POLITIK
Masterplan Medizinstudium 2020: Die Hoffnung stirbt zuletzt


Vielleicht kommt sie doch noch in dieser Legislaturperiode: Die Reform des Medizinstudiums. Studierende hoffen, dass sie in der Umsetzungsphase weniger von symbolpolitischen Maßnahmen und von mehr Transparenz geprägt ist als bisher.
Sicher sei es zwar immer noch nicht, dass der Masterplan Medizinstudium 2020 tatsächlich noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werde, doch die Zeichen dafür stünden gut, hört man derzeit im politischen Berlin. In der Tat kam wieder Bewegung in den Prozess, der mittlerweile wie eine unendliche Geschichte anmutet: Gesundheits-, Wissenschafts- und Kultusminister der Länder sowie das Bundesforschungs- und das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hätten sich auf einen Kompromiss über eine Reform des Medizinstudiums geeinigt, erklärte der BMG-Staatssekretär Lutz Stroppe beim Neujahrsempfang des Deutschen Hausärzteverbandes am 18. Januar in Berlin.
Noch geheimnisumwoben
Das BMG bestätigte allerdings auf Nachfrage lediglich, dass Gespräche zum Masterplan 2020 geführt würden. Über die Inhalte herrsche noch Stillschweigen, hieß es. Stroppe hatte berichtet, dass man sich darauf verständigt habe, das praktische Jahr künftig in Quartale zu unterteilen, von denen die Medizinstudierenden eines verpflichtend in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung leisten müssen. Außerdem werde die Allgemeinmedizin verpflichtendes Prüfungsfach im dritten Staatsexamen.
Doch nicht diese Inhalte, sondern eine ungeklärte Gegenfinanzierung der Maßnahmen sowie die Ausgestaltung der Landarztquote, auf die einige Länder besonderen Wert legen, waren und sind Ursachen für die Hängepartie. Aus informierten Kreisen war zu erfahren, dass auch hier Kompromisse erzielt wurden: So sollen die Länder versuchen, soweit wie möglich mit ihren finanziellen Ressourcen auszukommen. Die Höhe der Landarztquote dürfen sie individuell wählen, allerdings sollen maximal zehn Prozent der Medizinstudienplätze für Bewerber reserviert werden, die sich verpflichten, Landärzte zu werden. Die Vorschläge sollen beim Treffen der Kultusminister am 16./17. März konsentiert werden.
Der Deutsche Hausärzteverband und die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) drängen auf eine zügige Verabschiedung des Masterplans. Er enthalte gute Vorschläge, sagte Prof. Dr. med. Erika Baum, Präsidentin der DEGAM, dem Deutschen Ärzteblatt. Die Aufwertung der Allgemeinmedizin zu einem „Kernfach“ im Studium sowie eine verstärkte Fokussierung auf die ärztliche Basisversorgung seien dringend notwendig. Baum wählte als Vergleich einen Trichter: „Wir brauchen eine breit aufgestellte Allgemeinmedizin, die Patienten bei speziellen Fragestellungen an die Spezialisten weiterleitet“, sagte sie.
Skepsis bei Studierenden
Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) begrüßt zwar das politische Ziel, das Medizinstudium moderner zu gestalten. „Wir befürchten jedoch, dass der Gedanke einer umfänglichen Reform in den Hintergrund gerät“, sagte Isabel Molwitz, bvmd-Vizepräsidentin für Externes. Die Studierenden fordern deshalb in einer Petition vom 18. Januar mehr Mitspracherecht und die Aufnahme in die Expertenkommission, die demnächst die Vorschläge zur Änderung der ärztlichen Approbationsordnung erarbeiten soll.
Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann
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Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann, Deutsches Ärzteblatt
Wohlklingende Worte waren es, mit denen die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag 2013 die Reform des Medizinstudiums angekündigt hatte. Von mehr Praxisnähe, einer Stärkung der Allgemeinmedizin sowie Maßnahmen zur „zielgerichteten“ Auswahl der Studienplatzbewerber war die Rede, also von Ansätzen, die viele Betroffene – Medizinstudierende sowie junge Ärztinnen und Ärzte – für sinnvoll und zeitgemäß halten.
Doch mittlerweile sind sie herb enttäuscht. Studierende erleben mit, wie die für sie so wichtige Reform immer wieder ins Stocken gerät und wie wenig sie eingebunden werden. Die Anliegen der Nachwuchsärzte werden mit Füßen getreten, wenn notwendige Maßnahmen immer wieder hinter politischen Vorzeigeobjekten und dem Taktieren mit ihnen zurückstehen.
Ein Paradebeispiel ist die Landarztquote: Versorgungspolitisch wird sie den Ärztemangel im ländlichen Raum keineswegs beheben – das ist nahezu allen klar. Dass sie geeignet sein könnte, das Ansehen der hausärztlichen Medizin zu verbessern, bezweifeln sogar die Hausärzte selbst.
Mutmaßen kann man nun, wer sich über die Landarztquote bewirbt. Tatsächlich nur diejenigen Abiturienten, die ganz sicher wissen, dass sie in 15 Jahren als Hausarzt auf dem Lande arbeiten wollen? Oder diejenigen, die ein nicht so brillantes Abitur, dafür aber den finanziellen Rückhalt haben, mit dem sie die „Strafe“ für das Nichteinhalten der Vereinbarung zahlen können? Es besteht die Gefahr, ein Zwei-Klassen-Medizinstudium zu schaffen – ohne ein Plus an Landärzten.
Pressel, Christine
Frömmel, Cornelius
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