ArchivDeutsches Ärzteblatt18/2018Psychopharmaka in der Palliativmedizin: Diskussionswürdige Praxis

MEDIZINREPORT

Psychopharmaka in der Palliativmedizin: Diskussionswürdige Praxis

Stübner, Susanne; Grohmann, Renate; Eckermann, Gabriel; Hiemke, Christoph; Lorenzl, Stefan

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Die für die Palliativmedizin ausgewählten Dosierungen von Psychopharmaka – wie Haloperidol und Levomepromazin – sind aus psychiatrischer Sicht zu hoch. Die Autoren empfehlen deshalb einen intensivierten Dialog zwischen Palliativmedizinern, klinischen Pharmakologen und Psychiatern.

Foto: psdesign1/stock.adobe.com
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In der Palliativmedizin kommen verschiedene Arzneimittel in unterschiedlichen Darreichungsformen zum Einsatz, darunter auch Psychopharmaka. Da aussagekräftige Studien fehlen, werden viele „Off-Label“ angewendet. Speziell im Hinblick auf die Arzneimittelsicherheit erscheinen einige Aspekte der derzeitigen Praxis diskussionswürdig, zum Beispiel die Verwendung der Substanzen Haloperidol und Levomepromazin. Dabei fließen die umfangreichen Erfahrungen des Projekts Arzneimittelsicherheit in der Psychiatrie (AMSP) ein, das seit 1993 fortlaufend schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) bei stationären psychiatrischen Patienten unter klinischen Bedingungen (1, 2, 3) erfasst. So wurden bis 2016 von etwa 470 000 Patienten aus 116 Kliniken etwa 8 500 Fälle schwerer UAW erfasst.

Aktueller Stand

Palliativmedizinisch werden verschiedene Arzneimittel verwendet, vor allem Substanzen zur Bekämpfung von Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Angst und Unruhe (4, 5). In den Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation werden 9 Substanzen aufgeführt (6): Amitriptylin, Dexamethason, Diazepam, Fluoxetin, Haloperidol, Ibuprofen, Lorazepam, Metoclopramid und Morphin. Diese Arzneimittel werden auch kombiniert angewandt und als subkutane Infusionen verabreicht (4, 5, 7). Subkutane Applikationsformen gelten als besonders vorteilhaft, da sie eine verlässliche Absorption bieten und es ermöglichen, Patienten zu Hause zu behandeln und mehrere Substanzen zu kombinieren. Durch die Dauerapplikation werden wiederholte, unter Umständen schmerzhafte Injektionen überflüssig (7).

Die subkutane Arzneimittelanwendung wird im Allgemeinen als äquipotent zur intravenösen gesehen, die entsprechenden Dosierungen bleiben daher unverändert (8, 9). Allerdings fehlen Studien, die diese Annahme belegen – sowohl für Normalprobanden als auch für onkologische Patienten.

Haloperidol

Haloperidol ist primär ein hochpotentes, stark gegen Wahnsymptomatik wirksames Antipsychotikum. Es wurde bereits 1958 entwickelt, sodass auf umfangreiche Erfahrungen in der klinischen Anwendung zurückgegriffen werden kann.

Haloperidol verfügt neben der deutlichen antipsychotischen auch über eine geringere sedative und eine antiemetische Wirkkomponente und ist unter anderem für folgende Indikationen und Dosierungen zugelassen (in unterschiedlicher Darreichungsform): Erbrechen (1–3 mg/die); psychische Erkrankungen aufgrund eines organischen Leidens (Beginn mit 1–5 mg/die); akute und chronische schizophrene Syndrome und akute seelisch-körperliche Erregungszustände (Beginn mit 5–10 mg/die). Bei älteren oder hirnorganisch vorgeschädigten Personen wird zur Anwendung niedriger Dosierungen und zu einem einschleichenden Ansetzen geraten (Beginn mit Einzeldosen von 0,5–1,5 mg pro Tag).

Die apparente Eliminationshalbwertszeit liegt zwischen 13 und 23 Stunden. Es gibt Hinweise auf eine Erhöhung der Halbwertszeiten bei älteren Personen (10, 11). Haloperidol führt hauptsächlich zu einer Blockade von D2-Dopamin-Rezeptoren. Bereits 1992 wies eine Studie nach, dass bei gesunden Personen nach einer Gabe von 7,5 mg bereits 80–90 % der Dopamin-D2-Rezeptoren besetzt sind (12). Insofern sahen einige Arbeiten Dosierungen von bis zu 4 mg bei schizophrenen Patienten bereits als in der Regel ausreichend an, zumindest bei Ersterkrankten (13).

Unerwünschte Wirkungen

Im Kontext der Palliativmedizin erscheinen die sehr häufig auftretenden extrapyramidalmotorischen Störungen (EPMS) von Relevanz, vor allem die klinische Untergruppe der Parkinsonoide, deren Auftreten in der Fachinformation bereits als „häufig“ (≥ 1/100 bis < 1/10) angegeben wird. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens dieser Störungen ist bei entsprechender Vulnerabilität – also hirnorganischer Vorschädigung – erhöht (14, 15). In der Klinik beobachtet man zudem das Phänomen, dass akut psychotisch erkrankte Personen oftmals hohe Dosen gut vertragen, bei Besserung ihrer psychotischen Grunderkrankung jedoch beginnen, UAW zu entwickeln. Bei psychisch gesunden Personen ist mit einer höheren Wahrscheinlichkeit mit UAW zu rechnen als bei Kranken.

Projekt Arzneimittelsicherheit

Nach Daten des Projekts Arzneimittelsicherheit in der Psychiatrie (AMSP) haben sich die Anwendungs- und Dosierungsgewohnheiten über die letzten Jahre deutlich geändert (16): Haloperidol hat nach wie vor einen festen Platz in der Akutpsychiatrie, rangiert jedoch nicht mehr (wie bis 1998) an erster Stelle der am häufigsten gegebenen Antipsychotika; seit 2010 ist es nicht mehr unter den 5 am häufigsten gegebenen Medikamenten dieser Stoffklasse vertreten. Grund für diese Entwicklung dürfte unter anderem das häufige Auftreten von EPMS sein: Nach einer früheren Studie entwickeln 56 % aller Patienten unter Haloperidol EPMS (in 49 % der Fälle mit therapeutischen Konsequenzen), 27,5 % Parkinson-Syndrome, 22 % akute Dyskinesien und 14,4 % Akathisien (17). Auch die Dosierungspraxis hat sich deutlich verändert: Von 1979–1989 lag die mittlere Dosis bei 15 mg, 2009 bei 7,5 mg und 2015 bei 5 mg.

Interaktionen

Haloperidol wird hauptsächlich über die Cytochrom-P450-(CYP-) Enzyme 2D6 und 3A4 verstoffwechselt (18). Es besteht auch im palliativmedizinischen Kontext ein klinisch relevantes pharmakokinetisches Interaktionsrisiko. Bei gleichzeitiger Gabe von Medikamenten, die CYP2D6 inhibieren (z. B. Levomepromazin), kann durch eine Abbauhemmung der Plasmaspiegel von Haloperidol erhöht und dessen Wirkung (und UAW) verstärkt werden (19, 20). Es besteht auch ein pharmakodynamisches Interaktionsrisiko. Die Anwendung von Haloperidol in Kombination mit Arzneimitteln, die das QTc-Intervall verlängern, ist kontraindiziert.

Kommentar: Da auch andere Antipsychotika EPMS induzieren können, ist bei deren Kombination in der Palliativmedizin mit einem mehrfach additiven pharmakodynamischen Interaktionspotenzial zu rechnen. Schwächer als Haloperidol, unter Umständen (z. B. bei hirnorganischer Vorschädigung) ebenfalls relevant, verfügen auch andere neuroleptisch wirksame Substanzen (z. B. auch Metoclopramid) über ein entsprechendes Nebenwirkungsprofil (19, 20).

Aus psychiatrischer Sicht erscheinen die angegebenen Haloperidol-Dosierungen für die Anwendung in der Palliativmedizin problematisch, da zu hoch.

Die im palliativmedizinischen Lehrbuch aufgeführte Dosierung „zur Sedierung“ von Palliativpatienten entspricht derjenigen, die in der Psychiatrie in akuten Notfallsituationen vorgesehen ist – was aus psychiatrischer Sicht unverhältnismäßig erscheint. Für die angegebene Indikation „Sedierung bei Sterbenden“ erscheint keine derart hohe Dosierung indiziert. Eine solche kann neben EPMS auch schwerwiegende kardiale Nebenwirkungen (maligne Rhythmusstörungen) nach sich ziehen, die letztendlich das Sterben beschleunigen.

Im Rahmen einer australischen Studie, die die Wirkung von Halo-peridol und Risperidon zur Delirbehandlung von Palliativpatienten untersuchte (21), wurden bei den unter 65-Jährigen nur bis 4 mg und bei älteren Patienten nur bis 2 mg Haloperidol verwendet.

Das Risiko von EPMS muss angesichts der hohen Dosierung und der zu behandelnden Klientel (multimorbid, hochbetagt, polypharmakologisch behandelt, reduzierte Stoffwechsel- und Eliminationsleistung) als deutlich erhöht betrachtet werden. Es ist zu befürchten, dass bei den schwerst kranken Patienten durch hohe Dosen von Antipsychotika iatrogen eine Bewegungseinschränkung bis -unfähigkeit induziert wird. EPMS wie Parkinsonoide können außerordentlich belastend sein. Einige Betroffene sagen, sie fühlten sich „wie eingemauert“. Bei bettlägerigen Patienten können akinetisch betonte Parkinsonoide klinisch unauffällig bleiben (oder nicht bemerkt werden), aber für den Betroffenen dennoch sehr beklemmend sein. Bei ausgeprägten UAW könnten Äußerungen von Beschwerden oder etwaige Proteste den betreffenden Patienten sogar nicht mehr möglich sein.

Die WHO-Empfehlungen zur Anwendung von Haloperidol im palliativmedizinischen Einsatz sehen für die Indikation eines Delirs eine Dosierung von 5 mg als Injektion vor bzw. 2 mg in Tropfen oder 0,5 mg, 2 mg oder 5 mg in Tablettenform (6). Demgegenüber erwähnt eine spanische Arbeitsgruppe bei anti-emetischer Indikation eine Dosierung von 0,5–20 mg/die, bei Indikation eines Delirs 1–20 mg/die (5). Ein deutsches Lehrbuch empfiehlt zur Indikation „Sedierung bei Sterbenden“ eine anfängliche Dosis von 2,5–5 mg stündlich (entsprechend einer Tagesdosis von bis zu 120 mg) bei Bedarf (bei älteren Patienten 1–2,5 mg alle 4 Stunden) und als Erhaltungsdosis 5–15 mg/die als kontinuierliche Infusion subkutan oder intravenös (22).

Levomepromazin

Auch Levomepromazin ist primär ein psychopharmakologisches Medikament, ein niedrigpotentes, das heißt schwach gegen Wahnsymptomatik wirksames, aber deutlich sedierendes Antipsychotikum, das auch über eine analgetische Wirkkomponente verfügt.

Levomepromazin entwickelt neben einer schwachen Blockade von D2- und D3-Rezeptoren eine stark anticholinerge und stark adrenolytische Wirkung. Die Halbwertszeit liegt bei etwa 24 Stunden (15). Levomepromazin ist zugelassen zur Dämpfung psychomotorischer Unruhe- und Erregungszustände im Rahmen psychotischer Störungen, bei akuten Erregungszuständen bei manischen Episoden, zur Behandlung von schweren und/oder chronischen Schmerzen als Kombinationstherapie.

Für die ambulante Behandlung wird (einschleichend mit 15–30 mg/die auf 3 Einzeldosen verteilt) eine Gesamtdosis bis 75–100 mg/die empfohlen; für die stationäre Behandlung von Psychosen einschleichend 75–100 mg/die (wiederum in 3–4 Einzeldosen verteilt), die auf bis zu 300 mg gesteigert werden können. Bei schweren Psychosen können insgesamt bis zu 600 mg/die gegeben werden. Zur parenteralen Behandlung starker Erregungszustände sind Einzeldosen von 25–50 mg tief intramuskulär vorgesehen (bis zu 100–150 mg/die).

Zur stationären Behandlung schwerer Schmerzzustände wird ein einschleichender Beginn mit 25–75 mg/die vorgeschlagen, wobei eine langsame Steigerung auf bis zu 300 mg/die möglich ist. Explizit ist vermerkt, dass bei Älteren und Patienten mit Leber- und Nierenfunktionsstörungen die Dosis mit besonderer Vorsicht angepasst werden muss, „da mit verstärktem Auftreten von Nebenwirkungen zu rechnen ist“.

Unerwünschte Wirkungen

Im Kontext der Palliativmedizin sind die – bei stark adrenolytischem und anticholinergem Effekt – sehr häufig auftretenden UAW Müdigkeit und Kreislaufstörungen (besonders orthostatische Dysregulationen) sowie die delirogene Wirkung relevant. Das Potenzial zur Entwicklung von EPMS unter Levomepromazin wird kontrovers diskutiert: Einerseits werden sie in der Fachinformation als häufig auftretend aufgeführt, andererseits wurde sogar ein gewisses protektives Potenzial (über die anticholinerge Wirkung) erwogen (17). Als Besonderheit ist explizit vermerkt: „Subkutane, paravenöse und intraarterielle Injektionen sind zu vermeiden, da Gewebsschäden bis zum Totalverlust der betreffenden Extremität eintreten können.“

Projekt Arzneimittelsicherheit

In der klinischen Psychiatrie gehörte Levomepromazin vormals zu den häufig angewandten Medikamenten, wobei nach Daten des Projekts AMSP der Einsatz in den letzten Jahren deutlich zurückging. 1994 war die Substanz bei knapp 7 % aller mit Psychopharmaka behandelten Patienten zum Einsatz gekommen, 2015 nur mehr bei 1,4 %. Als Grund kann angenommen werden, dass die stark kreislaufdepressive Wirkung den Gebrauch verkomplizierte und günstigere neue Alternativen verfügbar wurden. Im AMSP-Projekt wurden UAW unter Levomepromazin in Kombination zumeist in Form von Krampfanfällen und Delirien erfasst, allein wurde es hauptsächlich für Hautveränderungen, Sedation und Herz-Kreislauf-Störungen verantwortlich gemacht.

In den letzten Jahren zeigte sich die Tendenz zu einer niedrigeren Dosierung, von 100 mg (Median) 1997 zu 95 mg (Median) im Jahr 2015.

Interaktionen

Levomepromazin wird unter Beteiligung von CYP1A2 und CYP2D6 metabolisiert und hemmt CYP2D6 (18). Damit kann es zu Spiegelerhöhungen von Substanzen, die über CYP2D6 abgebaut werden, führen (wie Haloperidol, aber auch „Internistika“ wie Metoprolol) führen. Neben diesen pharmakokinetischen kann es auch zu additiven pharmakodynamischen Effekten kommen – hinsichtlich EPMS mit anderen Antipsychotika, hinsichtlich der kreislaufdepressiven Wirkung mit Antihypertensiva.

Die in den verschiedenen Kontexten erwähnten Dosisempfehlungen für Levomepromazin sind sehr breit. Auch hier erscheinen die für die Palliativmedizin aufgeführten Dosierungen eher hoch gewählt. Zum Vergleich: Noch in den 1990er-Jahren war es klinische Praxis, akute Erregungszustände bei jungen und ansonsten gesunden psychotischen und/oder manischen Patienten mit einer Kombination aus Haloperidol 5–10 mg und Levomepromazin 25–50 mg zu behandeln, was in der Regel zu einer umgehenden und auch nachhaltigen Sedierung führte (etwa einen Tag bzw. eine Nacht).

Es stellt sich zudem die Frage, wie im palliativmedizinischen Kontext bei der subkutanen Infusion mit der gewebsschädigenden Wirkung von Levomepromazin umgegangen wird. In einer Veröffentlichung 2014 war vermerkt (4), dass 2 von 33 Patienten nach subkutaner Infusion von Levomepromazin über Brennen geklagt hatten.

In den WHO-Empfehlungen zur Palliativmedizin ist Levomepromazin nicht enthalten (6). Dennoch ist es ein gebräuchliches Medikament, es steht an 8. Stelle der Anwendungshäufigkeit (4). Eine spanische Arbeitsgruppe listet Levomepromazin mit den Indikationen Delir, Agitation, Angst, Nausea und Erbrechen in einer Dosierung von 25–300 mg/die auf (5). Ein deutsches Lehrbuch empfiehlt zur „Sedierung bei Sterbenden“ eine anfängliche Dosis von 2,5–5 mg s.c. als Bolus und stündlich (entsprechend einer Tagesdosis von bis zu 120 mg) bei Bedarf (bei älteren Patienten 2,5 mg), gegebenenfalls eine Auftitration. Die Erhaltungsdosis wird mit 50–300 mg/die als kontinuierliche subkutane oder intravenöse Infusion angegeben (22).

Fazit

  • In der Palliativmedizin sind UAW von Psychopharmaka relevant, insbesondere EPMS und kardiale Nebenwirkungen.
  • Die Konstellationen von Multimorbidität, Polypharmakotherapie, reduzierter Stoffwechsel- und Eliminationsleistung, hirnorganischer Dysfunktion und Immobilität sind prädisponierend für die Entwicklung von EPMS.
  • Werden langwirksamen Medikamente hoch dosiert und kombiniert, wird die Situation unübersichtlich und problematisch.
  • Die in der Palliativmedizin gewählten Dosierungen von Psychopharmaka erscheinen aus psychiatrischer Sicht zu hoch.
  • In manchen Fällen könnte ein therapeutisches Drug Monitoring (TDM) hilfreich sein, wie es in der Psychiatrie üblich ist (18). Solche Untersuchungen fehlen.

Priv.-Doz. Dr. med. Susanne Stübner

Klinik für Forensische Psychiatrie und
Psychotherapie. kbo-Isar-Amper-Klinikum,
München-Haar

Dr. med. Renate Grohmann

Dr. med. Gabriel Eckermann

Prof. Dr. med Christoph Hiemke

Prof. Dr. med. Stefan Lorenzl

Interessenkonflikt: Die Autoren PD Dr. Stübner, Prof. Hiemke, Prof. Lorenzl erklären, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

Dr. Eckermann gibt Vortragshonorare von den Firmen Axeleris, Germania, Janssen Cilag, Neuraxpharm, Pfizer und Servier an.

Dr. Grohmann gibt Drittmittel für das AMSP-
Programm durch folgende Firmen an: Abbott, AstraZeneca, Aventis Pharma, Bayer Vital, Boehringer Mannheim, Bristol-Myers-Squibb, Ciba Geigy, Desitin Arzneimittel, Duphar Pharma, Eisai, esparma, GlaxoSmithKline Pharma, Hoffmann-La Roche, Janssen-Cilag, Janssen Research Foundation, Knoll Deutschland, Lilly Deutschland, Lundbeck, Novartis Pharma, Nordmark Arzneimittel, Organon, Otsuka-Pharma, Pfizer, Pharmacia&Upjohn, Promonta Lundbeck Arzneimittel, Rhone-Poulenc Rohrer, Sanofi-Synthelabo, Sanofi-Aventis, Schering, SmithKline Beecham Pharma, Solvay Arzneimittel, Synthelabo Arzneimittel, Dr. Wilmar Schwabe GmbH, Thiemann Arzneimittel, Troponwerke, Upjohn, Wander Pharma, Wyeth-Pharma.

Der Beitrag unterliegt nicht dem Peer-Review-Verfahren.

Literatur im Internet:
www.aerzteblatt.de/lit1818
oder über QR-Code.

Palliativmedizin: Gute Erfahrungen mit Cannabis in Israel

In Israel, wo derzeit 30 000 Patienten Cannabis auf Rezept erhalten, sind die Erfahrungen überwiegend positiv. Nach einer aktuellen Umfrage unter Krebspatienten im European Journal of Internal Medicine konnten viele Krebspatienten durch die Behandlung mit medizinischem Cannabis auf Opioide verzichten.

Das israelische Gesundheitsministerium erlaubt die Verordnung von Cannabis seit 2007. Die meisten Patienten
erhalten es zur palliativen Behandlung von Krebserkran-kungen, wobei die Schmerzbehandlung im Vordergrund steht. Ein Team um Victor Nowack von der Ben-Gurion-Universität des Negev in Beer-Sheva hat 2 970 Krebspatienten, die zwischen 2015 und 2017 mit der Behandlung begannen, mehrfach nach ihren Erfahrungen befragt. Die Antworten fielen überwiegend positiv aus.

Der Anteil der Patienten, die ihre Schmerzen auf einer visuellen Analogskala mit 8–10 von maximal 10 einstufte, ist von 52,9 % vor Beginn der Behandlung auf unter 4,6 % gesunken. Gleichzeitig sagten 36,0 % der Patienten, dass sie die Opioide, die sie zuvor zur Schmerzbehandlung erhalten hatten, abgesetzt hätten, weitere 9,9 % hatten die Dosis reduziert. Etwa gleich viele Patienten hatten andere Schmerzmittel wie Steroide (31,7 %) oder Analgetika/Antipyretika (31,6 %) abgesetzt.

Unter der Cannabisbehandlung (und dem Opioidverzicht) besserten sich Übelkeit und Obstipation (die häufige Nebenwirkungen von Opiaten sind), sodass 67 % der Patienten auf Antiemetika und 31,5 % der Patienten auf La-xanzien verzichten konnten. Auch die Verordnung von Anxiolytika (23,8 % verzichteten darauf), und Hypnotika (25,4 % verzichteten darauf) ging zurück, was Nowack als einen Beleg dafür bewertet, dass Cannabis den Patienten geholfen hat, sich mit ihrer Krankheit abzufinden. Das sehen offenbar auch die Patienten so: Der Anteil, der die Lebensqualität als gut einstuften stieg von 18,7 auf 69,5 % – und das bei einer unheilbaren Krebserkrankung.

Die Verträglichkeit der Cannabispräparate, die in Israel hergestellt werden, scheint gut zu sein. Zwar gaben 30 % Nebenwirkungen wie Schwindel, Mundtrockenheit, Appetitlosigkeit, Schläfrigkeit oder psychoaktive Beschwerden an. Die meisten Patienten kamen jedoch mit den Nebenwirkungen zurecht und der Nachteil wurde durch das Entfallen der Nebenwirkungen anderer Medikamente mehr als aufgehoben.

Trotz der guten Ergebnisse warnt Novak (der in einem Editorial finanzielle Interessenkonflikte als Berater des größten Anbieters von medizinischem Cannabis angibt) davor, die Möglichkeiten von medizinischem Cannabis zu überschätzen. Die in den Massenmedien veröffentlichten Wundergeschichten über Allheilmittelwirkungen des Cannabis würden häufig zu Konfrontationen zwischen der Öffentlichkeit, die diese neue Behandlung fordert, und einem „konservativen“ medizinischen Establishment führen, die die Behandlung ablehnt. Rüdiger Meyer

Bar-Lev Schleider L, Mechoulam R, Ledermanal V, et al.; Prospective analysis of safety and efficacy of medical cannabis in large unselected population of patients with cancer. European Journal of Internal Medicine 2018; 49: 37–43. DOI: https://doi.org/10.1016/j.ejim.2018.01.023.

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