VARIA: Schlusspunkt
Börsebius zu Expertentips: Stochern im Heuhaufen


Aber taugen die Aktientips der Experten auch wirklich was? Es ist wohl wahr, daß sich Heerscharen von Analysten in der Kunst der Vorhersage versuchen, dies mit durchaus wechselndem Erfolg, wie etliche Betroffene zu vermelden wissen.
Der interessanten Fragestellung nach der Prognosegüte hat sich vor kurzem auch die Wissenschaft angenommen. Professor Hans-Peter Möller, Betriebswirtschaftler der RWTH Aachen, nahm mit seinem Team in einer Querschnittsuntersuchung 1 300 Gewinnprognosen verschiedener Analysten unter die Lupe. Die Meßgröße "Gewinn je Aktie" nahmen die Wissenschaftler aus dem schlichten Grund, weil eben auf eine Veränderung dieser Zahl der Aktienkurs mit einer hohen Korrelation reagiert. Normalerweise. Zentrales Ergebnis der Arbeit: Finanzanalysten sind bei ihren Gewinnprognosen in aller Regel viel zu optimistisch. Das typische Beispiel eines Aktienexperten für Volkswagen verdeutlicht sehr schön, wie schief teilweise geschätzt wurde.
Der Analyst meinte im Juli 1991, VW werde wohl 48 Mark je Aktie verdienen. Ein halbes Jahr korrigierte er die Prognose auf 29 Mark und hievte die Schätzung nach wiederum sechs Monaten auf 38 Mark. Mit der Realität hatte dies aber alles herzlich wenig zu tun, denn VW erwirtschaftete in der Tat nur vier Mark je Aktie.
Schlechterdings darf man nicht davon ausgehen, daß Aktienanalysten etwa dumm wären oder nichts vom Geschäft verständen. Aber es kann durchaus sein, daß bei unserem Universalbanksystem der Druck auf einen Börsenexperten, seine Studie schönzuschreiben, schon existent ist.
Und es gibt auch die persönliche Angst, ein Unternehmen nicht zu schlecht dastehen zu lassen. Der Vorstand könnte einen ja beim nächsten Unternehmensbesuch "hängen" lassen, also nicht mehr mit guten Informationen versorgen. Wie auch immer, der Anleger sollte wissen, daß im illustren Kreis der Analysten auch nur mit Wasser gekocht wird. Börsebius