ArchivDeutsches Ärzteblatt24/2017Pflegeberufegesetz: Entscheidung ohne Prüfungsordnung

POLITIK

Pflegeberufegesetz: Entscheidung ohne Prüfungsordnung

Osterloh, Falk

Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...
LNSLNS

Nachdem die Reform der Pflegeausbildung lange auf Eis lag, wollen sie Union und SPD nun kurz vor Ende der Legislaturperiode doch noch verabschieden. Weil die Inhalte der neuen Ausbildung noch nicht vorliegen, halten Opposition und viele Verbände dies für einen Fehler.

Wer Altenpfleger werden möchte, soll sich künftig zwischen zwei Ausbildungen entscheiden können. Foto: dpa
Wer Altenpfleger werden möchte, soll sich künftig zwischen zwei Ausbildungen entscheiden können. Foto: dpa

Die Bundesregierung hat sich darauf verständigt, die Reform der Pflegeausbildung noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden. Mithilfe von Änderungsanträgen muss dafür der vor einigen Monaten zwischen Union und SPD vereinbarte Kompromiss in den verbleibenden zwei Sitzungswochen des Bundestages in das Pflegeberufegesetz übernommen werden. Weil die Zeit drängt, hat sich der Gesundheitsausschuss des Bundestages dagegen entschieden, eine weitere Anhörung von Experten anzusetzen. Und auch die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung, die die Inhalte der neuen Pflegeausbildungen enthält, soll erst in der kommenden Legislaturperiode vorgelegt werden.

Kritik an der Regierung

Opposition und Verbände kritisieren dieses Vorgehen. Es sei „bei der extra wegen der zahlreichen Fragen zum Kompromiss verlängerten Sitzung des Ausschusses überdeutlich geworden, dass bei dieser Reform noch dringender Klärungsbedarf herrscht“, meinte die Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik der Grünenfraktion, Elisabeth Scharfenberg. Statt diese Fragen in einer Anhörung zu klären, wollten Union und SPD ihr Gesetz „möglichst geräuschlos durchziehen“.

„Wir halten es für unverantwortlich, Änderungen an der Pflegeausbildung um des politischen Erfolges willen mit heißer Nadel zu stricken“, kritisierte Thomas Knieling, Bundesgeschäftsführer des Verbands Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB). Denn die Folgen seien absehbar. „Neben ungelösten praktischen und rechtlichen Problemen für die Ausbildungsbetriebe wird die unverzichtbare Auseinandersetzung über die Ausbildungsinhalte in die nächste Legislaturperiode verschoben“, sagte Knieling. So falle die Grundsatzentscheidung zur Reform ohne Kenntnis der zukünftigen Ausbildungsinhalte und -struktur.

Der Gesetzentwurf von Bundesgesundheits- und Bundesfamilienministerium sah ursprünglich vor, dass eine neue generalistische Pflegeausbildung die bisher getrennten Ausbildungen zur Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege ablöst. Bereits im Januar 2016 hatte das Bundeskabinett einem entsprechenden Gesetzentwurf zugestimmt. Nach Kritik von Ärzteschaft und Arbeitgeberverbänden lag der Entwurf jedoch über ein Jahr auf Eis. Zu Streitigkeiten zwischen Union und SPD kam es in dieser Zeit unter anderem deshalb, weil die Union befürchtete, die neue generalistische Pflegeausbildung könne vor allem Hauptschüler abschrecken, eine Pflegeausbildung zu beginnen.

Angst um Altenpflegeschulen

Im April einigten sich beide Parteien dann auf einen Kompromiss. Alle Auszubildende sollen in den ersten beiden Jahren gemeinsam eine generalistische Ausbildung absolvieren. Alten- und Kinderkrankenpfleger können sich danach entscheiden, ob sie zusammen mit den Krankenpflegern die generalistische Ausbildung mit Schwerpunkt auf die Alten- beziehungsweise Kinderkrankenpflege beenden oder ob sie sich im dritten Jahr auf die Alten- beziehungsweise Kinderkrankenpflege spezialisieren und diese dann mit der Bezeichnung Alten- beziehungsweise Kinderkrankenpfleger abschließen wollen.

In den Änderungsanträgen ist konkretisiert, dass Altenschulen, die die generalistische Ausbildung nicht anbieten, mit Einrichtungen kooperieren müssen, die dies tun. Dadurch entstünden einseitige Abhängigkeiten von generalistischen Pflegeschulen, die sich in der Regel an Krankenhäusern befänden, kritisierte die Vorsitzende des Arbeitskreises der Ausbildungsstätten für Altenpflege in Deutschland, Dr. phil. Birgit Hoppe. Mit diesem Weg werde das langsame Sterben der Altenpflegeschulen eingeleitet.

Derzeit ist vorgesehen, dass das Pflegeberufegesetz am 22. Juni vom Bundestag abschließend beraten wird.

Falk Osterloh

Kommentare

Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.

Fachgebiet

Zum Artikel

Der klinische Schnappschuss

Alle Leserbriefe zum Thema

Stellenangebote