POLITIK
Hochschulmedizin: Den Mannschaftsgedanken stärken


Das diesjährige Innovationsforum der Hochschulmedizin beschäftigte sich mit „Interprofessionalität“. Der Bundesgesundheitsminister griff das Thema auf und forderte verstärktes Mannschaftsdenken, auch innerhalb der Selbstverwaltung.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) setzt auf Teamplay: „Wir müssen die vielen einzelnen Spitzenleistungen in der Medizin zu einer bestmöglichen Mannschaftsleistung machen“, sagte er zum Auftakt des Innovationsforums der Hochschulmedizin am 29. September in Berlin, das sich in diesem Jahr dem Thema „Interdisziplinarität und Interprofessionalität“ widmete. Dabei schloss er sich selbst nicht aus und suchte den Schulterschluss mit den Vertretern der medizinischen Fakultäten und der Universitätsklinken in Deutschland. „Ihre Themen stehen auf meiner politischen Agenda“, versicherte er und würdigte die bisherige Zusammenarbeit der Hochschulmedizin mit seinem Haus, die von „wechselseitiger Wertschätzung“ geprägt sei.
Gröhe: Seitenhieb auf die Selbstverwaltung
Ganz konkret stellte er in Aussicht, die Hochschulmedizin bei ihrer Forderung nach einer besseren Finanzierung der Hochschulambulanzen zu unterstützen. „Wir werden prüfen, ob gesetzgeberisch nachgesteuert werden muss“, sagte er. Es sei eine Herausforderung und Notwendigkeit zugleich, die Hochschulmedizin angemessen auszustatten.
Dabei mahnte Gröhe implizit mehr Teamplay auch in der Selbstverwaltung an: „Es ist richtig, dass die Selbstverwaltung Gestaltungsspielräume bei der Umsetzung von Gesetzen hat. Aber ich erwarte auch Einigungen und zeitnahe Handlungen“, betonte er. Bei einigen gesetzgeberischen Maßnahmen, die den Unikliniken zugute kommen sollten, seien die vom Gesetzgeber vorgegebenen Umsetzungsfristen jedoch bereits deutlich überschritten, kritisierte der Minister. „Dass viele Regelungen in einem Schiedsverfahren zu münden drohen, sind Ärgernisse, die wir teilen.“ So hätten längst die Vergütungsstruktur der Hochschulambulanzen und der Zugang neuer Patientengruppen geregelt sowie die besonderen Aufgaben von Zentren konkretisiert sein sollen. „Ich erwarte eine Regelung bis zum Ende des Jahres“, sagte Gröhe. Sein Ministerium werde den Prozess intensiv begleiten und darauf achten, dass dem unmissverständlichen Willen des Gesetzgebers Rechnung getragen werde.
Die von der Politik in Aussicht gestellte bessere Finanzierung der Hochschulambulanzen und der besonderen Aufgaben sei dringend erforderlich, bekräftigte erneut Prof. Dr. med. D. Michael Albrecht, Vorsitzender des Verbandes der Universitätsklinika Deutschlands (VUD). Er hofft noch in diesem Jahr auf eine „vernünftige Lösung“: „Ich glaube, wir sind bei den Hochschulambulanzen auf dem richtigen Weg“, sagte er.
Treten seit einigen Jahren als Team auf: VUD und MFT
Auch Prof. Dr. rer. nat. Heyo K. Kroemer, Präsident des Medizinischen Fakultätentages (MFT), zeigte sich auf dem Innovationsforum im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt zufrieden: „Dies sind positive Signale aus dem Ministerium. Die Hochschulmedizin ist dringend auf ausreichend finanzierte Unikliniken angewiesen, um die Freiräume für medizinische Forschung und Ausbildung auf internationalem Niveau zu halten“, sagte Kroemer. Noch nie seien Kliniken und Fakultäten so eng miteinander verknüpft gewesen. „Auch Interdisziplinarität und Interprofessionalität in der Ausbildung und im täglichen klinischen Alltag an den Unikliniken werden zunehmend an Bedeutung gewinnen“, ist er überzeugt.
Die Hochschulmedizin mit ihrer einzigartigen Verbindung von Forschung, Lehre und Krankenversorgung lobte auch Gröhe als „einen Treiber von Innovation“. Es freue ihn, dass viele Universitätskliniken unter den mehr als 200 Antragstellern zum Innovationsfonds seien oder mit diesen kooperieren würden. „Wir wollen auch dadurch den Mannschaftsgedanken stärken und das Zusammenspiel fördern.“
Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann
Strittig: Hochschulambulanzen
Für die Hochschulambulanzen hatte die Bundesregierung mit der Krankenhausreform zusätzliche 265 Millionen Euro im Jahr in Aussicht gestellt. Die Selbstverwaltung – bestehend aus Deutscher Krankenhausgesellschaft, dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung und Kassenärztlicher Bundesvereinigung – sollte dazu Vergütungs- und Dokumentationsgrundsätze festlegen und Patientengruppen definieren, die einen Anspruch auf Behandlung in einer Hochschulambulanz haben sollen.
Bislang kam es jedoch zu keiner Einigung. Die Krankenkassen wollen die Hochschulambulanzen dem Vergütungsmaßstab von Arztpraxen anpassen, die Hochschulmedizin lehnt dies jedoch ab. Ihr Argument: Im vertragsärztlichen Vergütungssystem seien Leistungen der hochspezialisierten universitären Medizin zum Teil gar nicht abgebildet. Im Juli schaltete sich der Bundesrat ein und forderte die Regierung auf, sich bis Anfang Oktober für finanzielle Verbesserungen der Unikliniken und Maximalversorger einzusetzen.