ArchivDeutsches Ärzteblatt12/2017Krankenhäuser: Zeugen für die Patienten
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Endlich wird ein Umstand thematisiert, der seit etwa dreißig Jahren den Ärzten an Kliniken zunehmend Probleme bei ihrer Arbeit am und für den Patienten bereitet. Selbst in Krankenhäusern, die sich in kirchlicher Trägerschaft befinden, stehen wirtschaftliche Interessen vor den Notwendigkeiten, die ein Verantwortung tragender Arzt für seine Patienten hat.

Zur Besprechung zum Beispiel der defizitären Ambulanz wird von dem Verwaltungsleiter ein Termin am nächsten Vormittag angesetzt. Das Argument, dass der Chirurg in dieser Zeit seiner originären Arbeit – eingeplant – nachgeht, zählt nicht. Diese Arbeit kann aus Sicht des Verwalters delegiert werden!

Dass Ambulanzen nur selten kostendeckend arbeiten können, liegt daran, dass die anfallende Arbeit nicht vorauszusehen ist und Personal und Geräte vorgehalten werden müssen. Und doch profitieren die Kliniken auch von ihren Ambulanzen in der Belegung auf den Stationen. Es ist wie bei der Feuerwehr, man hofft, dass es nicht brennt, trotzdem muss das Equipment vorgehalten werden.

Der Operateur verantwortet die Implantate, von denen er überzeugt ist und mit denen er beste Erfahrungen hat. Der Verwaltungsleiter kauft günstigere Implantate ein, weil ihm von Vertretern der Medizintechnik die Ersparnisse für das Haus bei gleicher Qualität vorgerechnet werden. Hinweise auf eine eventuelle Inkompatibilität der Metalle werden nicht berücksichtigt. Der Beispiele gibt es viele.

 In den Siebzigerjahren noch entschied der verantwortliche Arzt, mit welchen Medikamenten oder auch Implantaten er behandelt. Die Referenten der Industrie sprachen zuerst bei ihm vor und dieser Austausch der Fachkenntnisse diente der Optimierung der Behandlungsmöglichkeiten. Die spezifische Fachkenntnis war auf gleicher Augenhöhe, die Verantwortung beim Arzt. Erst danach wurde mit der Verwaltung über den Einkauf gesprochen.

Heute sprechen die Vertreter der Medizintechnik und der Pharmaindustrie direkt bei der Verwaltung vor und diese entscheidet über den Einkauf allein nach den Kosten! 

 Wer ist die Verwaltung? Menschen, die mit Zahlen und Statistiken umgehen können, häufig bar jeder Fachkenntnis sind und dem Verwaltungsleiter zuarbeiten. Und der, ihr Vorgesetzter, hat sich dem Träger gegenüber verdient gemacht. Verantwortung tragen die Ärzte in einem Betrieb in dem sie kaum noch Mitsprache haben.

Es wird allerhöchste Zeit, dass die Unternehmensstrafbarkeit auch auf Krankenhausträger angewendet wird, wobei die Ärzte sicher gerne als Zeugen im Interesse der Patienten auftreten.

Nur der Konflikt angestellter Arzt als Zeuge, Klinikträger als Beschuldigter darf nicht zum Nachteil derer führen, die für ihre Patienten immer ihren Kopf hinhalten, denn Arzt sein hat auch etwas mit Ethik zu tun, davon sind nach eigener Erfahrung die Träger und deren Verwalter noch zu überzeugen.

Prof. Dr. med. K. Tittel, Mainz

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