ArchivMedizin studieren2/2016Magische Lehre: Humor Hilft Heilen

Studium

Magische Lehre: Humor Hilft Heilen

Bujok, Jasmin

Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...
LNSLNS

Lachen ist die beste Medizin, meint Dr. med. Eckart von Hirschhausen. In einer Vorlesung lernten Studierende der Universität Frankfurt den Arzt und Komiker auch von seiner ernsten Seite kennen.

Foto: Det Kempke
Foto: Det Kempke

Am 1. Juni 2016 platzte der unter Human- und Zahnmedizinstudierenden gewöhnlich für Vorlesungen und Klausuren bekannte Hörsaal 23 schier aus allen Nähten: Im Rahmen der Ringvorlesung „ Was hilft heilen?“ des Instituts für Allgemeinmedizin an der Goethe-Universität- Frankfurt/Main schuf an diesem Abend der bekannte Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Dr. med. Eckart von Hirschhausen, durch einen Hörsaal voller roter Nasen, lautem Gelächter und strahlender, aber auch nachdenklicher Gesichter eine einmalige Atmosphäre.

Eine magische Abwechslung in unserer Lehre! Nicht nur aufgrund des Bekanntheitsgrades des Kabarettisten und Magiers hatte diese Vorlesung für Studierende einen ganz besonderen Reiz. Auch das Thema schien eine interessante Alternative zum sonstigen Vorlesungsalltag von Medizinstudierenden: „Wie die positive Psychologie das Gesundheitswesen verändert“, versprach der Arzt zu erläutern. Dabei definierte er Glück als „Erwartungsmanagement“. Es handele sich um den Umgang mit den Erwartungen an sich selbst und der Erfüllung dieser. Seien diese zu hoch und somit nicht erreichbar, rufe dies ein unbefriedigendes Gefühl hervor.

Aber so sieht der Alltag in vielen Kliniken aus! Zu viele Patienten, zu wenig Personal, zu wenig Zeit. Die Erwartungen, die wir als Medizinstudierende an uns selbst für den Umgang mit unseren zukünftigen Patienten haben, können wir nicht erfüllen. Das führt zu Desillusionierung und Frust.

Eckart von Hirschhausen thematisierte auch das Arbeitsklima und den Umgangston in der strikten Krankenhaushierarchie: Auf Station stießen langjährige Erfahrene auf kritisch hinterfragende idealistisch denkende Hochschulabsolventen. Da bestehe großes Konfliktpotenzial – gerade am Anfang seien die jungen Ärztinnen und Ärzte so eingeschüchtert, dass Widerworte oder gar Humor am Arbeitsplatz eine Rarität seien. Doch macht dies gute Ärzte aus uns? Können wir in einer derart angespannten Atmosphäre noch produktiv lernen und eine gute Arbeit leisten, die kranken Menschen tatsächlich hilft? Das ist schließlich die ursprüngliche Aufgabe des Mediziners: Menschen zu heilen. Eckart von Hirschhausen verwies auf die Berliner Charité, deren Name von dem lateinischen Wort Caritas abstammt und im übertragenen Sinne so viel wie Nächstenliebe bedeutet. Dies sei eigentlich das Wichtigste für einen respektvollen und verantwortungsvollen Umgang mit Patienten.

Weiterhin wandte sich der charismatische Arzt gegen die zunehmende Macht der Wirtschaft in den Krankenhäusern: So schließe das Handeln der Kliniken im Sinne von Wettbewerb und Eigeninteresse den ausreichenden Einsatz für die Patienteninteressen oft direkt aus. Und das, obwohl wir in einem vergleichsweise wohlhabenden Land leben.

Auch bezüglich des Humors in den Kliniken hat von Hirschhausen recht: In Deutschlands Krankenhäusern herrscht eigentlich definitiv genug Wohlstand und Luxus, um Humor zuzulassen und dessen positive Wirkungen zu integrieren. Ein persönlicherer Umgang mit Patienten und Kollegen, die Förderung von sozialen Beziehungen, Resilienz und Kohärenzsinn – dies alles sind erwiesenermaßen gesundheitsförderliche Elemente. „Die Wirtschaft hat zwar die Magie aus der Medizin vertrieben, aber nicht aus uns Menschen“, sagte der Arzt.

Während der Abschlussrunde der Vorlesung forderte der Magier das mit roten Clowns-Nasen bestückte Publikum auf, alle „hängen gebliebenen“ Aspekte des Abends zu wiederholen – eine sehr schöne Möglichkeit zur Reflexion. Auf diese Weise konnte jeder von uns Studierenden an seine ganz persönlichen magischen Momente im Umgang mit Menschen denken. Für unsere zukünftige Arbeit lässt sich das sicherlich positiv nutzen.

Meine 12 Wünsche

1. Erinnert Euch, wofür ihr mal gestartet seid! Am besten schreibt ihr einmal auf, was Euch wichtig ist, warum ihr Medizin studieren wollt und was ihr anders machen wollt.

2. Ihr seid das Medikament! Die Wirkung von jedem Schmerzmittel hängt zu 35% davon ab, mit welchen Worten, welcher Haltung und welcher Zuwendung ihr es verabreicht.

3. Lernt von den Besten. Wer sind Eure Vorbilder? Packt eine Schatzkiste von guten Beispielen und persönlichen Geschichten.

4. Pflegt Freundschaften! Macht einen roten Kringel im Adressbuch um die Menschen, mit denen ihr lachen, weinen und schweigen könnt. Das sind Eure größten Schätze.

5. Wenn ihr nicht mehr könnt, holt euch Hilfe. Leistungsdruck macht krank. Sucht, Suizid und Depression prallen nicht am weißen Kittel ab.

6. Ihr macht schon als Studenten einen Unterschied. Macht Fehler und redet darüber. Traut euch Dinge anzusprechen. Ihr seid wacher als viele, die betriebsblind oder zynisch geworden sind.

7. Begegnet und berührt Menschen so, wie es ihnen gut tut. Bevor ihr los redet, schaut Menschen einmal ins Gesicht. Und bevor ihr jemandem in die Armbeuge stecht, fühlt mal die Hand und den Puls.

8. Die Fächer, die einen im Studium lästig und überflüssig vorkommen, sind wichtig: Psychologie, Soziologie, Statistik, Public Health und vor allem Kommunikation.

9. Die Zukunft der Medizin ist weiblich, patienten- und prozessorientiert, präventiv, und kommunikativ.

10. Pflegt die Pflege! Lernt von fitten Stationsleitungen und gebt Anerkennung und Wertschätzung, wo ihr könnt.

11. Der Tod ist nicht euer Feind. Menschen sind sterblich, und das ist gut so. Lernt loszulassen und da zu sein, ohne etwas tun zu müssen.

12. Humor beginnt da, wo der Spaß aufhört. Humor ist nichts Oberflächliches, sondern das tiefe Verständnis davon, dass Dinge manchmal nicht zu ändern sind. Verschenkt, wo ihr könnt, ein Lächeln, und wo es passt eine Umarmung.

Aus dem Memo zur Vorlesung von Eckart v. Hirschhausen
am 1. Juni 2016 in Frankfurt/Main

Fachgebiet

Zum Artikel

Der klinische Schnappschuss

Alle Leserbriefe zum Thema

Stellenangebote