POLITIK
Honorarverhandlungen für 2018: Ergebnis empört die Kassenärzte


Die Honorare der niedergelassenen Ärzte steigen 2018 um gut 500 Millionen Euro. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung kritisiert den geschiedsten Honorarbeschluss als völlig unzureichend und fordert Verträge mit einzelnen Krankenkassen.
Man merkte dem Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) seinen Ärger deutlich an, als dieser am 20. September in Berlin das Ergebnis der Honorarverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband für 2018 vorstellte. Danach wird der Orientierungswert, also der Preis für die ärztliche Leistung, im nächsten Jahr um 1,18 Prozent oder 437,8 Millionen Euro gegenüber diesem Jahr steigen. Um 0,32 Prozent oder 79,3 Millionen Euro erhöht sich der geschätzte morbiditätsbedingte Behandlungsbedarf. Weitere 8,5 Millionen Euro sind für einen nicht vorhersehbaren Anstieg des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs, wie zum Beispiel eine Grippewelle, vorgesehen. Das bedeutet ein durchschnittliches jährliches Umsatzplus von 3 000 Euro je Arzt. Außerdem sollen 63 Millionen Euro für Leistungen von nichtärztlichen Praxisassistentinnen (NäPa) in das Gesamtbudget fließen. Der GKV-Spitzenverband hatte am Vortag eine Honorarsteigerung von einer Milliarde Euro verkündet, in dieser Summe aber auch 400 Millionen Euro berücksichtigt, die für extrabudgetäre Leistungen wie zum Beispiel Vorsorgeuntersuchungen bereitstehen.
Gassen: Kein tolles Ergebnis
Die KBV halte diesen Honorarabschluss für völlig unzureichend, sagte deren Vorstandsvorsitzender Dr. med. Andreas Gassen. Man habe sich mit dem GKV-Spitzenverband bis zum Schluss nicht auf ein annehmbares Verhandlungsergebnis einigen können. Die Kassen hatten eine Nullrunde und die KBV ein Plus von 2,4 Prozent gefordert. Die jetzige Entscheidung sei dann im Erweiterten Bewertungsausschuss gegen die Stimmen der Ärzte gefallen. „Selbst wenn wir tatsächlich ein Plus von einer Milliarde Euro erzielt hätten, wäre das kein tolles Ergebnis gewesen“, sagte Gassen. Denn noch immer würden 20 Prozent der ärztlichen Leistungen nicht vergütet, und in den Praxen zeichne sich schon jetzt ein Investitionsstau ab. Es sei zudem nicht korrekt, wenn der GKV-Spitzenverband die extrabudgetären Leistungen als Honorarsteigerung ausweise. Man wisse ja noch gar nicht, ob diese Leistungen abgefordert würden. Und wenn, dann müssten die Ärzte sie zusätzlich erbringen. „Das ist Mehrarbeit, die bezahlt werden muss“, meinte Gassen.
„In der Ärzteschaft werden Stimmen laut, das eigene Tun dem Honorar anzupassen“, kommentierte der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. med. Stephan Hofmeister das Ergebnis. Auch er kritisierte die Blockadehaltung der Kassen trotz hervorragender Finanzlage. So seien sämtliche Vorschläge der KBV zur Strukturförderung, wie zum Beispiel ein Zuschlag für die Betreuung multimorbider Patienten, kategorisch abgelehnt worden. Als Mogelpackung bezeichnete es Hofmeister, dass die Kassen die 63 Millionen Euro für die NäPas als Honorarsteigerung verkauften. Deren Förderung sei bereits 2014 beschlossen worden. Das Geld hätten die Hausärzte allerdings nie in voller Höhe abrufen können. „Jetzt fließt die Summe in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung. Das Geld der letzten drei Jahre ist aber weg – ein Geschenk an die Kassen“, so der KBV-Vorstand.
Kassen: Maßvoller Abschluss
Auf Ärzteseite hat man offenbar die Hoffnung aufgegeben, mit dem GKV-Spitzenverband über Honorarfragen konstruktiv verhandeln zu können. Die KBV will deshalb stattdessen künftig wieder Verträge mit einzelnen Krankenkassen schließen. Denn diese hätten eine größere Nähe zur Versorgung. „Hier muss der Gesetzgeber nachschärfen“, sagte KBV-Vorstand Gassen. Zu klären sei auch, ob diese Verträge dann auf Bundes- oder Landesebene verhandelt würden.
Bei den Kassen zeigt man sich derweil zufrieden über den „maßvollen“ Honorarabschluss. Er werde den Interessen der Ärzte und denen der Beitragszahler gerecht, hieß es dort. Vor Ort müssen Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenkassen jetzt darüber verhandeln, wie der Honorarbeschluss umgesetzt wird. Große Spielräume habe man dabei jedoch nicht, sagte KBV-Vorstand Hofmeister.
Heike Korzilius