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Psychosomatische Medizin: Gewalt in der Kindheit erhöht Diabetesrisiko


Extrem belastende Ereignisse in der Kindheit wie sexueller Missbrauch, körperliche Gewalt oder emotionale Vernachlässigung können die psychische und die körperliche Gesundheit nachhaltig beeinträchtigen. „Es mehren sich Studien, die zeigen, dass traumatische Kindheitserlebnisse auch das Risiko für die Entwicklung von Diabetes erhöhen“, erklärte Prof. Dr. med. Johannes Kruse, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (DGPM) anlässlich des Jahreskongresses seiner Fachgesellschaft.
Vor allem bei Menschen, bei denen vier und mehr belastende Faktoren zusammenkommen, steige das Risiko für Diabetes um 60 Prozent. Dabei griffen mehrere psychische und biologische Prozesse ineinander. „Das Trauma beeinflusst das Selbstwertgefühl und die Affektregulation“, erläuterte Kruse. Das wiederum habe Auswirkungen auf den Lebensstil der Betroffenen. Nicht selten versuchten sie ihre negativen Gefühle durch Rauchen, vermehrtes Essen oder Alkoholkonsum zu bewältigen. Gleichzeitig schränkten die Betroffenen ihren sozialen Umgang ein und kapselten sich ab. Erhöhte Kalorienzufuhr kombiniert mit Bewegungsmangel gilt als Hauptrisikofaktor für Typ-2-Diabetes.
Durch extreme Belastungen würden aber auch neurobiologische, immunologische und das Darmmikrobiom betreffende Veränderungen in Gang gesetzt, die das Diabetesrisiko beeinflussen, erklärte der DGPM-Vorsitzende. „Eine zentrale Rolle spielt das Stresshormon Cortisol, das unter starker Belastung verstärkt ausgeschüttet wird.“ Halte der Stresszustand an, könne sich die Blutzuckerregulation verschlechtern. Auch das Immunsystem schütte unter Cortisoleinfluss verstärkt entzündungsfördernde Enzyme aus. „Es liegt daher nahe, dass ein Teil der Diabetespatienten von einer Psychotherapie profitieren kann“, sagte Kruse. „Die Forschungsergebnisse der letzten Jahre sprechen jedenfalls dafür.“ PB
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