ArchivDeutsches Ärzteblatt49/2017Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie: Trends bei Diagnose und Therapie

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Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie: Trends bei Diagnose und Therapie

Ameri, Abdol A.

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Der Einsatz der Nervensonographie und neuer Scoring-Systeme gewinnt bei der Diagnostik der chronisch inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP) an Bedeutung. Auch bei der Therapie zeichnen sich Neuerungen ab.

Die CIDP ist eine seltene, immunologisch vermittelte Erkrankung mit progredientem und teilweise schubförmigem Verlauf (1). Charakteristisch sind motorische und sensible Ausfallerscheinungen in den Extremitäten. Unbehandelt kann die CIPD zu schwerer Behinderung und zum Tod führen. Die Diagnose ist diffizil, insbesondere die differenzialdiagnostische Unterscheidung von anderen Polyneuropathien des peripheren Nervensystems. Die Nervenleitgeschwindigkeit ist herabgesetzt, Reflexe sind an allen Gliedmaßen vermindert oder erloschen, die Hirnnerven können beteiligt sein, und in der Liquoruntersuchung findet sich häufig ein erhöhter Proteinspiegel bei normaler Liquorzellzahl (zytoalbuminäre Dissoziation), erläuterte Prof. Dr. med. Korbinian Holzapfel vom Klinikum Augsburg beim 90. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN).

Eine ausführliche Anamnese, körperliche Untersuchung, Elektroneurographie mit Messung der Nervenleitgeschwindigkeit und eine Lumbalpunktion sind wichtige Komponenten der Diagnose. Neue zuverlässige, nichtinvasive Diagnoseverfahren werden dringend benötigt, um eine CIDP früher als bisher zu erkennen und rechtzeitig zu behandeln.

Verschiedene Muster von strukturellen Veränderungen

Ein Verfahren, dessen Einsatz bei immunvermittelten Neuropathien inzwischen gut untersucht ist und für das bereits Scoring-Systeme entwickelt wurden, ist die Nervensonographie (1). So konnten verschiedene Muster von strukturellen Veränderungen, wie Verdickungen und Schwellungen an bestimmten Nerven respektive Nervenabschnitten, identifiziert werden, die bei den verschiedenen Neuropathien präferenziell verändert sind. In Ergänzung zu Anamnese, körperlich-neurologischer Untersuchung und Liquoruntersuchung lassen sich mit der sonographischen Unterstützung nach den Erfahrungen von Holzapfel gute Erfolge bei der Differenzierung von CIDP und Guillain-Barré-Syndrom erzielen. Während sich bei der CIDP deutlich erkennbare Verdickungen im Bereich aller Extremitätennerven finden, erscheinen diese beim Guillain-Barré-Syndrom in der Regel normal. Eine Differenzierung dieser beiden Erkrankungen ist wiederum für den rechtzeitigen Beginn einer chronischen Immuntherapie im Fall einer CIDP von Bedeutung.

Für die individualisierte Behandlung stehen neben Kortikosteroiden und Plasmapherese intravenöse Immunglobuline (IVIG) zur Verfügung, berichtete Priv.-Doz. Dr. med. Min-Suk Yoon vom Katholischen Klinikum Bochum. Aufgrund des chronisch progredienten Verlaufs benötigen die meisten CIDP-Patienten eine Langzeit- oder Dauertherapie, was wiederum hohe Anforderungen an die Sicherheit und Verträglichkeit der Präparate stellt.

Über ein günstiges Wirksamkeits- und Verträglichkeitsprofil verfügt das hochkonzentrierte (10 %) polyvalente IVIG-Produkt IgPro10 (Privigen®). Im Rahmen der 25-wöchigen PRIMA-Studie mit insgesamt 28 CIDP-Patienten führte IgPro10 zu einer klinisch relevanten und statistisch signifikanten Verbesserung – sowohl bei IVIG-naiven als auch bei IVIG-vorbehandelten Studienteilnehmern (2).

Nahezu zwei Drittel (61 %) der Patienten verbesserten sich um mindestens einen Punkt im INCAT-(Inflammatory-Neuropathy-Cause-and-Treatment-)Score und galten damit definitionsgemäß als Responder. Gleichzeitig verbesserten sich die maximale Griffstärke und die motorische Funktion. Sowohl in der Induktions- als auch in der Erhaltungstherapie war das IVIG-Präparat generell gut verträglich (2).

SCIG wird in der Erhaltungstherapie untersucht

Die Heimselbstbehandlung mit konzentrierten subkutanen Immunglobulinen (SCIG) sei eine sinnvolle und effiziente Behandlungsalternative zur Gabe von IVIG und werde auch in der Erhaltungstherapie der CIDP untersucht, so Yoon. In verschiedenen Studien habe sich gezeigt, dass nach der Umstellung von IVIG auf SCIG stabile IgG-Plasmaspiegel aufrechterhalten werden können.

Im Rahmen der Phase-III-Studie PATH (Polyneuropathy and Treatment with Hizentra®) werden derzeit die Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit des 20%igen SCIG-Präparats IgPro20 (Hizentra®) in der Erhaltungstherapie von CIDP-Patienten untersucht, die zuvor mit IVIG stabilisiert wurden. Die ersten auf dem DGN-Kongress vorgestellten Studiendaten deuten darauf hin, dass die CIDP über 24 Wochen stabil blieb (3).

Abdol A. Ameri

Quelle: Satellitensymposium „Herausforderung PNS – Patient im Fokus: Diagnostik, Fallbeispiele und ein neuer Therapieweg“ im Rahmen des DGN-Kongresses in Leipzig, 22. September 2017. Veranstalter: CSL Behring

1.
Grimm A, et al.: J Neurol 2017; 264: 243–53 CrossRef MEDLINE
2.
Léger J-M, et al.: J Peripher Nerv Syst 2013; 18: 130–40 CrossRef MEDLINE PubMed Central
3.
van Schaik IN, et al.: Presented at the German Society of Neurology Annual Meeting, Leipzig, September 20–23, 2017.
1. Grimm A, et al.: J Neurol 2017; 264: 243–53 CrossRef MEDLINE
2. Léger J-M, et al.: J Peripher Nerv Syst 2013; 18: 130–40 CrossRef MEDLINE PubMed Central
3. van Schaik IN, et al.: Presented at the German Society of Neurology Annual Meeting, Leipzig, September 20–23, 2017.

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