ArchivDeutsches Ärzteblatt13/2018Recht: Nebenbei Notarzt? Was es dann zu beachten gilt!

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Recht: Nebenbei Notarzt? Was es dann zu beachten gilt!

Staufer, Andreas

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„Im Rettungsdienst steht man sowieso stets mit einem Bein im Gefängnis“, heißt es oft. So drastisch ist es zwar nicht. Doch gibt es einiges zu beachten, woran so mancher Arzt vielleicht noch gar nicht gedacht hat.

Foto: Tobias Arhelger/stock.adobe.com
Foto: Tobias Arhelger/stock.adobe.com

Wann und wer als Notarzt zum Einsatz kommt, regeln zunächst die Bundesländer in ihren Landes-Rettungsdienstgesetzen. Ein Notarzt sollte natürlich über die erforderliche Qualifikation verfügen. Auch diese ist landesrechtlich geregelt. Die Voraussetzungen sind als Zusatzweiterbildung Notfallmedizin der jeweiligen Weiterbildungsordnung zu entnehmen. Ärzte in der Qualifizierung zur Notfallmedizin sollten bei einem Wechsel des Bundeslandes beachten, dass sich die Weiterbildungsordnungen teils erheblich unterscheiden. Eine Gesetzessammlung Rettungsdienst mit weiteren Informationen finden Interessierte unter: www.rettungsdienstgesetze.de.

Angestellt oder selbstständig?

Weiterhin sind heute einige Rechtsfragen dazu ungeklärt, ab wann Notärzte in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tätig sind. Wichtig: Die Bezeichnung im Vertrag allein genügt nicht bei der rechtlich einwandfreien Abgrenzung.

Oft fahren Notärzte aus dem Klinikbetrieb heraus, sind in wechselnde Dienstpläne eingeteilt oder springen zwischen Einsatz, Notaufnahme und Station. Das spricht meist für ein Anstellungsverhältnis, selbst wenn der Arzt über einen Notarztpool oder andere Konstellationen vergütet wird. Die Folgen: Notärzte können dann die Rechte eines Angestellten für sich beanspruchen. Darüber hinaus kann das Dienstverhältnis sozialversicherungspflichtig sein. Für den Arbeitgeber sind die Folgen gravierender. Neben der mehrjährigen Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, der Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile, droht ein Strafverfahren. Auch die vielfach angenommene freie Wahl des Arbeitsplatzes oder der Arbeitszeiten genügt nicht, um eine Versicherungsfreiheit zu begründen. Es kommt auf eine Gesamtschau an. Beim Klären der Frage, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, kann im Vorfeld mit äußerstem Bedacht und guter Vorbereitung ein kostenfreies Clearingverfahren helfen.

Die Klinikleitung sollte sich davor hüten, PJ-Studenten allein als Notärzte auf die Straße zu schicken. Selbst wenn in einem Fall ein Notarzt fehlt und daher nicht ausrücken kann, bleibt es dabei: Ein Student im Praktischen Jahr ist kein Arzt. Sämtliche ärztliche Tätigkeiten sind in diesem Fall rechtswidrig.

Freiberufliche Notärzte

Angestellte Ärzte, die freiberuflich als Notarzt tätig sind, sollten prüfen, ob sie über eine Nebentätigkeitserlaubnis ihres Arbeitgebers verfügen. Einkünfte aus der notärztlichen Tätigkeit sind darüber hinaus zu versteuern. Sind die Notärzte freiberuflich unterwegs, sollten sie sich einer hinreichenden Berufshaftpflichtversicherung sicher sein. Nicht in allen Bundesländern gilt das Amtshaftungsprinzip und selbst dort ist eine Berufshaftpflichtversicherung vorteilhaft und meist berufsrechtlich vorgegeben.

Selbst wenn freiberufliche Notärzte keiner Arbeitszeitenregelung unterliegen, so dürfen auch sie sich nicht überschätzen. Nach 48 Dienststunden ohne Pause neigt sich die Konzentration dem Ende zu, meist schon viel früher. Auch Alkohol, Drogen und beeinflussende Medikamente sind tabu. Fehler, die durch Übermüdung oder Alkoholisierung entstehen, sind unverzeihlich.

Auch die unterschiedlichen Medizinprodukte des Rettungsdienstes sollte der Notarzt kennen und darin eingewiesen sein, wenn er sie bedienen will.

Vergütungsstruktur

Die Vergütung der Notärzte könnte unterschiedlicher nicht sein. So ist es beispielsweise in manchen Bundesländern möglich, gegenüber dem Träger abzurechnen. In anderen wiederum wird gegenüber dem privat versicherten Patienten nach GOÄ abgerechnet oder bei gesetzlich versicherten Patienten gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung. Notärzte sollten darauf achten, ihre Abrechnung korrekt zu gestalten, um nicht in die Gefahr des Abrechnungsbetrugs zu geraten.

Dokumentation

Ärzte sind berufsrechtlich zur Dokumentation verpflichtet. Auch die Landesrettungsdienstgesetze machen Vorgaben dazu. Sie ist verpflichtend als Rechenschaftspflicht des Arztes gegenüber dem Patienten und hat mehrere Funktionen: Sie dient der Information der nachbehandelnden Ärzte und damit der Therapiesicherung, der Gedächtnisstütze des Arztes für spätere Nachfragen. Auch ist sie Grundlage für die Abrechnung der ärztlichen Leistung. Die Dokumentation sollte stets so formuliert sein, dass sie selbst in einem Jahre später anhängigen Verfahren noch als Gedächtnisstütze dienen kann. So lassen Formulierungen wie „Zustand nach Sturz“ nicht erkennen, ob diesem ein chirurgisches, internistisches oder neurologisches Ereignis vorausgegangen ist.

Schweigepflicht und Datenschutz

Der Notarzt sollte sich seiner ärztlichen Schweigepflicht und des Datenschutzes bewusst sein. Immerhin erfährt er Geheimnisse des Patienten und erhebt besonders sensible personenbezogene Daten. Tratschen auf der Wache oder in der Notaufnahme mit nicht am Einsatz Beteiligten ist sowieso tabu, wenn dadurch Patientengeheimnisse unberechtigt offenbart werden. Dies gilt selbst dann, wenn der Patient nicht namentlich genannt, aber durch hinführende Merkmale identifizierbar wird. Vor allem der freiberuflich tätige Notarzt sollte seine Dokumentation sichern. Es gilt nicht nur, sie vor dem Zugriff Dritter zu schützen, sie vor Verlust zu bewahren sowie Daten ausschließlich bei Berechtigung an Dritte zu übermitteln. Sie müssen auch nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen gelöscht oder vernichtet werden.

Nicht sämtliche Vorgaben der Kostenträger sind rechtlich zulässig. Manchmal kann es sich lohnen, die Rechtsgrundlage für die Notwendigkeit der Datenerhebung und deren Übermittlung zu hinterfragen. Selbst an die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen müssen und dürfen Notärzte personenbezogene Daten nur dann herausgeben, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen.

Zuweisungen

Letztlich ist zu bedenken, dass Zuweiserprämien in Krankenhäuser oder auch zu Ärzten und anderen Einrichtungen einen Korruptionsstraftatbestand erfüllen können. Auch die bevorzugte Zuweisung in weniger geeignete oder weiter entferntere Häuser ohne hinreichenden Grund kann zu Haftungs- und Regressansprüchen sowie zur Strafverfolgung führen. Fortbildungen zum Recht der Notärzte können sich daher durchaus lohnen.

Dr. Andreas Staufer

Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Informationstechnologierecht

FASP Finck Sigl & Partner

80336 München

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