MEDIZIN: Übersichtsarbeit
Zerebrale Amyloidangiopathie in der Schlaganfallmedizin
Cerebral amyloid angiopathy in stroke medicine
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Hintergrund: Die zerebrale Amyloidangiopathie (ZAA) ist eine degenerative Vaskulopathie, die klinisch klassischerweise mit lobären intrazerebralen oder sulcalen Blutungen einhergeht. Die Prävalenz beträgt 30 % bei 60- bis 69-Jährigen und 50 % bei 70- bis 89-Jährigen. Die vorliegende Arbeit fasst ZAA-bedingte Risiken bei der Therapie und Prävention des Schlaganfalls zusammen.
Methode: Eine selektive Literaturrecherche mit den Suchbegriffen „amyloid cerebral angiopathy“, „stroke“, „intracerebral bleeding“ und „acute stroke therapy“ wurde durchgeführt.
Ergebnisse: Patienten mit Mikroblutungen haben tendenziell ein erhöhtes Risiko unter der systemischen Lysetherapie einzubluten. In einer Metaanalyse wiesen 70 % der unter Thrombolyse einblutenden Betroffenen eine ZAA auf, in einer Kontrollpopulation hingegen 22 %. Patienten mit Hirnblutungen weisen häufiger Mikroblutungen auf als Personen mit transitorischer ischämischer
Attacke (TIA) oder Infarkten. Dies konnte unter Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten (Odds Ratio: 2,7) und Thrombozytenaggregationshemmern (Odds Ratio: 1,7) beobachtet werden. Zudem ist unter oraler Antikoagulation das Apolipoprotein(APO)-E-2-Allel mit einem vermehrten Auftreten von intrazerebralen Blutungen (ICB) assoziiert. Die konsequente Therapie der arteriellen Hypertonie kann das Risiko der ICB bei Patienten mit wahrscheinlicher ZAA um 77 % senken. Der Einsatz von Statinen erhöht hingegen nach einer lobären ICB das Risiko für eine klinisch manifeste Re-Blutung von 14 % auf 22 %.
Schlussfolgerung: Neben der konsequenten Behandlung der arteriellen Hypertonie sollte bei Patienten mit ZAA die Therapie mit oralen Antikoagulanzien oder Thrombozytenaggregationshemmern und bei Patienten mit lobärer ICB eine Statintherapie sorgfältig abgewogen werden.


Die zerebrale Amyloidangiopathie (ZAA) ist histopathologisch durch Amyloidfibrillen in den kleinen bis mittelgroßen, meist arteriellen Gefäßen des Gehirns charakterisiert. Diese Amyloidfibrillen lösen degenerative Veränderungen aus, wodurch die Gefäßarchitektur zerstört wird. Als Folge bilden sich Mikroaneurysmen, fibrinoide Nekrosen, Gefäßverschlüsse und konzentrische Aufsplitterungen. Das Apolipoprotein(APO)-E-4-Allel ist ein Risikofaktor für die ZAA (1). Patienten, die für APO-E-4 heterozygot sind, haben ein erhöhtes Risiko für ZAA und eine stärkere Ausprägung der ZAA als Menschen ohne APO-E-4-Allel. Noch höher als bei Heterozygoten sind die Wahrscheinlichkeit des Auftretens und die Ausprägung der ZAA bei Homozygoten für APO-E-4. Es gibt eine positive Korrelation zwischen dem Vorhandensein des APO-E-2-Allels und dem Auftreten von Blutungen bei der ZAA (2).
Die ZAA tritt in der Regel als sporadische Form bei älteren Menschen auf, wohingegen die familiären Formen sehr selten sind (3). Die Prävalenz der ZAA nimmt mit steigendem Alter zu. Bei Patienten unter 55 Jahren ist sie gering. Aus Autopsiestudien lässt sich eine Prävalenz von circa 30 % bei 60- bis 69-Jährigen und von über 50 % in der Altersspanne von 70 bis 89 Jahren ablesen (4). Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist mit einer weiteren Zunahme der Prävalenz der ZAA zu rechnen (5). Typischerweise manifestiert sich die ZAA meist durch intrazerebrale, lobäre Blutungen. Andere mögliche klinische Korrelate sind subarachnoidale oder intraventrikuläre Blutungen. Die ZAA kommt bei circa 10 % aller primären intrazerebralen Blutungen (ICB) als Ursache infrage (6). Die Wahrscheinlichkeit steigt bei Nachweis einer atypischen und somit meist lobären Blutung auf 30–70 % (5).
Nur durch Biopsie oder Autopsie mit Nachweis von Amyloidablagerungen in den zerebralen Gefäßen ist die sichere Diagnose der ZAA zu stellen. Wenn bei älteren Menschen spontane lobäre oder nichttraumatische sulcale Blutungen auftreten, muss ZAA als Differenzialdiagnose berücksichtigt werden (Abbildungen 1 und 2). Im klinischen Alltag kann eine wahrscheinliche ZAA entsprechend der modifizierten Boston-Kriterien mittels Klinik und Bildgebung diagnostiziert werden (Kasten) (7). Die seitdem verfeinerte Magnetresonanztomographie(MRT)-Technik hat die Möglichkeit, Blutungsresiduen zu detektieren, weiter verbessert (6). Wenn lobäre Makro- sowie Mikroblutungen nachgewiesen und andere Ursachen ausgeschlossen wurden, ist die Diagnose auch ohne histopathologische Sicherung als wahrscheinlich zu klassifizieren (Kasten) (7). Mikroblutungen sind eine perivaskuläre Akkumulation von Hämosiderin-beladenen Makrophagen, die sich als Folge eines Austritts von Erythrozyten aus kleinen Gefäßen entwickelt haben (8). In der MRT zeigen sich die Mikroblutungen als kleine runde Foci mit einem Durchmesser von 2–5 mm und als Hypointensität in der Gradientenecho-Sequenz, die sogenannte T2*-Wichtung (8) (Abbildung 3).
Die systematische Behandlung der arteriellen Hypertonie als wichtigstem Risikofaktor der ICB hat dazu geführt, dass die Inzidenz der ICB bei Patienten unter 75 Jahren in den letzten Jahren gesunken ist (9). Dem gegenüber nahm die Inzidenz der ICB bei den über 75-Jährigen mit lobärer Blutung zu. Vieles spricht dafür, dass die altersabhängige Inzidenz der ZAA hier eine wesentliche Rolle spielt. Im Folgenden sollen die Besonderheiten der ZAA in Bezug auf die gängigen Therapieoptionen bei der Behandlung des akuten Schlaganfalls und dessen Sekundärprävention erläutert werden.
Hierzu wurde eine selektive Literaturrecherche in den Datenbanken PubMed und Medline mit den Suchbegriffen „amyloid cerebral angiopathy“, „stroke“, „intracerebral bleeding“ und „acute stroke therapy“ durchgeführt, wobei Publikationen von 1990–2015 berücksichtigt wurden.
Thrombolyse
Die intravenöse Thrombolysetherapie gilt als wesentlicher Fortschritt in der Behandlung des akuten ischämischen Schlaganfalls, weshalb sie seit der Zulassung in den 1990er Jahren eine breite Anwendung gefunden hat. Eine intrakranielle Blutung ist sicherlich die schlimmste Komplikation der Thrombolysetherapie. Symptomatische ICB treten in 2,4–10 % der Fälle innerhalb von 24–36 Stunden nach der Thrombolyse auf und können je nach Ausmaß behindernd bis tödlich sein (10).
Im Folgenden werden die wesentlichen Risikofaktoren für eine ICB nach Thrombolyse genannt:
- hohes Alter
- hoher Blutdruck
- Hyperglykämie
- hoher Schweregrad des Schlaganfalls
- Frühzeichen des Infarktes in der cranialen Computertomographie (CCT)
- das Intervall zwischen Beginn der Symptome und Lysetherapie
- ausgeprägte Schäden der weißen Substanz, die sogenannte vaskuläre Leukenzephalopathie beziehungsweise Leukariosis (11).
Bis auf den letzten Aspekt sind alle genannten Faktoren mit einem erhöhten Risiko für eine Einblutung in das primär ischämische Areal assoziiert. Aus der NINDS-Studie ist jedoch bekannt, dass bei 20 % der Patienten, die eine thrombolysebedingte ICB erleiden, diese außerhalb des Gebietes der primären Ischämie auftritt (12). Außerdem konnten Studien zur Thrombolyse beim Herzinfarkt nachweisen, dass bei zerebralen Blutungskomplikationen in 15–38 % der Fälle multifokale Blutungen entstanden (13, e1, e2). Neben der Leukariosis sind zerebrale Mikroblutungen eine plausible Erklärung für die entfernt gelegenen oder multilokulären Blutungen. Aus einer retrospektiven Analyse von 570 Patienten, die wegen eines ischämischen Insults eine Lysetherapie erhielten, wiesen diejenigen mit Mikroblutungen in der MRT ein doppelt so hohes, allerdings nicht signifikant unterschiedliches Risiko für symptomatische ICB (5,8 %) im Vergleich zu denen ohne Mikroblutungen auf (2,7 %) (14). Eine Metaanalyse, die diese und weitere Studien einschloss, bestätigte den Trend (15). Darüber hinaus konnte die Metaanalyse einen signifikanten Zusammenhang zwischen steigender Zahl an Mikroblutungen und dem erhöhten Risiko für eine ICB nach Lyse nachweisen. Die Assoziation war besonders ausgeprägt bei den Patienten, die mehr als zehn Mikroblutungen aufwiesen. In einer prospektiven Untersuchung von über 700 Patienten konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen Mikroblutungen und dem Auftreten von symptomatischen ICB nach Thrombolyse festgestellt werden (e3). In mehreren Studien konnten die multilokulären Blutungen beziehungsweise Blutungen außerhalb des primär ischämischen Gebietes auf eine ZAA zurückgeführt werden (16, e4–e6).
Daten aus prospektiven Analysen zur Population mit ZAA liegen nicht vor. Die Studien über den Zusammenhang zwischen Mikroblutungen und ICB nach Lyse berücksichtigten das Verteilungsmuster der Mikroblutungen nicht, so dass zwischen hypertensiver oder ZAA-Blutung nicht unterschieden wurde. Eine Metaanalyse von pathologisch-anatomischen Untersuchungen bei thrombolysebedingten Blutungen hat bei 70 % eine ZAA nachgewiesen. Demgegenüber steht eine Prävalenz der ZAA von 22 % in einer unselektierten Population mit identischem Altersbereich (17). In einem transgenen Mausmodell der ZAA wurde im Vergleich zum Wildtyp ein erhöhtes Risiko für eine ICB nach Thrombolyse beobachtet (18).
Bei Verschlüssen größerer Gefäße wie zum Beispiel der proximalen Arteria cerebri media hat sich die mechanische Thrombektomie in Kombination mit einer systemischen Lysebehandlung der alleinigen Lysetherapie als überlegen erwiesen. In einer Metaanalyse von vier positiven Studien zur Thrombektomie war die Rate der symptomatischen ICB in der Interventionsgruppe identisch zur Kontrollgruppe (19, e7). Auch wenn für das Patientenklientel mit ZAA keine dezidierte Auswertung vorliegt, legen die Ergebnisse eine hohe Sicherheit hinsichtlich des Risikos einer ICB nahe. Somit kann diese Methode bei Verschlüssen von großen Gefäßen bei Patienten mit ZAA durchaus zur Anwendung kommen, auch wenn nur ein geringer Teil aller Schlaganfallpatienten (4–10 %) für diese Therapieform überhaupt infrage kommt (e8).
Werden alle Studien zu diesem Thema zusammengefasst, reicht die Evidenz derzeit nicht aus, eine Lysetherapie einem Patienten mit bekannter ZAA und einem akuten ischämischen Schlaganfall unter Berücksichtigung der allgemeinen Kontraindikationen vorzuenthalten.
Antikoagulation
Als Nebenwirkung der oralen Antikoagulation ist die ICB die am meisten gefürchtete Komplikation, da sie die höchste Morbidität und Mortalität mit sich bringt. Da sowohl die ZAA als auch das Vorhofflimmern altersassoziierte Erkrankungen sind, muss von einer Schnittmenge dieser beiden Erkrankungen ausgegangen werden. In den Studien zur oralen Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten bei Vorhofflimmern liegen die Raten für ICB im Bereich von 0,1–2,5 % pro Jahr (20). In einer krankenhausbasierten Studie in Cincinnati wurde eine Zunahme der antikoagulationsassoziierten Blutungen von 5 % im Jahr 1988 auf 17 % im Jahr 1999 nachgewiesen (21). In der Gruppe der über 80-Jährigen erhöhte sich im gleichen Zeitraum die Rate der ICB um über 140 % (21). Ein Anhalt für einen Zusammenhang zwischen der antikoagulationsassoziierten ICB und der ZAA ergibt sich aus der Beobachtung, dass eine ZAA bei sieben von elf Fällen mit lobärer Blutung unter Vitamin-K-Antagonisten in einer großen Autopsiestudie nachgewiesen wurde (22). Bei nichtlobärer Blutung konnte in keinem Fall eine ZAA nachgewiesen werden (22). Zudem ist das APO-E-2-Allel, ein genetischer Risikofaktor für eine ICB bei ZAA, signifikant häufiger bei Patienten, die unter der Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten eine ICB entwickeln, zu finden als bei denjenigen, die mit Vitamin-K-Antagonisten behandelt werden, aber keine ICB erleiden (22, e9). Eine weitere pathologische Untersuchung konnte ebenfalls einen Zusammenhang zwischen dem APO-E-2-Allel und einer oralen Antikoagulation auf der einen Seite sowie erhöhtem Risiko für eine ICB auf der anderen Seite nachweisen (e10). Demnach wiesen 56 % der Patienten mit APO-E-2-Allel, aber nur 20 % der Betroffenen ohne APO-E-2-Allel eine ICB auf. Eine Metaanalyse zeigte, dass Mikroblutungen bei Patienten mit Hirnblutungen signifikant häufiger auftreten als bei Patienten mit transitorischer ischämischer
Attacke (TIA) oder Infarkten (23). Dieser Zusammenhang war bei Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten (Odds Ratio: 2,7) stärker ausgeprägt als bei Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern (Odds Ratio: 1,7) (23). Diese Beobachtungen lassen schlussfolgern, dass Mikroblutungen das Risiko für Vitamin-K-Antagonisten-assoziierte ICB erhöhen.
Die neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) bringen im Vergleich zu Vitamin-K-Antagonisten ein geringeres Risiko für eine ICB mit sich (24). In einer prospektiven Studie wurde belegt, dass die NOAK – im Gegensatz zu Vitamin-K-Antagonisten – die Anzahl der Mikroblutungen nicht erhöhen (e11). Inwieweit NOAK bei Patienten mit ZAA im langfristigen Verlauf geringere Raten von ICB bedingen, ist bisher unklar.
Für Patienten mit Vorhofflimmern und Kontraindikationen gegen eine langfristige orale Antikoagulation ist der interventionelle Vorhofohrverschluss eine mögliche therapeutische Alternative. Aus einer Metaanalyse hierzu lässt sich ablesen, dass der Vorhofohrverschluss im Vergleich zur oralen Antikoagulation mit einem Vitamin-K-Antagonisten hinsichtlich der Reduktion sämtlicher Schlaganfälle und systemischer Embolien zumindest im Verlauf als gleichwertig anzusehen ist (25). Die Rate von Hirnblutungen ist bei Vorhofohrverschluss signifikant geringer. Inwieweit sich diese Einschätzung auf Patienten mit ZAA übertragen lässt, ist aktuell jedoch unklar. Zu bedenken bleibt, dass die Patienten nach der Intervention für einen Zeitraum von 45 Tagen mit einem Vitamin-K-Antagonisten sowie Acetylsalicylsäure (ASS) behandelt werden müssen und ein nicht unerhebliches periprozedurales Risiko (Schlaganfall, Nachblutung, Herzrhythmusstörung) besteht.
Thrombozytenaggregationshemmer
Seit über 30 Jahren wird ASS als Thrombozytenfunktionshemmer in der Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen mit Erfolg eingesetzt. Neben gastrointestinalen Blutungen, die als wesentliche Nebenwirkungen gelten, kann auch eine ICB auftreten. Eine Metaanalyse von Studien zur Primärprävention zeigte nur ein leicht erhöhtes Risiko für ICB mit einer Odds Ratio von 1,4 (26). In einer Metaanalyse, die sowohl Untersuchungen zur Primärprävention als auch zur Sekundärprävention einschloss, war die Odds Ratio für ICB mit 1,84 höher, ohne jedoch eine statistische Signifikanz zu erreichen (e12). Blutungen unter ASS entstehen bevorzugt in lobären Lokalisationen (e13). Auch Mikroblutungen sind bei Patienten unter der Behandlung mit Thrombozytenfunktionshemmern häufiger zu finden als bei Betroffenen, die keine Thrombozytenfunktionshemmer einnehmen (27). Bei einer Therapie mit ASS sind Mikroblutungen häufiger mit einem lobären Verteilungsmuster zu beobachten als unter anderen Thrombozytenfunktionshemmern (27). Mikroblutungen sind unter der Behandlung mit Thrombozytenfunktionshemmern häufiger mit ICB assoziiert als mit zerebralen Ischämien (23).
Der Thrombozytenfunktionshemmer Clopidogrel besitzt einen anderen Wirkmechanismus und hemmt die Thrombozytenfunktion über einen längeren Zeitraum als ASS. In einer retrospektiven Analyse waren die Prävalenzen der Clopodigrel- beziehungsweise ASS-assoziierten ICB vergleichbar (28). Daten aus der Rotterdam-Studie zeigen, dass Clopidogrel zu einer höheren Rate von Mikroblutungen führt (29). Unter Berücksichtigung von kardiovaskulären Risikofaktoren und kardiovaskulärer Medikation lässt sich eine signifikante Assoziation zur Lokalisation der Mikroblutungen im tiefen Marklager und infratentoriell, aber nicht zur lobären Lokalisation nachweisen. Die Kombination von Clopidogrel mit ASS erhöhte – im Vergleich zur Monotherapie mit ASS – die Rate von fatalen Blutungen (Odds Ratio: 1,35) (30, e14). In einer ersten prospektiven Studie zum Blutungsrisiko bei endovaskulären Interventionen konnte bei Patienten mit Mikroblutungen im Vergleich zu Betroffenen ohne Mikroblutungen kein erhöhtes Risiko für eine ICB beobachtet werden (31). Einschränkend ist anzumerken, dass die Patienten im Durchschnitt 2,3 Mikroblutungen aufwiesen und nur vier Patienten mit mehr als fünf Mikroblutungen eingeschlossen waren.
Antihypertensive Therapie
Der arterielle Hypertonus ist ein wesentlicher Risikofaktor sowohl für den ischämischen als auch den hämorrhagischen Schlaganfall. Die konsequente Behandlung der arteriellen Hypertonie senkt die Rate von ICB in der Primärprävention (32) und in der Sekundärprävention (33). In einer Subgruppenanalyse der Progress-Studie konnte für die Patienten mit einer wahrscheinlichen ZAA gezeigt werden, dass die aktive Behandlung im Vergleich zu Placebo das Risiko für weitere Blutungen um 77 % reduziert (34). Ein ähnliches Ergebnis wies die Arbeitsgruppe von Biffi et al. im Jahr 2015 nach (35), so dass auf eine konsequente Blutdruckeinstellung nach stattgehabter intrakranieller Blutung auch bei der ZAA geachtet werden sollte. Als Zielgrenzen der Behandlung der arteriellen Hypertonie sollte ein systolischer Blutdruck von unter 140 mm Hg und ein diastolischer Blutdruck von unter 90 mm Hg angestrebt werden (35).
Statine
Für den Bereich der Sekundärprävention existieren gute und belastbare Daten, die beweisen, dass die Statintherapie bei Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren die Rate von kardiovaskulären Ereignissen senkt (36). Es wurde aber auch eine inverse Korrelation zwischen Serumcholesterinspiegel und der Inzidenz einer ICB nachgewiesen (37). In der SPARCL-Studie, die den positiven Effekt von Statinen für Patienten mit einem vorherigen Schlaganfall oder TIA belegen konnte, wurde zudem eine erhöhte Inzidenz von ICB in der mit Statinen behandelten Gruppe im Vergleich zu Placebo beobachtet (38). Eine Post-hoc-Analyse bestätigte, dass das Risiko für eine ICB besonders erhöht war, wenn das Indexereignis für die Aufnahme in die Studie eine ICB war (39). Von einer retrospektiven Untersuchung an Patienten mit einer ICB ließ sich ableiten, dass Patienten mit einer Statintherapie mehr Mikroblutungen mit bevorzugter kortiko-subkortikaler Verteilung aufwiesen (e15). Eine multivariate Analyse bewies sowohl für die Variable Alter als auch für die Variable Statintherapie eine Assoziation mit Mikroblutungen mit kortiko-subkortikaler Verteilung. Diese Beobachtung kann als Hinweis auf einen möglichen Zusammenhang mit der ZAA gewertet werden. Anhand eines Entscheidungsmodells konnte ermittelt werden, dass die Statintherapie bei Patienten mit lobären ICB die Rate für Re-Blutungen von 14 auf 22 % erhöht (40). Diese Einschätzung galt sogar für Patienten mit lobärer ICB und kardiovaskulären Ereignissen in der Vorgeschichte. Bei hypertensiv bedingter ICB konnte nur eine geringe und nichtsignifikante Reduktion der Re-Blutungsrate beobachtet werden (36).
Zusammengefasst sprechen diese Daten dafür, dass Statine das Risiko für eine Re-Blutung nach ICB erhöhen. In die Entscheidung, ob eine Statinbehandlung nach einer ICB fortgesetzt oder beendet werden soll, sind neben der Differenzierung in lobäre beziehungsweise hypertensiv bedingte ICB eine Vorgeschichte mit Herzinfarkt oder Hirninfarkt einzubeziehen.
Interessenkonflikt
Prof. Block erhielt Honorare für Vortragstätigkeiten von Bayer, Pfizer und Böhringer Ingelheim.
PD Dr. Dafotakis erhielt Honorare für Vortragstätigkeiten von Daiichi Sankyo und Pfizer.
Manuskriptdaten
eingereicht: 9. 2. 2016, revidierte Fassung angenommen: 2. 9. 2016
Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. med. Frank Block
HELIOS-Kliniken Schwerin
Wismarsche Straße 393–397, 19049 Schwerin
frank.block@helios-kliniken.de
Zitierweise
Block F, Dafotakis M: Cerebral amyloid angiopathy in stroke medicine. Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 37–42. DOI: 10.3238/arztebl.2017.0037
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Zusatzmaterial
Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:
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Neurologische Klinik, Universitätsklinik RWTH Aachen: PD Dr. med. Dafotakis
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