BEKANNTGABEN DER HERAUSGEBER: Bundesärztekammer
Gehaltstarifvertrag für Medizinische Fachangestellte/Arzthelferinnen


Zwischen der Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Arzthelferinnen/Medizinischen Fachangestellten, Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin, und dem Verband medizinischer Fachberufe e.V., Gesundheitscampus-Süd 33, 44801 Bochum, wird folgender Gehaltstarifvertrag abgeschlossen:
§ 1
Geltungsbereich
(1) Dieser Tarifvertrag gilt für Medizinische Fachangestellte/Arzthelferinnen1, die im Bundesgebiet in Einrichtungen der ambulanten Versorgung tätig sind.
(2) Medizinische Fachangestellte2 im Sinne des Tarifvertrages sind die Angestellten, deren Tätigkeit dem Berufsbild der Medizinischen Fachangestellten/Arzthelferin entspricht und die die entsprechenden Prüfungen vor der Ärztekammer bestanden haben.
Sprechstundenschwestern und Sprechstundenhelferinnen sowie staatlich geprüfte Kranken- und Kinderkrankenschwestern/Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen sind Medizinischen Fachangestellten/Arzthelferinnen im Sinne dieses Tarifvertrages gleichgestellt, sofern sie eine solche Tätigkeit ausüben.
(3) Dieser Tarifvertrag gilt entsprechend auch für Auszubildende.
§ 2
Anwendungsbereich
(1) Dieser Gehaltstarifvertrag bestimmt unmittelbar und zwingend den Inhalt aller Arbeitsverträge zwischen Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Arzthelferinnen/Medizinischen Fachangestellten und Mitgliedern der tarifvertragschließenden Arbeitnehmerorganisation.
(2) Sind nicht beide Partner des Arbeitsvertrages Mitglied der Tarifvertragspartner, so gelten die tariflichen Bestimmungen, wenn im Arbeitsvertrag auf diesen Gehaltstarifvertrag oder auf den Gehaltstarifvertrag in der jeweils gültigen Fassung Bezug genommen wird oder die tariflichen Bestimmungen betriebsüblich Anwendung finden.
§ 3
Gehälter für voll- und teilzeitbeschäftigte Medizinische Fachangestellte
(1) (a) Ab 01.04.2017 bis 31.12.2017 gilt folgende Gehaltstabelle für Vollzeitbeschäftigte:
(b) Ab 01.01.2018 bis 31.03.2018 gilt folgende Gehaltstabelle für Vollzeitbeschäftigte:
(c) Ab 01.04.2018 bis 31.03.2019 gilt folgende Gehaltstabelle für Vollzeitbeschäftigte
(2) (Entfällt)
(3) (Entfällt)
(4) Teilzeitbeschäftigte erhalten pro Stunde der mit ihnen vereinbarten Arbeitszeit 1/167tel des jeweiligen Monatsgehaltes für Vollzeitbeschäftigte ihrer Tätigkeitsgruppe.
Es wird folgende Berechnungsformel zugrunde gelegt:
Bruttogehalt bei Vollzeitbeschäftigung : 167 Stunden pro Monat x Wochenstundenzahl der Teilzeitbeschäftigung x 4,33 = Bruttogehalt der Teilzeitbeschäftigung.
(5) Für die Eingruppierung in die Tätigkeitsgruppen ist vom Berufsbild der Medizinischen Fachangestellten, wie es sich aus der Ausbildungsverordnung ergibt, sowie von den ihr in rechtlich zulässiger Weise übertragenen Tätigkeiten (Delegationsfähigkeit) auszugehen. In diesem Rahmen trägt die Medizinische Fachangestellte die Verantwortung für die fachgerechte Durchführung der ihr übertragenen Aufgaben. Die medizinische wie haftungsrechtliche Gesamtverantwortung des Arztes bleibt dabei unberührt. Unter Zugrundelegung dieses rechtlichen Rahmens gelten für die Eingruppierung folgende Definitionen:
Tätigkeitsgruppe I
Ausführen von Tätigkeiten nach allgemeinen Anweisungen, wobei Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vorausgesetzt werden, wie sie durch eine abgeschlossene Berufsausbildung als Medizinische Fachangestellte mit der Prüfung vor der Ärztekammer erworben wurden.
In diese Tätigkeitsgruppe fallen Tätigkeiten gemäß Ausbildungsverordnung.
Tätigkeitsgruppe II
Weitgehend selbstständiges Ausführen von Tätigkeiten, wobei gründliche und/oder vielseitige Fachkenntnisse voraus gesetzt werden, die durch Aneignung spezialisierter Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in einem Arbeitsbereich erworben wurden. Voraussetzung sind Fortbildungsmaßnahmen von insgesamt mindestens 40 Stunden und/oder entsprechende Berufserfahrung.
Fortbildungsmaßnahmen sind zum Beispiel:
– Ambulante Versorgung älterer Menschen
– Wundbehandlung/Wundmanagement
– Hygienemanagement
– Qualitätsmanagement
– Patientenbegleitung und Koordination
– Datenschutz und Datensicherheit
– Informations- und Kommunikationstechnik
– Notfallmanagement/Erweiterte Notfallkompetenz
– Impfassistenz
– Disease-Management-Programme
Tätigkeitsgruppe III
Weitgehend selbstständiges Ausführen von Tätigkeiten, wobei gründliche und/oder vielseitige Fachkenntnisse voraus gesetzt werden, die durch Aneignung spezialisierter Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in einem oder mehreren Arbeitsbereich(en) erworben wurden. Voraussetzung sind Fortbildungsmaßnahmen von insgesamt mindestens 80 Stunden und/oder entsprechende Berufserfahrung und/oder Tätigkeiten in der Durchführung der Ausbildung der Medizinischen Fachangestellten.
Fortbildungsmaßnahmen sind zum Beispiel:
– Elektronische Praxiskommunikation und Telematik
– Prävention bei Jugendlichen und Erwachsenen
– Prävention im Kindes- und Jugendalter
– Strahlenschutzkurs lt. § 24 (2) Röntgenverordnung (90 Stunden)
Tätigkeitsgruppe IV
Selbstständiges Ausführen von Tätigkeiten, wobei besonders gründliche und/oder vielseitige Fachkenntnisse voraus gesetzt werden, die durch Aneignung zusätzlicher umfassender Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in komplexen Arbeitsbereichen erworben wurden. Voraussetzung sind Fortbildungsmaßnahmen von insgesamt mindestens 120 Stunden und/oder Tätigkeiten in der systematischen Planung, Durchführung und Koordination der Ausbildung der Medizinischen Fachangestellten.
Fortbildungsmaßnahmen sind zum Beispiel:
– Ambulantes Operieren
– Ambulantes Operieren in der Augenheilkunde
– Augenheilkundlich-technische Assistenz
– Dialyse
– Ernährungsmedizin
– Gastroenterologische Endoskopie
– Onkologie
– Palliativversorgung
– Pneumologie
– Strahlenschutzkurs lt. § 24 (2) Röntgenverordnung (120 Stunden)
– Qualitätsmanagement
– Hygienemanagement
– Nicht-ärztliche Praxisassistentin
– Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis (VERAH®)
Tätigkeitsgruppe V
Ausführen von leitungsbezogenen Tätigkeiten, wobei besonders gründliche und vielseitige Fachkenntnisse voraus gesetzt werden, die durch Aneignung zusätzlicher umfassender Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in komplexen Arbeitsbereichen erworben wurden. Voraussetzung sind Fortbildungsmaßnahmen von insgesamt mindestens 360 Stunden und entsprechende Berufserfahrung. Hierbei sind eine Fortbildung von mind. 120 Stunden und weitere Fortbildungseinheiten von mind. 40 Stunden innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren zu erbringen. Dieser Zeitraum verlängert sich um die in Anspruch genommene Elternzeit.
Ein Beispiel für eine solche Fortbildungsmaßnahme ist:
– Fachwirtin für ambulante medizinische Versorgung/Arztfachhelferin gem. § 54 BBiG
Tätigkeitsgruppe VI
Ausführen von leitungs- und führungsbezogenen Tätigkeiten, wobei besonders umfassende, gründliche und vielseitige Fachkenntnisse vorausgesetzt werden, die durch zusätzliche Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zur Organisation und Steuerung mehrerer umfassender Arbeitsbereiche erworben wurden. Die Tätigkeiten sind mit hoher Problemlösungs- und Sozialkompetenz verbunden. Voraussetzung ist eine Fortbildungsmaßnahme von mindestens 600 Stunden und entsprechende Berufserfahrung.
Ein Beispiel für eine solche Fortbildungsmaßnahme ist:
– Betriebswirtin für Management im Gesundheitswesen gem. § 54 BBiG
– Fachwirtin im Gesundheits- und Sozialwesen gem. § 53 BBiG
(6) a) Die Eingruppierung in eine Tätigkeitsgruppe erfolgt nach den in den Tätigkeitsgruppen I bis VI jeweils genannten Kriterien und soll im jeweiligen Einzelarbeitsvertrag vereinbart werden. In den Tätigkeitsgruppen II bis V können die erforderlichen Fortbildungsstunden auch durch mehrere Fortbildungsmaßnahmen angesammelt werden.
Vertretungen in Zeiten von Erholungsurlaub oder Krankheit bis zu sechs Wochen führen nicht zu einer Höhergruppierung.
b) Fortbildungen können z. B. sein:
– Maßnahmen auf Basis der (Muster) Fortbildungs-Curricula der Bundesärztekammer oder andere gleichwertige Maßnahmen (siehe Beispiele in den Tätigkeitsgruppen)
oder
– Kurse auf Basis zertifizierter Angebote von Kassenärztlichen Vereinigungen, Kammern, ärztlichen Fachverbänden, des Bildungswerkes für Gesundheitsberufe e.V. und anderen anerkannten Bildungsträgern im Gesundheitswesen.
c) Die in Fortbildungsmaßnahmen erworbenen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sind nur dann vergütungsrelevant, wenn sie arbeitsplatz- und/oder einrichtungsbezogen angewendet werden.
d) Der Zuschlag auf die Vergütung nach Tätigkeitsgruppe I beträgt:
– in Tätigkeitsgruppe II 7,5 %
– in Tätigkeitsgruppe III 12,5 %
– in Tätigkeitsgruppe IV 20 %
– in Tätigkeitsgruppe V 30 %
– in Tätigkeitsgruppe VI 50 %
§ 4
Ausbildungsvergütung
(1) a) Die Ausbildungsvergütung beträgt ab dem
01.04.2017 – 31.12.2017
im 1. Jahr monatlich 760 Euro
im 2. Jahr monatlich 800 Euro
im 3. Jahr monatlich 850 Euro.
b) Die Ausbildungsvergütung beträgt ab dem
01.01.2018 – 31.03.2018
im 1. Jahr monatlich 792 Euro
im 2. Jahr monatlich 834 Euro
im 3. Jahr monatlich 886 Euro.
c) Die Ausbildungsvergütung beträgt ab dem
01.04.2018 – 31.03.2019
im 1. Jahr monatlich 805 Euro
im 2. Jahr monatlich 850 Euro
im 3. Jahr monatlich 900 Euro.
§ 5
Betriebliche Altersversorgung
Medizinische Fachangestellte haben die Möglichkeit zur betrieblichen Altersversorgung und Entgeltumwandlung nach Maßgabe des Tarifvertrages zur betrieblichen Altersversorgung und Entgeltumwandlung.
§ 6
Abrechnung
Medizinische Fachangestellte haben Anspruch auf eine schriftliche Abrechnung ihrer Bezüge.
§ 7
Zuschläge
(1) Für Überstunden, Samstags-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sowie Arbeit am 24. und am 31.12. ab 12:00 Uhr sind Zuschläge zu zahlen, die nach Arbeitsstunden berechnet werden. Dabei wird ein Stundensatz von
1/167
des Monatsgehaltes für Vollzeitbeschäftigte zugrunde gelegt.
(2) Der Zuschlag beträgt je Stunde
a) für Überstunden, für Arbeit am Samstag 25 Prozent
b) für Sonn- und Feiertagsarbeit 50 Prozent
c) für Arbeit am 24. und 31. Dezember
ab 12:00 Uhr 50 Prozent
d) für Arbeiten am Neujahrstag, dem 1. Mai sowie an den Oster-, Pfingst- und Weihnachtsfeiertagen 100 Prozent
e) für Nachtarbeit 50 Prozent
(3) Besteht für dieselbe Zeit Anspruch auf mehrere Zuschlagsätze, so ist nur der höchste Zuschlag zu zahlen.
(4) Als Überstunden gelten die über die regelmäßige wöchentliche tarifliche Arbeitszeit hinaus geleisteten Arbeitsstunden, soweit innerhalb eines Zeitraumes von vier, längstens zwölf Wochen keine entsprechende Freizeit für diese Arbeitsstunden gewährt wird. Freizeitausgleich hat mit dem entsprechenden Zeitzuschlag zu erfolgen.
§ 8
Wahrung des Besitzstandes/Überleitung
Medizinische Fachangestellte, die bei Inkrafttreten dieses Gehaltstarifvertrages in einem Arbeitsverhältnis stehen und in eine der Tätigkeitsgruppen II bis VI eingruppiert sind, dürfen aufgrund dieses Gehaltstarifvertrages nicht herabgruppiert werden, auch wenn die in § 3 Abs. 5 genannten Anforderungen für die Tätigkeitsgruppen nicht bzw. nicht mehr erfüllt sind. Änderungen der Eingruppierung aus anderen Gründen bleiben unberührt.
§ 9
Inkrafttreten und Laufzeit
(1) Dieser Gehaltstarifvertrag ersetzt den Gehaltstarifvertrag vom 13.04.2016. Er tritt am 01.04.2017 in Kraft.
(2) Dieser Gehaltstarifvertrag kann mit einer Frist von drei Monaten schriftlich gekündigt werden, frühestens zum 31.03.2019.
Protokollnotizen:
I. Zu § 3 (1) (Berufsjahre)
Die Berufsjahre zählen vom Ersten des Monats an, in dem die Prüfung zur Medizinischen Fachangestellten/Arzthelferin bestanden wurde. Die Berufsjahre der Sprechstundenschwestern, Sprechstundenhelferinnen und Krankenschwestern in den neuen Bundesländern werden anerkannt.
Unterbrechen Medizinische Fachangestellte/Arzthelferinnen ihre berufliche Tätigkeit wegen Erziehungsurlaub/Elternzeit, so ist diese Zeit zur Hälfte auf die Berufsjahre anzurechnen.
Hat die Medizinische Fachangestellte/Arzthelferin vor ihrer Ausbildung eine berufsnahe Tätigkeit ausgeübt, so ist diese Zeit zur Hälfte auf die Berufsjahre anzurechnen.
Werden Angestellte ohne Lehrabschlussprüfung gem. Protokollnotiz I Medizinischen Fachangestellten/Arzthelferinnen gleichgestellt, so sind die ersten zwei Jahre der Berufstätigkeit bei der Ermittlung der Berufsjahre nicht anzurechnen.
Die Berufsjahrberechnung gemäß § 11 (2) Satz 3 des Manteltarifvertrags vom 12.09.1997 gilt für alle Arbeitsverträge, die ab dem 01.11.1997 abgeschlossen werden. Für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 01.11.1997 bestanden haben, gelten die Regelungen des § 10 (2) Satz 3 des Manteltarifvertrages vom 16.09.1992.
II. Zu § 3 (5) (Eingruppierung in die Tätigkeitsgruppen)
Bei den Begriffen „allgemeine Anweisung“, „weitgehend selbstständig“ sowie „selbstständig“ im Sinne des Ausführens von Tätigkeiten nach den Tätigkeitsgruppen I bis VI sind die Verordnung der Bundesregierung über die Berufsausbildung zum Medizinischen Fachangestellten/zur Medizinischen Fachangestellten vom 26. April 2006 (BGBl. Jahrgang 2006 Teil I Nr. 22, S. 1097 bis 1108) sowie die gemeinsame Stellungnahme von Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Bundesärztekammer zur „Persönlichen Leistungserbringung – Möglichkeiten und Grenzen der Delegation ärztlicher Leistungen“ vom 29.8.2008 zu berücksichtigen (Deutsches Ärzteblatt, Heft 41 vom 10.10.2008, S. A 2173ff).
III. Zu § 8 Satz 2 (Wahrung des Besitzstandes)
Die Besitzstandsregelung ist ausschließlich in der geltenden Tarifstruktur begründet. Sie gilt nicht bei Änderungen der Vergütung und Eingruppierung aus anderen Gründen. Solche Änderungen aus anderen (betrieblichen, persönlichen oder sonstigen) Gründen können einvernehmlich oder auch einseitig unter Beachtung der gesetzlichen Anforderungen erfolgen.
Berlin, den 01.08.2017
1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei der Verwendung der Begriffe Arzthelferin, Medizinische Fachangestellte, Arbeitgeber und Arzt jeweils die männliche bzw. weibliche Form mitgedacht.
2 Die Berufsbezeichnung Medizinische Fachangestellte umfasst auch Arzthelferinnen.
3 Bis Juli 2006 Berufsbild der Arzthelferin.
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