

Im krassen Widerspruch zu unserer Erfahrung betont der Artikel den Abklärungsbedarf bei Empty Sella (1). Um eine Datenbasis zu bekommen, wurde daher in unserer Praxis eine retrospektive Ad-hoc-Recherche an 100 Patienten durchgeführt (Scandatum 15.–26. 2. 2018). Einschlusskriterium war die Bildgebung mithilfe der Magnetresonanztomographie des Schädels in jedweder Indikation außer Hypophysenerkrankung. Es wurde in der T1 sagittal die kraniokaudale Höhe der Sella turcica und die Höhe der Hypophyse ausgemessen und die prozentuale Füllung der Sella berechnet.
Die erfassten Patienten waren im Schnitt 54 Jahre alt (15– 90), 55 % weiblich. Die Höhe der Hypophyse betrug im Schnitt 4,52 mm (95-%-Konfidenzintervall [4,3; 4,8]), die Füllung der Sella war im Schnitt 66 % [62; 70]). Die Höhe der Hypophyse nimmt mit dem Alter ab (Pearson Korrelationskoeffizient −0,2, p < 0,001). 13 der 100 hormonell klinisch unauffälligen Patienten hatten eine Hypophysenfüllung unter 50 %, hätten also in der Definition des Artikels eine komplette Empty Sella diagnostiziert bekommen, während 80 Patienten definitionsgemäß eine inkomplette Empty Sella hätten.
Wie könnte man sich nun die Diskrepanz zwischen unseren Daten und dem Artikel erklären?
1. Die Definition der Empty Sella von Auer et al. (1) ist problematisch: Sie würde in unserem Patientengut bei 80 % der Patienten eine inkomplette Empty Sella bedeuten.
2. Im Gegensatz zu uns verwendeten Auer et al. hochselektierte Populationen in endokrinologischen Universitätskliniken (2, 3). Die Prätestwahrscheinlichkeit (Prävalenz der gesuchten Erkrankung) beeinflusst aber die Relevanz von Testergebnissen.
Zusammenfassend wird von uns die Empfehlung intensiver Hormondiagnostik bei der häufigen Empty Sella für problematisch gehalten, weil Überdiagnostik teuer und potenziell patientengefährdend ist.
DOI: 10.3238/arztebl.2018.0324c
Prof. Dr. med. Wolfgang Freund
Dr. med. Thomas Nonn
88400 Biberach
freund-ulm@t-online.de
PD Dr. med. Frank Weber
82256 Fürstenfeldbruck
Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
1. | Auer MK, Stieg MR, Crispin A, Sievers C, Stalla GK, Kopczak A: Primary empty sella syndrome and the prevalence of hormonal dysregulation—a systematic review. Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 99–105 VOLLTEXT |
2. | de Marinis L, Bonadonna S, Bianchi A, Maira G, Giustina A: Primary empty sella. J Clin Endocrinol Metab 2005; 90: 5471–7 CrossRef MEDLINE |
3. | Lupi I, Manetti L, Raffaelli V, et al.: Pituitary autoimmunity is associated with hypopituitarism in patients with primary empty sella. J Endocrinol Invest 2011; 34: e240–4 MEDLINE |
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