MEDIZINREPORT: Studien im Fokus
Prävention der Lyme-Borreliose nach Zeckenstich: Topisches Azithromycin enttäuscht bei der Prophylaxe


In Europa sind 20–25 % der Zecken mit Borrelia burgdorferi infiziert. Das Risiko einer symptomatischen Infektion nach Zeckenstich liegt bei 1–5 % und ist zudem abhängig vom Zeitintervall, das vom Zeckenstich bis zur Entfernung des Holzbocks verstreicht. Die höchsten Inzidenzen werden in Österreich (300/100 000 Einwohner pro Jahr), Tschechien, Deutschland (25/100 000 Einwohner pro Jahr), Slowenien und der Schweiz verzeichnet.
Wegen der unspezifischen Frühsymptome bleibt ein Teil der Infizierten unbehandelt. Nur bei 60– 80 % entwickelt sich nach Tagen bis Wochen ein Erythema migrans. Die präventive einmalige Einnahme von Doxycyclin wird nur bei Hochrisikofällen empfohlen, ist bei Kindern unter 8 Jahren und Schwangeren kontraindiziert und kann erhebliche Nebenwirkungen haben.
Azithromycin wirkt nicht sensibilisierend und ist auch bei Kindern und Graviden anzuwenden. In präklinischen Studien inhibierte ein 4-%iges Gel, bis 72 Stunden nach kutaner Infektion aufgetragen, Wachstum und Vermehrung der Borrelien in der Haut von Mäusen.
In einer Phase-3-Studie wurden 1 371 Patienten in 28 Zentren in Österreich und Deutschland randomisiert. Auszuwerten waren 995, je zur Hälfte mit topischem Azithromycin (10 %) oder Placebo behandelt. Die Studie wurde vorzeitig abgebrochen, weil sich im Verum-Arm beim primären Endpunkt – Behandlungsversagen, definiert als Erythema migrans, Serokonversion oder beides – kein Vorteil nachweisen ließ: Nach 8 Wochen waren in beiden Gruppen 11 Fälle (2 %) von Therapieversagen aufgetreten.
Da unter Verum zahlenmäßig weniger Erythema-migrans-Fälle auftraten, folgte eine Post-hoc-Subanalyse (n = 174, per protocol Population) mit dem neu definierten primären Endpunkt Erythema migrans allein. Mit 7 Fällen im Placebo- und keinem im Verumarm ergab sich eine Reduktion des absoluten Risikos um 8 %.
Fazit: Die Prävention einer Lyme-Borreliose mit topischem Azithromycin nach Zeckenstich ist unwirksam, wenn Kriterien der Wirksamkeit das Erythema migrans, die Serokonversion oder beides sind. Die Kommentatoren verweisen auf die Problematik von Post-hoc-Subanalysen (2). Prof. Dr. med. Bernd Jilma, Universität Wien und Korrespondenzautor der Studie, bestätigt: „Da das Erythema migrans nicht der primäre Endpunkt war, ist eine weitere, große Studie notwendig, um den Wirksamkeitsnachweis zu führen.“ Dr. rer. nat. Renate Leinmüller
- Schwameis M, Kündig T, Huber G, et al.: Topical azithromycin for the prevention of Lyme borreliosis: a randomised, placebo-controlled, phase 3 efficacy trial. Lancet Infect Dis 2017; 17: 322–9.
- Shapiro E, GP Wormser: Prophylaxis with topical azithromycin against Lyme borreliosis. Lancet Infect Dis 2017; 17: 246–8.
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