

Auch Ärzte nutzen soziale Netzwerke zunehmend beruflich. Das bringt Vorteile und eröffnet neue Möglichkeiten. Doch der Umgang mit Informationen bedarf großer Sorgfalt. Schließlich geht es um sensible Daten.
Mittlerweile sind rund zwei Drittel (67 Prozent) der Internetnutzer in Deutschland aktive Mitglieder in sozialen Netzwerken, wie eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom ergab. Demnach nutzen, wie zu erwarten, vor allem die jüngere und mittlere Altersgruppe Facebook, Twitter und Co. Sowohl unter den 14- bis 29-Jährigen als auch unter den 30- bis 49-Jährigen beträgt der Anteil der aktiven Nutzer 79 Prozent. Aber auch unter den 50- bis 64-jährigen Internetnutzern sind es bereits 52 Prozent. Und in der Generation 65 Plus tummeln sich immerhin schon 38 Prozent in sozialen Netzwerken.
Arzt-Communities: Austausch mit Kollegen
Auch in der Gesundheitsbranche nimmt die Bedeutung der sozialen Vernetzung stark zu. Für Ärzte spielen neben Facebook und Twitter vor allem spezielle Online-Communities, Blogs und Videoplattformen eine wichtige Rolle. Eine der führenden Ärzte-Communities in Deutschland ist etwa coliquio. Laut eigenen Angaben der Betreiber erreicht das Netzwerk mit 150 000 Mitgliedern bereits fast jeden zweiten Arzt und monatlich kommen den Angaben zufolge 3 000 neue Ärzte hinzu. Daneben gibt es weitere Netzwerke, wie das amerikanische Netzwerk Sermo beispielsweise, das in den USA ebenfalls etwa die Hälfte der Ärzte erreicht sowie die indische Ärzte-Plattform Docplexus mit aktuell 135 000 Mitgliedern.
Für Ärzte ist das Nutzen sozialer Netzwerke in vielerlei Hinsicht interessant. Ein wichtiger Beweggrund ist vor allem die Vernetzung mit anderen Experten. Medizinisches Wissen lässt sich auf diesem Wege auch über große Entfernungen leicht international teilen, diskutieren und weiterentwickeln. Zudem sind Netzwerke und vor allem Fach-Communities eine sehr gute und besonders auch verlässliche Quelle für Informationen. Neben Expertenmeinungen bleibt man auf dem Laufenden zu aktuellen Forschungen und Konferenzterminen. Aber auch ein Austausch mit Pharmaunternehmen kann interessant sein. So sind vor allem Themen wie klinische Daten, neue Studien und Wirksamkeitsvergleiche für Ärzte relevant.
Facebook: Patienten über Therapien informieren
Darüber hinaus nutzen viele Kliniken und Arztpraxen soziale Medien heute gezielt, um Patienten zu gewinnen und zu binden. Und das ist durchaus erfolgreich. Facebook und Twitter bieten zum Beispiel gute Möglichkeiten, Patienten über spezielle Therapien zu informieren oder Neuigkeiten in Sachen Medizintechnik sowie Veranstaltungstermine mitzuteilen. Richtig eingesetzt lässt sich damit eine gute Reichweite erzielen und die Bekanntheit und das Image verbessern. Wer das beabsichtigt, sollte aber nicht einfach irgendwie loslegen. Sporadische Einmalaktionen bringen oft nicht die gewünschte Wirkung. Vielmehr bedarf es einer gut geplanten Auswahl der Kanäle und vor allem einer strategischen Planung der Inhalte.
Zentrale Bedeutung kommt in der Kommunikation von Ärzten und Kliniken häufig dem Blog zu. Hier lassen sich in regelmäßigen Abständen bestimmte Themen umfassend darstellen. Patienten schätzen das sehr, schließlich erhalten sie auf diese Weise ausführliche und aktuelle Hintergründe oder Tipps zu bestimmten Krankheitsbildern oder Therapieverfahren. Zunächst erreicht der Blog allerdings nur diejenigen Leser, die ihn bereits abonniert haben. Um eine breitere Leserschaft und damit möglichst neue Patienten zu erreichen, bedarf er daher einer Einbettung in eine breiter aufgestellte Social-Media-Strategie.
Das nach wie vor beliebteste Netzwerk in Deutschland ist Facebook. Twitter ist vor allem bei Journalisten beliebt. Wer mit jungen Zielgruppen kommunizieren möchte, wird seine Zielgruppe künftig vor allem über Instagram und Snapchat erreichen.
Content: Informationsgrafiken und Erklärvideos
Egal ob in der Kommunikation von Ärzten untereinander oder mit Patienten: Informationen müssen heute nicht mehr in langen Fach- und Fließtexten aufbereitet werden. Viele Themen lassen sich sehr gut und übersichtlich in Informationsgrafiken darstellen. Auch Erklärvideos sind eine beliebte und nutzerfreundliche Variante, um komplexe Zusammenhänge anschaulich zu vermitteln. Darüber hinaus kommt es auf das Timing und das richtige Maß und die richtigen Themen an. Es gilt zwar nach wie vor „Content ist King“, aber ganz ehrlich: zu viel Content kann auch nerven. Das tut er vor allem, wenn er für die Zielgruppe nicht relevant ist.
Bei allen Vorteilen und positivem Nutzen der digitalen Kommunikation in Netzwerken muss man aber auch die Besonderheiten im Auge behalten. Schließlich geht es bei Gesundheitsangaben um sehr sensible Daten. Geben Menschen in der Kommunikation zwischen Arzt und Patient im Internet zu viele persönliche Informationen über sich preis, besteht die Gefahr, dass bestimmte Krankheitsbilder mit ihnen ungewollt in Zusammenhang gebracht werden. Das kann unter Umständen zu Problemen mit dem Arbeitgeber, bei der Jobsuche oder mit Versicherungen führen.
Regeln fürs Netz: Social-Media-Guidelines
Vorsicht ist für Ärzte ebenfalls mit präzisen medizinischen Ratschlägen geboten. Hier verschwimmen schnell die Grenzen zur Telemedizin. Allgemeine Ratschläge könnten Patienten in ihrer individuellen Gegebenheit völlig falsch interpretieren und so anwenden, dass sie eher schaden als nutzen. Zudem kann es nicht im Sinne einer Institution sein, wenn sich verschiedene Ärzte zu bestimmten Themen unterschiedlich oder gegensätzlich äußern. Ärzte sollten sich bewusst sein, dass sie unter Umständen für die ganze Abteilung oder gar die ganze Einrichtung sprechen, wenn sie etwas posten.
Für Kliniken und Arztpraxen ist es daher sehr ratsam, Ärzte im Umgang mit den sozialen Medien zu schulen und gewisse Regeln für den Gebrauch und das Auftreten im Netz in Form sogenannter Social-Media-Guidelines festzulegen.
Katja Geßner
Marketing- und PR-Beratung
gessner pr
46483 Wesel