroTrans registry. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 583–9. DOI: 10.3238/arztebl.2016.0583
@The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt-international.de
Zusatzmaterial
eTabellen:
www.aerzteblatt.de/16m0583 oder über QR-Code
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