DEUTSCHER ÄRZTETAG
Anerkennung ausländischer Abschlüsse: Kenntnisstand nachweisen


Emotional diskutierte der Ärztetag über die Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Ärzte aus Drittstaaten seien willkommen, war der Tenor. Aber ihr fachliches und sprachliches Wissen müsse gewährleistet sein. Dafür angemessen sei der 3. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung, so die Delegierten.
Der 121. Deutsche Ärztetag in Erfurt hat den Gesetzgeber aufgefordert zu regeln, dass alle Ärzte aus Drittstaaten einen Kenntnisstand nachweisen, über den auch Ärzte verfügen, die in Deutschland ihre Ausbildung absolviert haben. Drittstaaten sind alle Länder außerhalb der Europäischen Union (EU) beziehungsweise des Europäischen Wirtschaftsraumes sowie der Schweiz. „Der Nachweis, dass entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten vorliegen, kann für einen sicheren Patientenschutz durch erfolgreiches Ablegen einer bundeseinheitlichen Prüfung analog dem 3. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung gewährleistet werden“, erklärten die Delegierten.
Eine Berufserlaubnis dürfe erst erteilt werden, wenn die berufliche Qualifikation feststehe und die ausländischen Ärzte zudem über gute Fähigkeiten der sprachlichen Kommunikation auf dem Niveau C1 verfügten und diese auch nachgewiesen hätten. Nach dem gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen ist C1 das zweithöchste von insgesamt sechs Sprachniveaus. Wer über dieses Sprachniveau verfügt, muss sich „klar, strukturiert und ausführlich zu komplexen Sachverhalten“ äußern können, wie es in den entsprechenden Vorgaben heißt.
Zudem forderte der Ärztetag die Bundesländer dazu auf, die Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe (GfG) auszubauen und mit der Annahme und Bescheidung von Anträgen auf Gleichwertigkeitsprüfung im Rahmen von Anerkennungsverfahren zu beauftragen. Die GfG solle so erweitert werden, dass sie alle Anträge auf Anerkennung ärztlicher Grundausbildung vollständig bearbeiten und fristgerecht bescheiden könne. Insbesondere solle sie dabei die Echtheit der eingereichten Unterlagen kontrollieren.
Heute prüfen die Approbationsbehörden der Bundesländer im Rahmen von Gleichwertigkeitsprüfungen, ob die im Ausland erworbenen Abschlüsse den deutschen gleichzusetzen sind. Ist dies nicht der Fall, müssen die aus Drittstaaten stammenden ausländischen Ärzte im Rahmen einer praktischen Kenntnisprüfung nachweisen, dass sie die notwendigen Kenntnisse besitzen, um ihren Beruf in Deutschland ausüben zu können. Zudem entscheiden die Behörden, ob der entsprechende Arzt eine Fachsprachprüfung ablegen muss oder nicht. Diese Prüfung wird zumeist von den Landesärztekammern durchgeführt.
Zuvor hatten die Delegierten lange über dieses Thema diskutiert. Dabei bestand Einigkeit, dass Ärzte aus Drittstaaten in Deutschland willkommen seien und dass sie auch gebraucht würden, um die Versorgung aufrechtzuerhalten. Einigkeit bestand aber auch darin, dass sowohl die sprachlichen als auch die medizinischen Kenntnisse dieser Ärzte gewährleistet sein müssten.
Dr. med. Tilman Kaethner, niedergelassener Arzt aus Niedersachsen, berichtete, dass manche seiner Patienten nicht mehr in die nächstgelegene Klinik überwiesen werden wollten, weil sie den Arzt, der sie dort behandelt hatte, nicht verstanden hätten. Sprachliche und medizinische Kenntnisse von den Ärzten zu fordern, die in Deutschland arbeiten, habe nichts mit Diskriminierung und Ausgrenzung zu tun, betonte er. Und Karsten Thiemann von der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern sagte, dass es in deutschen Krankenhäusern heute teilweise Visiten gebe, die nicht auf Deutsch gehalten würden. Der Patient habe aber ein Recht darauf, seine Ärzte zu verstehen.
Adäquates Prüfungsverfahren
Der Ärztetag diskutierte darüber, auf welche Weise die medizinischen Kenntnisse der ausländischen Ärzte geprüft werden sollten: durch eine Prüfung analog dem 2. und 3. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung oder durch einen weniger anspruchsvollen Test. Die Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen, Dr. med. Martina Wenker, betonte die Verantwortung, die die Ärztekammern für die Patientenversorgung besäßen. „Wir stehen für die Qualitätssicherung der ärztlichen Berufsausübung, wir stehen für den Patientenschutz“, sagte sie. Die Ärztekammern dürften aber nur die Fachsprache der ausländischen Ärzte prüfen, nicht die Fachkenntnisse. „In Niedersachsen fallen 50 Prozent der geprüften Ärzte durch die Fachsprachenprüfung“, berichtete Wenker. Das liege nicht nur an Sprachdefiziten.
Auf Entgegnungen, das sogenannte Staatsexamen sei als Prüfung für die ausländischen Ärzte zu anspruchsvoll, erwiderte sie: „Es gibt ein Mindestmaß an ärztlichen Fähigkeiten, das ich von jedem Arzt erwarte – nicht mehr, aber auch nicht weniger.“
Verschiedene Delegierte sprachen sich in der Diskussion hingegen dafür aus, die Anforderungen an eine Prüfung der medizinischen Kenntnisse nicht zu hoch zu hängen. „Wenn wir die Kenntnisse der ausländischen Kollegen prüfen wollen, brauchen wir ein kluges und adäquates Prüfungsverfahren“, sagte Katharina Thiede aus Berlin. Der zweite Teil des Staatsexamens sei dafür ungeeignet, da es darin oftmals um sprachliche Feinheiten gehe, die selbst Muttersprachler zweimal lesen müssten.
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Joachim Grifka, Delegierter aus Bayern, meinte, selbst viele deutsche Ärzte mit Facharztstandard würden heute den zweiten Teil des Staatsexamens nicht mehr bestehen. Er forderte stattdessen Prüfungen, die unter anderem die praktischen Fähigkeiten der Ärzte in ihrer jeweiligen Fachrichtung beinhalten.
Die Delegierten wiesen zudem darauf hin, dass das Verfahren zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse einheitlicher ausgestaltet werden müsse. „Will Deutschland ausländische Ärzte gewinnen und langfristig binden, muss endlich ein einheitliches, effizientes und transparentes Prüfsystem etabliert werden, das eine gute medizinische Versorgung durch ausländische Ärzte sicherstellt und ihnen mehr Rechtssicherheit bietet“, forderte der Ärztetag. In diesem Zusammenhang müsse die Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe zu einer zentralen Antragstelle ausgebaut werden.
Gesetzliche Frist einhalten
Die GfG wurde im Jahr 2016 gegründet, um die Approbationsbehörden der Länder bei der Anerkennung ausländischer Qualifikationen in den Gesundheitsberufen zu unterstützen und die Verfahren zu beschleunigen. Doch auch heute noch „können ausländische Ärztinnen und Ärzte vielerorts ihre Anträge auf Anerkennung ihrer Ausbildung nicht bürokratiearm bei der zuständigen Behörde einreichen und bearbeiten lassen“, erklärten die Delegierten.
Zudem könne bei einer zentralen Antragstelle die Expertise erhöht werden, mit der gefälschte Zeugnisse im Rahmen der Gleichwertigkeitsprüfung erkannt werden können, sagte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke.
Darüber hinaus forderten die Delegierten den Vorstand der BÄK dazu auf, einen Datenaustausch zwischen den Approbationsbehörden der Bundesländer bezüglich nicht bestandener Kenntnisprüfungen von Ärzten aus Drittstaaten zu unterstützen. Denn da es heute keinen Austausch zwischen den Behörden der Länder gebe, könnten Antragsteller in einem Bundesland eine Kenntnisprüfung erneut ablegen, wenn sie in einem anderen Bundesland bereits abgelehnt wurden. Schließlich forderten die Delegierten die Bundesländer dazu auf, den ausländischen Ärzten einen Termin für eine Kenntnisprüfung innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von sechs Monaten zu geben. Falk Osterloh
Fazit
TOP Ic: Anerkennung ausländischer Abschlüsse
- Ärzte aus Drittstaaten außerhalb der EU sollen einen Kenntnisstand nachweisen, über den auch Ärzte verfügen, die in Deutschland ihre ärztliche Ausbildung absolviert haben.
- Ein entsprechender Nachweis kann durch eine Prüfung analog dem 3. Staatsexamen erfolgen.
- Es muss ein einheitliches, effizientes und transparentes Prüfsystem etabliert werden.
- Die Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe soll zu einer zentralen Antragstelle ausgebaut werden.
Die Entschließungen zu TOP Ic im Internet: www.aerzteblatt.de/2018top1c1
Das gesamte Beschlussprotokoll im Internet: http://daebl.de/NA53
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