ArchivDeutsches Ärzteblatt15/2018Lebenserwartung von Typ-2-Diabetikern in Deutschland: Das Sterblichkeitsrisiko ist fast doppelt so hoch wie in der Normalbevölkerung

MEDIZINREPORT: Studien im Fokus

Lebenserwartung von Typ-2-Diabetikern in Deutschland: Das Sterblichkeitsrisiko ist fast doppelt so hoch wie in der Normalbevölkerung

Siegmund-Schultze, Nicola

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Foto: Joachim Wendler/stock.adobe.com
Foto: Joachim Wendler/stock.adobe.com

Um die Sterblichkeit von Typ-2-Diabetikern in Deutschland mit der der alters- und geschlechtsstandardisierten Bevölkerung ohne Typ-2-Diabetes zu vergleichen, haben Forscher am Robert Koch-Institut in Berlin und am Deutschen Diabetes-Zentrum in Düsseldorf Daten aus dem Bundes-Gesundheitssurvey 1998 (BGS98; 1998–2010) ausgewertet. Das mediane Follow-up betrug 12,0 Jahre.

6 550 Teilnehmer (18–79 Jahre) wurden in die Auswertung eingeschlossen, entsprechend 75 994 Personenjahren. 575 Teilnehmer hatten zu Studienbeginn Diabetes, davon 330 eine bereits bekannte Erkrankung und 245 eine undiagnostizierte (HbA1c ≥ 6,5 %). Die übrigen 5 975 waren Nichtdiabetiker. Von den Teilnehmern ohne Diabetes starben im Beobachtungszeitraum 425 (7,1 %), bei den Diabetikern waren es 176 (30,6 %), davon 73 mit zuvor unbekannter Erkrankung und 103 mit diagnostizierter. Diabetiker hatten ein um den Faktor 1,82 erhöhtes alters- und geschlechtsstandardisiertes Mortalitätsrisiko (Mortality Rate Ratio [MRR]): 1,82; 95-%-Konfidenzintervall [95-%-KI] [1,45; 2,28]. Die MRR in der Altersgruppe ab 45 Jahre betrug 1,96 [1,41; 2,71] für undiagnostizierte Diabetiker und 1,68 [1,26; 2,23] für diagnostizierte. In niedrigen Altersgruppen war die MRR für Diabetiker stärker erhöht.

Hier gab es vor allem geschlechtsspezifische Unterschiede: Männer ab 45 Jahre hatten bei nichtdiagnostizierter Erkrankung ein doppelt so hohes Sterblichkeitsrisiko (MRR: 2,06 [1,43; 2,97]) und bei diagnostiziertem Diabetes betrug die MRR in dieser Altersgruppe 1,70 [1,10; 2,63]. Für Frauen lag die MRR bei jeweils 1,56. Die Zahl der verlorenen Lebensjahre bei diagnostizierter Erkrankung wurde auf 164 600 für Frauen im Jahr 2010 geschätzt und auf 169 900 bei Männern, insgesamt 334 500 verlorene Lebensjahre.

Fazit: In Deutschland haben Erwachsene mit Typ-2-Diabetes im Vergleich zu Nichtdiabetikern ein fast doppelt so hohes geschlechts- und altersstandardisiertes Sterblichkeitsrisiko. Die Übersterblichkeit ist in jüngeren Altersgruppen und bei Männern ausgeprägter als in höheren Altersgruppen und bei Frauen. Nach Meinung der Autoren weisen die Ergebnisse auf großen Verbesserungsbedarf im Bereich Diabetes hin.

Eine Schlüsselrolle habe die Prävention der Erkrankung durch Reduktion von Risikofaktoren. Aber auch die Früherkennung und die therapeutische Versorgung müssten intensiviert werden. Die flächendeckend implementierten Disease-Management-Programme reichten offenbar nicht aus, so die Forscher.

Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

Röckl S, Brinks R, Baumert J, et al.: All-cause mortality in adults with and without type 2 diabetes: findings from the national health monitoring in Germany. BMJ Open Diabet Res & Care 2017; 5: e0004519.

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