THEMEN DER ZEIT
Genpanelanalysen: Spannungsfeld zwischen kommerziellem Interesse und Patientennutzen
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Genpanelanalysen gehören zu den potenziell disruptiven Innovationen im Gesundheitswesen: Welcher Preis – für welche Leistung – ist gerechtfertigt? Ein Diskussionsbeitrag.
Bei etwa einem Drittel aller Brustkrebspatientinnen ist eine familiäre Häufung von Mamma- und/oder Ovarialkarzinomfällen oder auch ein sehr junges Ersterkrankungsalter zu beobachten: Es besteht der Verdacht auf eine genetische Prädisposition (1). Sind die Einschlusskriterien für eine familiäre Risikosituation erfüllt (Kasten: Molekulargenetische Analyse: Kriterien), dann sollte gemeinsam mit der Ratsuchenden im Rahmen einer nichtdirektiven Beratung eine Genanalyse erörtert werden.
In 17 % der Brustkrebsfamilien werden ursächliche BRCA1- oder BRCA2-Keimbahnmutationen nachgewiesen. In Familien, in denen zusätzlich zumindest ein Ovarialkarzinom aufgetreten ist, liegt die Mutationsnachweisrate mit 42 % deutlich höher. Mutationen in BRCA1 und BRCA2 erklären also nur einen Teil aller familiären Fälle.
Start-up-Unternehmen drängen auf den Markt
Durch die Etablierung von neuen Sequenzierverfahren („next generation sequencing“, NGS) können heute neben BRCA1 und BRCA2 im Rahmen einer „Multigenanalyse“ oder „Paneldiagnostik“ weitere bekannte Risikogene für den erblichen Brust- und Eierstockkrebs untersucht werden (Tabelle). Diese sind zwar jeweils deutlich seltener mutiert als BRCA1 und BRCA2, aber immerhin zeigen in Deutschland 4–8 % der Risikofamilien ursächliche Veränderungen in einem der weiteren Risikogene. Die alleinige BRCA1/2-Testung ist also nicht mehr zeitgemäß.
An Anbietern für die Multigenanalyse mangelt es nicht und zahlreiche neue Privatlabore und Start-up- Unternehmen drängen auf den Markt. Die Gründe hierfür sind nachvollziehbar: Die NGS-Verfahren sind keine technischen Herausforderungen mehr und bei entsprechendem Durchsatz kostengünstiger als ältere Analyseverfahren (Sanger-Sequenzierung). Man erhofft sich gute Gewinne in einem boomenden Marktsegment.
Als Beispiel ist die Firma Myriad Genetics zu nennen, die 2012 in München eine Niederlassung eröffnet hat. In den USA war die Testung auf Keimbahnmutationen in BRCA1 und BRCA2 durch Patentschutz lange Zeit an dieses Unternehmen gebunden. Die Testung von 25 Risikogenen für den erblichen Brust- und Eierstockkrebs sowie andere Tumorerkrankungen werden zu einem Preis von etwa 3 700 USD angeboten. Heute ist Myriad Genetics börsennotiert, ihr Umsatz überstieg 720 Mio. USD allein im Geschäftsjahr 2015.
Inzwischen ist der Patentschutz aufgehoben und neue Anbieter etablieren sich: So machte unlängst das kalifornische Start-up-Unternehmen Color Genomics (gegründet von ehemaligen Google- und Twitter-Managern) mit einem extrem günstigen Gentest für den erblichen Brust- und Eierstockkrebs auf sich aufmerksam.
Für eine Multigenanalyse wird hier nur eine Vergütung von 249 USD fällig – und es werden sogar 30 Gene getestet. Gewinne werden sich bei dieser Preisgestaltung nicht erzielen lassen. Das Ziel besteht offenbar zunächst darin, Marktanteile zu erobern und sich gegen den übermächtigen ehemaligen Monopolisten Myriad Genetics durchzusetzen.
Bei diesen enormen Preisunterschieden stellen sich nicht nur Krankenkassen die Frage, welche Vergütung gerechtfertigt ist. Das hängt davon ab, was Ratsuchende für den jeweiligen Preis bekommen – oder vielmehr davon, was Sie nicht bekommen.
Viele der Risikogene sind weniger gut erforscht
In den meisten Fällen kann geklärt werden, ob eine Ratsuchende eine pathogene Mutation in den Risikogenen BRCA1/2 trägt oder lediglich harmlose Normvarianten. In nur etwa 5 % aller Fälle werden „variants of unknown significance“ (VUS) in BRCA1 oder BRCA2 identifiziert. Das sind genetische Veränderungen, die bezüglich ihrer Pathogenität noch nicht eingeordnet werden können und weiter erforscht werden müssen. Das ist das „worst case“-Szenario für Humangenetiker, da der Befund in diesen Fällen nicht eindeutig ist und es keine Goldstandardmethode gibt, diesen zu klären.
Bei der Multigenanalyse verschärft sich diese Situation. Viele der Risikogene (Tabelle) sind weniger gut erforscht als BRCA1/2 und VUS in diesen Genen zahlreicher – über 30 % der Ratsuchenden sind bei der Multigenanalyse von einem VUS-Genbefund betroffen. Das ist auch bei Myriad Genetics der Fall. In einem Punkt sind sich daher alle Anbieter von Multigenanalysen einig: Die Anzahl der VUS muss reduziert werden, und hierzu sind große Datensätze notwendig.
Ratsuchende werden durch Recall-System benachrichtigt
Problematisch ist allerdings nicht nur der hohe Anteil der Ratsuchenden mit einem unklaren Befund, sondern auch der Umgang hiermit. Ein molekulargenetischer Befund spiegelt lediglich die Datenlage zum Zeitpunkt der Befunderstellung wider. Verbessert sich die Datenlage durch neue Erkenntnisse aus der Forschung, dann sollten Ratsuchende darüber informiert werden. Das Deutsche Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs hat für diese Fälle ein „recall“-System in seiner Datenbank etabliert. Für die Variantenbewertung wurde innerhalb des Konsortiums eine Task-Force etabliert, die regelmäßig die aktuelle Datenlage prüft und gegebenenfalls VUS in begleitenden Forschungsprojekten klassifiziert.
Ändert sich die Datenlage zu einer VUS – sie wird nun als pathogen oder harmlos eingestuft – dann werden die 17 universitären Zentren des Konsortiums hierüber informiert und die betreffenden Ratsuchenden direkt benachrichtigt. Firmen und kleine Labore bieten diesen „recall“-Service meist nicht an; die Zusammenarbeit endet mit der Befunderstellung und dem Zahlungseingang.
Für die humangenetische Bewertung von Varianten sind alle Anbieter von Multigenanalysen auf wissenschaftliche Publikationen, öffentliche Datenbanken und natürlich eigene Untersuchungen angewiesen. Das Deutsche Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs arbeitet eng mit der internationalen ENIGMA-Studiengruppe zusammen, die die gemeinsamen Erkenntnisgewinne publiziert sowie in die öffentlichen Datenbanken „ClinVar“ und „ClinGen“ einspeist und damit auch für andere Labore zugänglich macht. Auch namhafte Firmen wie die US-amerikanischen Unternehmen Ambry Genetics und GeneDX speisen ihre Daten in diese öffentlichen Datenbanken ein – letztlich zum Wohl aller Ratsuchenden.
Manche Firmen haben sich jedoch dafür entschieden, ihre Erkenntnisse nicht zu teilen, um die eigene Marktposition zu stärken. Eine niedrigere VUS-Rate als bei der Konkurrenz ist schließlich werbewirksam, wenngleich sie wegen Intransparenz nicht überprüft werden kann. Im Handelsblatt äußerte sich unlängst der CEO einer Firma, die Analysesoftware für das NGS anbietet: „Wer die meisten Daten hat, gewinnt“. Die Konsequenz ist eine asymmetrische Informationsverteilung zulasten der Patientinnen.
In den USA haben Ratsuchende diese Problematik erkannt und sich erfolgreich dagegen positioniert, dass genetische Daten von Krebspatienten und Angehörigen als Wettbewerbsvorteil verwendet werden. Die „free-the-data“-Initiative ermöglichte es Patienten über das „ClinGen Patient Portal“ erstmals, die Ergebnisse ihrer genetischen Analyse eigenständig anonymisiert zu veröffentlichen, um allzu aggressive Geschäftsstrategien zu konterkarieren. Die gewonnenen Daten fließen ebenfalls in die „ClinVar“-Datenbank ein.
Ratsuchende erhalten nur einen Bruchteil der Sequenzdaten, denn üblicherweise werden nur Varianten befundet, die mit hoher Wahrscheinlichkeit krankheitsverursachend sind. Bestenfalls werden auch VUS aufgeführt. Im Rahmen der NGS-Analyse wird eine enorme Datenfülle generiert, die in einem schriftlichen, molekulargenetischen Befund nicht umfassend dargestellt werden kann. In den USA stellt sich in einem aktuellen Fall die Frage, ob Ratsuchende Zugriff auf sämtliche Daten bekommen dürfen, wenn sie das wünschen.
Manche Anbieter wollen die Datenhoheit behalten
Ken Deutsch, ein Krebspatient aus den USA, hat eine genetische Testung bei Myriad Genetics durchführen lassen und sämtliche Ergebnisse angefordert. Das Unternehmen lehnte ab, der Fall ging durch die Presse und eine Beschwerde bei der zuständigen Behörde ist anhängig. Auch wenn dieser Fall noch eine Ausnahme ist, wird deutlich, dass manche Anbieter von Multigenanalysen die Datenhoheit behalten wollen und dafür auch eine negative Publicity in Kauf nehmen. Technisch wäre es leicht machbar, eine entsprechende Datei (.vcf-Format) zur Verfügung zu stellen. Diese könnte zum Beispiel genutzt werden, um Zweitmeinungen einzuholen.
Die Genauswahl ist bei Anbietern von Multigenanalysen generell gut. Neben BRCA1 und BRCA2 werden die wichtigsten Risikogene (Tabelle) meist berücksichtigt. Einige Risikogene, darunter RAD51C, RAD51D und BRIP1 (2–9), sind vornehmlich mit einem erhöhten Ovarialkarzinomrisiko assoziiert, während beispielsweise Mutationen in ATM, CHEK2, NBN und PALB2 (10–12) insbesondere das Brustkrebsrisiko erhöhen. Das Lynch-Syndrom ist eine heterogene Tumordispositionserkrankung, verursacht durch Mutationen in den mismatch-repair-Genen MLH1, EPCAM/MSH2, MSH6 oder PMS2, die neben einem erhöhten Darmkrebsrisiko ebenfalls mit einem erhöhten Ovarialkarzinom- und insbesondere einem erhöhten Endometriumskarzinom-Risiko assoziiert sind (13).
Für weitere Risikogene wie XRCC2, BARD1, MRE11A, FANCM, und RAD50 (4, 24–28) steht die klinische Validierung noch weitgehend aus. Die altersabhängigen Erkrankungsrisiken müssen in qualitativ hochwertigen prospektiven Kohortenstudien ermittelt werden, welche eine wesentliche Aufgabe des Konsortiums darstellen.
Das Deutsche Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs hat das TruRisk®-Genepanel etabliert, das nicht nur alle bekannten Risikogene umfasst, sondern auch solche, die lediglich im Verdacht stehen, Brust- und/oder Eierstockkrebs zu verursachen. Diese sind in der Regel selten mutiert und es müssen noch Daten gesammelt werden, um die assoziierten Erkrankungsrisiken zu berechnen.
Analyse größerer Kohorten ist notwendig
Hierzu ein aktuelles Beispiel: PALB2 ist eventuell ein Hochrisikogen für Brustkrebs (Tabelle). Trägerinnen einer pathogenen PALB2-Mutation scheinen ein rund 45%iges Risiko zu haben, in Ihrem Leben an Brustkrebs zu erkranken (14). Diese Berechnung beruht jedoch auf der Untersuchung von lediglich 154 Familien.
Bei einer PALB2-Mutationsnachweisrate von etwa 1 % mussten jedoch zuvor über 15 000 Indexpatientinnen getestet werden, um diese 154 Familien zu identifizieren. Eine Untersuchung an einem größeren Kollektiv von 573 Familien, zu dem das Konsortium mit die meisten Familien begesteuert hat, ist derzeit in Bearbeitung. Für seltener mutierte Gene ist die Analyse noch größerer Kohorten notwendig.
Diese Analysezahlen können nur von Forschungsverbänden in einem angemessenen Zeitraum realisiert werden. Das Deutsche Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs arbeitet hierzu mit internationalen Studiengruppen zusammen (ENIGMA, BRIDGES, PERSPECTIVE), um gemeinsam diese Analysezahlen zu erreichen. Ergeben sich für Ratsuchende relevante neue Erkenntnisse, dann werden die betreffenden Ratsuchenden über das „recall“-System in einem persönlichen Gespräch darüber informiert.
Nicht jedes NGS-Verfahren erkennt alle Mutationen
Die Qualität der Testung ist durch wenige Rückfragen beim jeweiligen Anbieter leicht auszumachen.
- Ein wichtiger Punkt ist der Nachweis von größeren Deletionen und Duplikationen, sogenannten CNVs („copy number variations“). Diese Mutationsart ist häufig und liegt bei etwa 8 % aller BRCA1/2-Mutationsträgerinnen vor. Je nach verwendetem NGS-Verfahren werden diese Mutationen allerdings nicht erkannt; zusätzliche Analysen sind notwendig, wie zum Beispiel die MLPA oder aCGH. Fehlt bei der Analyse der CNV-Nachweis, dann ist der Gentest unvollständig und nicht empfehlenswert.
- Kein Verfahren ist fehlerfrei. Deshalb sollte jedes relevante Testergebnis durch eine zweite Methode verifiziert werden. Wird beispielsweise per NGS eine möglicherweise pathogene Mutation gefunden, dann sollte diese Mutation mittels Sanger-Sequenzierung gezielt bestätigt werden. Ohne diese Bestätigung läuft man Gefahr, einen falsch-positiven Befund zu erhalten.
- Der anspruchsvollste Arbeitsschritt bei einer Multigenanalyse ist die Klassifizierung der gefundenen Varianten. Erfolgt diese ausschließlich auf der Grundlage von sogenannten Prädiktionsprogrammen (wie Polyphen-2, MutationTaster, SIFT oder AGVGD), dann ist Vorsicht geboten. Diese Programme wurden für die Forschung entwickelt und sind für die Diagnostik zu ungenau. In diesem Fall sollte eine Zweitmeinung eingeholt werden.
- Kritisch ist auch der Umgang mit VUS. Wird kein „recall“-System angeboten, dann sollten Ratsuchende darauf bestehen, über die bei ihnen gefundenen VUS umfassend informiert zu werden.
- Relevant ist natürlich auch die Analysezeit, also der Zeitraum zwischen Blutentnahme und Befunderstellung – hier punkten meist kommerzielle Anbieter. Generell ist eine Analysezeit von weniger als 2 Wochen unrealistisch, 4–6 Wochen sind gut realisierbar. Es empfiehlt sich, eine Frist zu vereinbaren. Die gilt insbesondere dann, wenn eine Therapieentscheidung oder eine Operation ansteht. Das Deutsche Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs konnte die Analysezeiten im letzten Jahr bedingt durch den technischen Fortschritt deutlich senken und bietet bei Bedarf eine „fast-track“-Analyse an.
Ratsuchende können das Risiko als Chance nutzen
Die lebenslangen Erkrankungsrisiken für Brust- und Eierstockkrebs sind für Trägerinnen pathogener BRCA1- oder BRCA2-Mutationen im Vergleich zur weiblichen Allgemeinbevölkerung erhöht und liegen bis zum 70. Lebensjahr für BRCA1 bei 60–69 % (Brustkrebs) respektive 35–59 % (Eierstockkrebs). Für BRCA2-Mutationsträgerinnen liegen die entsprechenden Erkrankungsrisiken bei 50–74 % respektive 11–17 % (15–17).
Die altersabhängigen Erkrankungsrisiken für Frauen mit Mutationen in den übrigen Risikogenen sind genspezifisch und jeweils niedriger (Tabelle). Wird eine BRCA1/2-Mutation bei der Ratsuchenden nachgewiesen, dann sollte im Rahmen einer nichtdirektiven Beratung die Teilnahme an einem intensivierten Früherkennungsprogramm an einem der 17 spezialisierten Zentren für Familiären Brust- und Eierstockkrebs empfohlen werden (Kasten: Intensiviertes Früherkennungsprogramm). Für Ratsuchende mit einem statistisch erhöhten Risiko oder einer Mutation in einem moderat-penetranten Risikogen wird das optimale Präventionsprogramm im Deutschen Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs noch evaluiert.
BRCA1/2-Mutationsträgerinnen stehen zusätzlich risikoreduzierende Operationsverfahren wie die prophylaktische beidseitige Mastektomie (PBM), die prophylaktische beidseitige Salpingo-Oophorektomie (PBSO) beziehungsweise die prophylaktische kontralaterale Mastektomie für unilateral bereits erkrankte Frauen zur Verfügung. Der Nutzen einer prophylaktischen Operation bei bereits erkrankten Mutationsträgerinnen ist bisher nicht ausreichend belegt, ebenso nicht für Trägerinnen von Mutationen in anderen Risikogenen.
Eine prophylaktische Operation muss auf einer individuellen Risikoeinschätzung basieren. Hierbei ist es wichtig, den Ratsuchenden absolute Erkrankungsrisiken für einen überschaubaren Zeitraum (die nächsten 5–10 Jahre) zu kommunizieren. Gemeinsam mit der Ratsuchenden erfolgt eine individuelle Bewertung, die schließlich zu einer für die Betroffene langfristig tragbaren Entscheidung führen soll. Der Mutationsstatus gewinnt heute für die Therapiewahl zunehmend an Bedeutung.
Nahezu alle bekannten Risikogene für den erblichen Brust- und Eierstockkrebs sind DNA-Reparaturgene, und ihre Inaktivierung im Tumor bedingt eine erhöhte Sensitivität gegenüber DNA-schädigenden Substanzen (18–20).
Darauf basierend konnten neue zielgerichtete Therapiestrategien konzipiert und in Studien bestätigt werden, e.g. PARP-Inhibitoren. Durch Tumoranalysen konnten ferner Mutationen nachgewiesen werden, die rein somatischer Natur sind. Der Effekt zielgerichteter Therapien bei solchen somatischen Mutationen, die naturgemäß heterogen im Tumor auftreten, bedarf weiterer Untersuchungen.
Fazit
- Diese Datenlage unterstreicht den zentralen Stellenwert der Genanalytik sowohl für die Prävention als auch für die Therapiewahl.
- Eine Multigenanalyse muss in ein Dokumentations- und Evaluationskonzept eingebettet sein, um einen verantwortlichen und evidenzbasierten Umgang mit genetischer Risikoprädiktion zu gewährleisten.
- So wird der Patientennutzen vor den kommerziellen Nutzen gestellt.
Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Eric Hahnen MBA,
Priv.-Doz. Dr. med. Kerstin Rhiem,
Prof. Dr. med. Rita Schmutzler
@Literatur im Internet:
www.aerzteblatt.de/lit4516
oder über QR-Code.
Molekulargenetische Analyse: Kriterien
Kriterien zur Durchführung einer molekulargenetischen Analyse der Brustkrebsgene BRCA1 und BRCA2 bei einer Indexperson
Die Erweiterung der Einschlusskriterien für die genetische Testung auf Fälle mit singulärem Ovarial- oder triple-negativem Mammakarzinom wird aktuell im Konsortium zusammen mit den kooperierenden Brust- und gynäkologischen Krebszentren umgesetzt.
- Mindestens 3 Frauen aus der gleichen Linie einer Familie sind an Brustkrebs erkrankt
(unabhängig vom Alter bei Erstdiagnose). - Mindestens 2 Frauen aus der gleichen Linie einer Familie sind an Eierstockkrebs erkrankt.
- Mindestens eine Frau ist vor dem 36. Lebensjahr an Brustkrebs erkrankt.
- Mindestens 1 Frau ist an Brustkrebs und mindestens 1 Frau an Eierstockkrebs erkrankt oder 1 Frau an Brust- und Eierstockkrebs.
- Mindestens 2 Frauen aus der gleichen Linie einer Familie sind an Brustkrebs erkrankt, davon 1 vor dem 51. Lebensjahr.
- Mindestens 1 Frau ist an bilateralem Brustkrebs erkrankt, wobei der erste Brustkrebs vor dem 51. Lebensjahr aufgetreten ist.
- Mindestens 1 Mann ist an Brustkrebs und mindestens 1 Frau an Brust- oder Eierstockkrebs erkrankt.
Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms, 2012
Intensiviertes Früherkennungsprogramm
Die Früherkennungs-/Nachsorgemaßnahmen des Deutschen Konsortiums Familiärer Brust- und Eierstockkrebs umfassen bei BRCA1/2- Mutationsträgerinnen:
- Tastuntersuchung der Brust durch den Arzt (alle 6 Monate; ab dem 25. Lebensjahr oder 5 Jahre vor dem frühesten Erkrankungsalter in der Familie)
- MRT der Brust (alle 12 Monate; ab dem 25. Lebensjahr oder 5 Jahre vor dem frühesten Erkrankungsalter in der Familie, in der Regel nur bis zum 55. Lebensjahr oder bis zur Involution des Drüsenparenchyms (ACR I-II), zyklusabhängig bei prämenopausalen Frauen.
- Sonographie der Brust (alle 6 Monate; ab dem 25. Lebensjahr oder 5 Jahre vor dem frühesten Erkrankungsalter in der Familie)
- Mammographie der Brust (individuell; ab dem 40. Lebensjahr)
Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms, 2012
Genpanelanalysen gehören zu den disruptiven Innovationen im Gesundheitswesen:
Welcher Preis – für welche Leistung – ist gerechtfertigt? Ein Diskussionsbeitrag.
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1. | Kast K, Rhiem K, Wappenschmidt B, Hahnen E, Hauke J, Bluemcke B, Zarghooni V, Herold N, Ditsch N, Kiechle M, Braun M, Fischer C, Dikow N, Schott S, Rahner N, Niederacher D, Fehm T, Gehrig A, Mueller-Reible C, Arnold N, Maass N, Borck G, de Gregorio N, Scholz C, Auber B, Varon-Manteeva R, Speiser D, Horvath J, Lichey N, Wimberger P, Stark S, Faust U, Weber BH, Emons G, Zachariae S, Meindl A, Schmutzler RK, Engel C: Prevalence of BRCA1/2 germline mutations in 21 401 families with breast and ovarian cancer. J Med Genet 2016; 53 (7): 465–71. doi: 10.1136/jmedgenet-2015–103672. CrossRef |
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