ArchivDeutsches Ärzteblatt51-52/2017Von schräg unten: Geschenke

SCHLUSSPUNKT

Von schräg unten: Geschenke

Böhmeke, Thomas

Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...
LNSLNS

Weihnachten droht. Und damit die Zeit der Geschenke, teils willkommen wie der ausbleibende Antigenshift von Influenzaviren, der unsere Schutzbefohlenen vor einer Superinfektion in überfüllten Praxen und Notaufnahmen bewahrt. Manche sind unwillkommen, beispielsweise der Gallenblasenstein, der nach Genuss knuspriger Gänsekeule entferntere Gänge erkundet, von ähnlicher Neugier getrieben wie die Magensäure, die sich für das Leben unterhalb der Schleimschicht interessiert. Solche Geschenke will man nicht, Gleiches gilt für gekippten Rotwein oder abgelaufene Christstollen unter dem Weihnachtsbaum. Ich schenke daher lieber Sätze, denn diese sind weder infektiös oder schmerzerzeugend, jedenfalls nicht im streng medizinischen Sinne.

Allen Kolleginnen und Kollegen, die tagein, tagaus ihr Bestes geben und an der allgegenwärtigen Flut der Vorschriften verzweifeln, darf ich zum Trost ein Zitat von Groucho Marx schenken: „Politik ist die Kunst, Probleme zu suchen, sie zu finden, eine falsche Diagnose zu stellen und anschließend falsche Gegenmittel einzusetzen.“ Und sollten Sie sich inmitten eines heftigen Disputs mit Schutzbefohlenen wiederfinden, die sich nicht damit abfinden können, dass ihre Anspruchshaltung nicht durch die Leistungen der Krankenkassen gedeckt ist und daher zu Verbalinjurien greifen, zitieren Sie einfach Ernst Jandl: „Unsere Ansichten gehen als Freunde auseinander.“

Allen niedergelassenen Fachärztinnen und -ärzten, die sich Sorgen darum machen, wie sie auch zukünftig das hohe Niveau der ambulanten Versorgung gewährleisten können, schenke ich folgende Ausführung, die ich anlässlich eines Symposiums zur Zukunft der Gesundheitsversorgung erlauschen durfte: „Die niedergelassenen Fachärzte sind ein Auslaufmodell, in spätestens drei, ach was, in zwei Jahren sind sie verschwunden und Krankenhausambulanzen werden ihre Arbeit übernehmen! Darauf gebe ich Ihnen Brief und Siegel!“ Das Symposium fand 1996 statt, also im letzten Jahrtausend.

Für all die fleißigen Kolleginnen und Kollegen, die permanent daran verzweifeln, dass Patienten keine Angaben über ihre Medikation machen können, Überweisungen oder Befunde nicht mitbringen, sowieso ärztlichen Empfehlungen mit paroxysmaler Taubheit begegnen, darf ich aus dem Sozialgesetzbuch V zitieren: „Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mitverantwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbewusste Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden.“

Meine Geschenke für dieses Jahr habe ich schon bekommen, denn ich habe etliche Zuschriften erhalten. Ein Kollege schrieb: „Ich wünsche Ihnen und mir, dass Ihnen die Ideen und Ihr Humor nie ausgehen ... und noch lange Freude am Verfassen der Kolumne haben werden.“ Danke! Sie haben mir nicht nur Weihnachten, sondern mein ganzes Jahr vergoldet!

Dr. med. Thomas Böhmeke
ist niedergelassener Kardiologe in Gladbeck.

Fachgebiet

Zum Artikel

Der klinische Schnappschuss

Alle Leserbriefe zum Thema

Stellenangebote