

Im fünfköpfigen Vorstand der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) ist nur eine Frau vertreten (Dr. phil. Andrea Benecke ist Beisitzerin), Landeskammerpräsidentinnen gibt es nur 33 Prozent, etwas besser sieht es bei den Bundesdelegierten aus: immerhin 42 Prozent Frauen nehmen in dieser Funktion an den Deutschen Psychotherapeutentagen (DPT) teil. Dabei ist die Psychotherapie ein von Frauen dominierter Beruf, denn 72 Prozent der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sind weiblich. Und auch ärztliche Psychotherapeutinnen und Psychiaterinnen sind mit 50,7 Prozent immerhin leicht in der Überzahl.
Die Frage nach den Gründen für dieses Missverhältnis treibt auch die Frauen um, die sich bereits in berufspolitischen Funktionen befinden: So stellte die Präsidentin der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer, Andrea Mrazek, beim vorletzten DPT den Antrag, ein Konzept zu entwickeln, das der „zunehmenden Kluft“ entgegenwirkt. Es geht um die Fragen, wie mehr Frauen motiviert werden können, sich zu engagieren und welche Strukturen ein potenzielles Engagement behindern. Der BPtK-Vorstand reagierte zügig: Die Kammer veranstaltete Ende September ein Symposium mit dem Titel „Frauen in die Berufspolitik“, bei dem weibliche Expertise auf das Podium eingeladen wurde. So wies die Parlamentarische Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) darauf hin, dass Frauen per se bereits über berufspolitische Schlüsselqualifikationen verfügen, nämlich Freude am kommunizieren, Spaß am Netzwerken und unbefangenes Zugehen auf andere. Besser werden könnten viele nach Ansicht der Bundesvorsitzenden der Frauen Union noch darin, meinungsstark aufzutreten, Konflikte auszuhalten und das Ganze spielerisch zu betrachten – wie es Männer eben tun. Die Soziologin Dr. phil. Elke Wiechmann brachte Erklärungsansätze für die geringe Frauenpräsenz in Gremien in Erinnerung: Die Sozialisationsthese besagt, dass Frauen weniger Interesse an Politik hätten und weniger Zeit, weil sie sich um die Kinder kümmern müssten. „Das ist die abkömmlichste These, denn Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist auch Männersache“, mahnte Wiechmann. Die Sozialstrukturthese erklärt, dass Frauen sich weniger spielerisch vernetzen, zum Beispiel beim Golfen oder beim Bier – und Posten deshalb an ihnen vorbeigehen. Die Diskriminierungsthese sieht die Schuld bei den Männern, die hohe Hürden für politisch motivierte Frauen aufbauen, um unter sich zu bleiben.
Abhilfe schaffen könnte eine Quotenregelung, darin war sich die Soziologin mit allen anderen Rednerinnen einig. Bestes Beispiel für den Erfolg der Frauenquote sind die Grünen, die diese Regel bereits 1987 eingeführt haben und als einzige Partei geschlechterausgeglichene Führungspositionen aufweisen können. Neben der Verankerung der Quote in der Satzung seien Gremien, wie bei den Grünen die Bundesfrauenkonferenz, der -rat und sogar ein eigenes -referat, extrem wichtig, um Frauenthemen zu diskutieren, zur Weiterbildung und zur Vernetzung, erklärte Gesine Agena, frauenpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen.
Ärztinnen können sich immerhin im Deutschen Ärztinnenbund vernetzen. Die Psychotherapeutinnen haben auf berufspolitischer Ebene weder Verbünde noch profitieren sie von einer Frauenquote. Das sollte frau baldmöglichst ändern.
Brudy, Gustav J.
Weber-Thammasut, Rainer