

In der neuen S3-Leitlinie wird unter anderem der Stellenwert von Pivmecillinam und Nitroxolin bei der empirischen Therapie von unkomplizierten Zystitiden hervorgehoben (1). Dies begrüßen wir, denn beide Substanzen erfassen ein relevantes Keimspektrum, haben eine gute Pharmakodynamik und -kinetik und können zur Senkung des Resistenzselektionsdruckes beitragen. Allerdings steckt die diagnostisch-klinische Mikrobiologe in einem Dilemma, denn klinische Grenzwerte zur Interpretation der Resistenztestung sind nur begrenzt für diese Substanzen verfügbar. In der CLSI-Richtlinie finden sich nur Grenzwerte für Mecillinam (der aktiven Substanz des Prodrugs Pivmecillinam) zur Testung von Escherichia coli (2). EUCAST hingegen liefert Grenzwerte für Mecillinam zur Testung von E. coli, Klebsiella sp. und Proteus mirabilis. EUCAST-Grenzwerte für Nitroxolin gibt es aktuell nur für E. coli (3). Andere Erreger von Harnwegsinfektionen (zum Beispiel Enterobacter sp., Citrobacter sp., Staphylococcus sp. und Enterococcus sp.) sind nicht berücksichtigt. Das Problem wird zudem dadurch verschärft, dass Mecillinam und Nitroxolin in den gängigen Testpanels der automatisierten Empfindlichkeitstestung bis auf eine Ausnahme nicht enthalten sind.
Dies führt dazu, dass Mecillinam und Nitroxolin nur eingeschränkt getestet werden können und mikrobiologische Labore daher die klinisch-tätigen Kolleginnen und Kollegen nur unbefriedigend bei der gezielten Therapie von Zystitiden mit Pivmecillinam oder Nitroxolin unterstützen können.
Das Dilemma kann in Zukunft nur gelöst werden, wenn Interpretationsrichtlinien zur Resistenztestung von Mecillinam und Nitroxolin gegenüber allen relevanten Erregern etabliert werden und diese Substanzen in den kommerziellen Testpanels zur automatisierten Resistenztestung berücksichtigt sind. Es wäre wünschenswert, wenn das Nationale Antibiotika-Sensitivitätstest-Komitee (NAK, www.nak-deutschland.org) Vorschläge zum Umgang bei fehlenden Grenzwerten machen könnte, bis internationale Vorgaben vorliegen.
DOI: 10.3238/arztebl.2018.0191a
Prof. Dr. med. Frieder Schaumburg
Prof. Dr. med. Karsten Becker
Institut für Medizinische Mikrobiologie
Universitätsklinikum Münster
Frieder.Schaumburg@ukmuenster.de
Prof. Dr. med. Sören G. Gatermann
Institut für Hygiene und Mikrobiologie
Ruhr-Universität Bochum
Interessenkonflikt
Prof. Gatermann erhielt Honorare für die Vorbereitungen von wissenschaftlichen Tagungen sowie Sachmittelunterstützung für eine von ihm initiiertes Forschungsvorhaben von Beckmann Coulter und bioMérieux.
Prof. Schaumburg und Prof. Becker erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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