ArchivDeutsches Ärzteblatt42/2017Internet und Arztbewertungsportale: Auch Ärzte brauchen faire Regeln

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Internet und Arztbewertungsportale: Auch Ärzte brauchen faire Regeln

Maibach-Nagel, Egbert

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Egbert Maibach-Nagel, Chefredakteur
Egbert Maibach-Nagel, Chefredakteur

Um es vorweg zu nehmen: Dienstleistung im Internet hat mit idealistischem Altruismus gar nichts zu tun. Was Google, Facebook und andere im Internet treiben, ist Investition, ist Geschäftssinn, ist Unternehmertum. So weit, so gut.

Das Problem: Während es in unserer haptischen gesellschaftlichen Realität dafür über Jahrtausende entwickelte und erprobte Regeln gibt, die vor Gefahren oder Unbilden schützen sollen, ist das im sich rasend schnell entwickelnden virtuellen Netz leider noch anders. Hier müssen wir die notwendigen spezifischen Adaptionen bestehender Umgangsregeln erst noch entwickeln.

Die von vielen so gelobte Freiheit des Internet die Chance zur sicherlich segensreichen Anonymität braucht Grenzen im Sinne Kantʼscher Freiheit, um die im Netz leider noch verstärkt mögliche Rücksichts- und Verantwortungslosigkeit oder auch leichter umzusetzende kriminelle Handlungen zu unterbinden. Noch fehlt es an erfolgreicher Aufklärung und vor allem an eindeutiger Rechtslage, die Sicherheiten schaffen, wie wir sie aus der realen Welt kennen.

In den großen Dingen geht es dabei um den legislativen Kampf, den beispielsweise das Bundesjustizministerium mit internationalen Anbietern führt, um die Gesellschaft und ihre Bürger zu schützen. Im Spezifischen geht es aber auch um wettbewerbsrechtlich relevante Folgen von Dienstleistungsangeboten wie Arztbewertungsportalen, deren Geschäftsgebahren durch kontinuierliche Beobachtung, offene Kritik und im Zweifel vor Gericht in faire Bahnen gebracht werden muss. Zumindest große Anbieter wie Jameda halten sich augenscheinlich an das, was Richter als rechtens sehen.

Dennoch: Längst nicht alles in strittigen Bereichen ist bereits juristisch geklärt. Zwar gibt es inzwischen für die Beurteilungen auf Bewertungsportalen eine Prüfpflicht und ein gerichtlich vorgegebenes Prozedere für den Fall, dass Ärzte rufschädigende Beurteilungen anzweifeln. Und das wird, so behauptete zumindest Jameda jüngst in den Zahnärztlichen Mitteilungen, eingehalten. Allerdings wird die gerichtliche Vorgabe, dass Schmähungen oder Beleidigungen nicht geduldet werden müssen, wohl immer wieder zu Auseinandersetzungen führen, wo hier die jeweiligen Grenzen liegen. Ob dadurch Rufschädigung unterbleibt, ist fraglich.

Dass allerdings das eigentliche Geschäft dieser Dienstleister, nämlich Ärzte dazu zu bringen, Premiumangebote für mehr Raum zur positiven Darstellung der eigenen Arbeit zu kaufen, in einem Beurteilungsportal, das ja alle Ärzte erfasst, erlaubt ist, hinterfragen betroffene Ärzte immer wieder. Kritiker sehen darin unlauteren Wettbewerb. Und wer als Betroffener eine unzutreffende Bewertung bemängeln will, muss sich als Arzt registrieren. Er zählt somit auch wieder zur nach außen vermarkteten „großen“ ärztlichen Klientel des Portals. Ein cleveres Geschäftskonzept?

Jameda jedenfalls bezeichnet es als das Vorgehen, was früher schon in Telefonbüchern üblich war: Ärzte konnten auch dort Anzeigen zur Hervorhebung ihrer Leistungen schalten.

Zumindest zeigen Beispiele wie diese, dass nicht nur Trolle oder das Dark Net, nicht nur Fake News und Hacker überwunden werden müssen, um das Internet zu einem sicheren und lebbaren Raum für alle zu machen. Schon der normale Alltag für Patienten und Ärzte kann zum rechtsfreien Raum werden, in dem es noch einiges zu klären gibt.

Egbert Maibach-Nagel
Chefredakteur

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