ArchivDeutsches Ärzteblatt44/2017Metabolisches Syndrom: Neues Onlinetool soll Kinderärzte bei Diagnose unterstützen

MEDIEN

Metabolisches Syndrom: Neues Onlinetool soll Kinderärzte bei Diagnose unterstützen

Hillienhof, Arne

Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...
LNSLNS
Das Onlinetool greift auf ein Referenzsystem zurück, das auf EU-weiten Daten von 12 000 Kindern basiert. Foto: kwanchaichaiudom/iStockphoto
Das Onlinetool greift auf ein Referenzsystem zurück, das auf EU-weiten Daten von 12 000 Kindern basiert. Foto: kwanchaichaiudom/iStockphoto

Übergewicht und Fettleibigkeit im Kindesalter haben im Laufe der letzten Jahrzehnte in Europa und auf der ganzen Welt massiv zugenommen. Das Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) hat jetzt ein webbasiertes Onlinetool entwickelt, das Kinder- und Jugendärzte bei der Diagnose des metabolischen Syndroms unterstützen soll. Dabei erhebt der behandelnde Arzt die folgenden Parameter:

  • den Hüftumfang als Gradmesser für die abdominelle Fettverteilung),
  • Triglyzerid- beziehungsweise HDL-Cholesterinwerte,
  • den Nüchternglucosewert,
  • den systolischen/diastolischen Blutdruck.

Anschließend trägt der Arzt die Werte der Messungen zusammen mit dem Alter, dem Geschlecht und der Größe des Kindes in die Eingabemaske ein. Bereits während der Eingabe der Daten zeigen verschiedene Grafiken, inwieweit sich die Messwerte des Kindes von denen seiner Altersgenossen unterscheiden. Liegen diese Messwerte bei mindestens drei der vier Hauptsymptome oberhalb des 90-Prozent-Perzentils, empfiehlt das Onlinetool, die Entwicklung des Kindes aufmerksam weiterzuverfolgen (Monitoring Level). Bei noch deutlicherer Abweichung von der Norm (oberhalb des 95-Prozent-Perzentils) wird eine pädiatrische Intervention empfohlen.

Die International Diabetes Federation (IDF) definiert das metabolische Syndrom über die vier Hauptsymptome Übergewicht mit abdomineller Fettverteilung, Dyslipid-ämie, Insulinresistenz und Bluthochdruck. „Überschreiten drei oder gar vier Komponenten bestimmte Grenzwerte, liegt ein metabolisches Syndrom mit entsprechend dringendem Handlungsbedarf vor“, erläutert das BIPS. Allerdings gebe es bei diesen Grenzwerten bislang noch große Unsicherheiten. So leite sich die gängige Definition der IDF von Daten ab, die für Erwachsene erhoben wurden. Diese ließen sich jedoch nicht ohne Weiteres auf Kinder herunterrechnen, da sich in der Kindesentwicklung etwa Körpergröße und -proportionen – und damit auch die Fettverteilung – stark veränderten. Die IDF empfiehlt, dass das metabolische Syndrom nicht bei Kindern unter zehn Jahren diagnostiziert werden sollte. Kinder unter sechs Jahren wurden wegen der unzureichenden Datenlage sogar komplett aus der Definition herausgenommen.

Die Forscher des BIPS haben daher ein völlig neues, flexibles Referenzsystem entwickelt. Basis dafür sind Daten der sogenannten IDEFICS-Studie. 23 Forschungsinstitute und klein- und mittelständische Unternehmen aus elf verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten haben daran teilgenommen. Das neue Referenzsystem fußt so auf den Daten von mehr als 12 000 Kindern aus acht europäischen Ländern im Alter von drei bis zehn Jahren und ist alters- und geschlechtsspezifisch. hil

http://daebl.de/QL62

Deutsches Ärzteblatt plus
zum Thema

Fachgebiet

Zum Artikel

Der klinische Schnappschuss

Alle Leserbriefe zum Thema

Stellenangebote