MANAGEMENT
GOÄ-Ratgeber: Nachhaltig lebensverändernd – was heißt das?


Zu dem Ansatz der Nummer (Nr.) 34 der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) sind bereits drei Ratgeber (vergleiche DÄ, Heft 50/2009, Heft 15 und 17/2015) erschienen. Allerdings erscheint in der Auseinandersetzung derzeit eine neue und weitergehende Auslegung des Begriffs „nachhaltig lebensverändernd“ von einem Unternehmen der privaten Krankenversicherung, welche bereits mehrfach zu Streitigkeiten geführt hat.
Argumentiert wird wie folgt: Da eine lebensbedrohende Erkrankung nicht vorliege, könne nur der Begriff der nachhaltigen Lebensveränderung zum Tragen kommen. Als nachhaltig lebensverändernd ließen sich Erkrankungen charakterisieren, die trotz Therapie durch chronischen Verlauf, ungünstige oder unabänderliche Prognose dazu zwingen würden, über schwerwiegende Konsequenzen im familiären, beruflichen oder gesellschaftlichen Leben und deren Bewältigung nachzudenken, ggf. tief greifende Änderungen in der Lebensplanung und -gestaltung vorzunehmen. Weiter heißt es: Die nachhaltige Lebensveränderung müsse zum Beispiel auch nach durchgeführter Operation weiterhin bestehen bleiben, damit überhaupt eine nachhaltige Lebensveränderung festgestellt werden könne.
In einem strittigen Fall handelte es sich um die Erstdiagnose von zwei Ulcera duodeni (Zwölffingerdarmgeschwüre; hier „kissing ulcera“), die der Gastroenterologe im Anschluss an den Eingriff ausführlich und unbestritten mehr als zwanzig Minuten mit dem Patienten besprochen hat. Der Arzt hat über die dringend notwendigen therapeutischen Maßnahmen (zum Beispiel Medikation und Stressreduktion) gesprochen sowie (ebenfalls unbestritten) die möglichen Komplikationen wie Perforation (Einreißen des Zwölffingerdarmes), Penetration (Durchbruch des Geschwürs in andere Organe, zum Beispiel Bauchspeicheldrüse), Blutung und Stenose (Engstelle) und die dann notwendigen Maßnahmen (sofortige Operation bei den ersten beiden Komplikationen, sofortiger endoskopischer Eingriff oder Operation bei der Blutung) eingehend erläutert.
Auch wenn ein Ulcus duodeni nach medikamentöser Therapie abgeheilt ist, besteht weiterhin ein hohes Rezidivrisiko. Therapiert erleiden 70 Prozent der Patienten im ersten Jahr ein Rezidiv, ohne Therapie beträgt das Rezidivrisiko für das Ulcus duodeni 80 bis 90 Prozent. Man kann demnach hier von einer chronischen Erkrankung sprechen.
Die oben zitierten Erläuterungen zu der Leistung nach Nr. 34 GOÄ, insbesondere bezüglich der Einschränkung der nachhaltig lebensverändernden Erkrankungen sowie deren „Fortbestehen“ nach Therapie, können wir der Leistungslegende der Nr. 34 GOÄ nicht entnehmen und diese Einschränkung daher auch nicht bestätigen. Selbst wenn man diesen Einschränkungen hätte zustimmen wollen, wäre die im vorliegenden Fall durchgeführte Erörterung sicher nach Nr. 34 GOÄ berechnungsfähig gewesen. Dr. med. Anja Pieritz