ArchivDeutsches Ärzteblatt44/2017Studie: Warum Mitarbeiter in Gruppen eher lügen

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Studie: Warum Mitarbeiter in Gruppen eher lügen

EB

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Sobald Mitarbeiter in Gruppen Entscheidungen gemeinsam fällen, nehmen sie es mit der Wahrheit weniger genau. Das zumindest haben Verhaltensökonomen der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) in einer aktuellen Studie herausgefunden.

Foto: arborpulchra/stock.adobe.com
Foto: arborpulchra/stock.adobe.com

Das Team um Martin Kocher, Inhaber des Lehrstuhls für Verhaltensökonomik an der LMU, forderte 273 Studienteilnehmer auf, ein Video eines Würfelwurfs zu beobachten und anschließend die Würfelzahl zu nennen. Je höher die genannte Augenzahl, desto höher war eine dafür versprochene Gratifikation. Es gab also einen Anreiz, die Unwahrheit zu sagen und eine möglichst hohe Zahl zu nennen. Gestellt wurde die Aufgabe sowohl einzelnen Probanden, die allein entschieden, als auch Probanden, die sich über ihr Ergebnis in einem anonymen Gruppenchat abstimmten.

Ergebnis: Die Teilnehmer logen seltener, wenn sie allein entscheiden mussten. Das galt auch für jene, die sich zuvor in einer Einzelentscheidung ehrlich verhielten. Grund für diesen „dishonesty shift“, wie Forscher dieses Phänomen nennen, sei, dass sich eine Gruppe über ihre Normen und die Argumente dafür und dagegen austausche und ihre Vorstellungen, was richtig ist und was nicht, aufeinander abstimme. Dadurch gelinge es den Einzelnen eher, die Norm umzuinterpretieren, als wenn sie allein entscheiden müssten. Auch gingen die Teilnehmer nach Gruppenprozessen eher davon aus, dass andere auch lügen und verhielten sich entsprechend.

Auffallend sei, berichten die Autoren weiter, dass in großen Wirtschaftsskandalen meist Gruppen unrecht gehandelt hätten. Von einem Analysten des US-Energieriesen Enron, der durch Bilanzbetrug seiner Manager pleite gegangen sei, sei das Zitat überliefert: „It was no great secret, what we were doing.“ Um dem vorzubeugen, raten die Forscher den Unternehmen, einen Ethik-Kodex einzuführen. Um die Erosion wesentlicher Normvorstellungen und ehrlichen Verhaltens in Gruppen zu verhindern, sollten sie starke Verhaltensregeln aufstellen und diese konsequent überprüfen. EB



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