ArchivDeutsches Ärzteblatt17/2018Migräneprophylaxe: Bald mit Biologika

MEDIZINREPORT

Migräneprophylaxe: Bald mit Biologika

EB

Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...
LNSLNS

Vier spezifisch zur Migräneprophylaxe entwickelte monoklonale Antikörper blockieren die Effekte des Neuropeptids CGRP und modulieren die Weiterleitung von Schmerzsignalen ins Gehirn.

Zur Prophylaxe von Migräneattacken kommen seit Jahrzehnten multimodale Behandlungskonzepte, bestehend aus Verhaltenstherapie und Medikamenten, zum Einsatz. Einen neuen Therapieansatz bieten demnächst monoklonale Antikörper, die gezielt über eine Blockade des Neuropeptids CGRP die Weiterleitung von Schmerzsignalen modulieren.

Untersuchungen haben gezeigt, dass das Neuropeptid CGRP (Calcitonin-Gene-Related-Peptide) eine wesentliche Rolle in der Migränepathophysiologie spielt. So haben Patienten bei einer Attacke einen erhöhten CGRP-Spiegel, umgekehrt löst eine CGRP-Injektion eine Attacke aus. Hier setzten aktuelle Forschungen an: Wenn es gelänge, CGRP entweder abzufangen oder die Rezeptoren zu blockieren, wäre die Migräne gebannt.

Tatsächlich gibt es aktuell vier spezifisch zur Migräneprophylaxe entwickelte monoklonale Antikörper, die die Effekte des CGRP bei der Entstehung einer Migräne blockieren und die Weiterleitung von Schmerzsignalen in Trigeminuskern und Gehirn modulieren. 3 der Antikörper (Galcanezumab, Fremanezumab, Eptinezumab) richten sich direkt gegen CGRP, Erenumab blockiert den CGRP-Rezeptor. Eptinezumab wird alle 3 Monate intravenös injiziert, die anderen Antikörper entweder monatlich oder im Abstand von 3 Monaten subkutan verabreicht.

Auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag in Frankfurt/Main präsentierte Priv.-Doz. Dr. med. Charly Gaul, Königstein, Daten für Erenumab. An der Phase-III-Studie mit dem primären Endpunkt „Veränderung der mittleren monatlichen Migränetage von der Baseline“ nahmen 955 Patienten über 6 Monate teil. Die Patienten litten vor der Behandlung im Mittel an 8,3 Tagen/Monat (4–14 Tage/pro Monat) an Migräneattacken. Eine Gruppe erhielt 70 mg Erenumab monatlich, die zweite die doppelte Dosis. Der dritte Studienarm erhielt Placebo.

Monatliche Attacken halbiert

Bei Patienten unter der höheren Erenumab-Dosis von 140 mg monatlich subkutan, reduzierten sich die Migränetage signifikant um 3,7 Tage. Mit 70 mg Erenumab waren es 3,2 Tage weniger. Patienten unter Placebo hatten im Durchschnitt nur 1,8 weniger monatliche Migränetage. Etwa 50 % der Erenumab-Patienten mit 140 mg konnten ihre monatlichen Attacken halbieren.

Mit 70 mg Erenumab gelang die Reduktion der Migräneattacken um die Hälfte bei 43,3 % der Migränepatienten, unter Placebo waren es 26,6 %. Hinsichtlich Sicherheitsprofil und Nebenwirkungen scheint der CGRP-Antikörper mit Placebo vergleichbar. „Auffällig war die erhebliche Anzahl von Patienten, die ausgesprochen gut und sofort angesprochen haben“, so Gaul. Dauerte es mit bisherigen Prophylaxemedikamenten Wochen bis Monate, ehe ein Ansprechen spürbar wurde, waren es bei der CGRP-Antikörper-Therapie nur Tage. „Das ist ein Phänomen, das wir so noch bei keiner Prophylaxe gesehen haben.“

Nach Ansicht von Dr. med. Astrid Gendolla, Essen, erzielt eine Kombination aus Verhaltenstherapie und Medikation die besten Ergebnisse. Die DGS-Vizepräsidentin setzt neben Pharmakotherapien auch auf nichtmedikamentöse, verhaltenstherapeutische Verfahren. „Ich halte nach wie vor an der multimodalen Therapie fest“, so Gendolla auf dem Komgress. EB

Themen:

Fachgebiet

Zum Artikel

Der klinische Schnappschuss

Alle Leserbriefe zum Thema

Stellenangebote