ÄRZTESTELLEN
Recht: Wahlleistungsvereinbarung – Worauf es wirklich ankommt!


Krankenhäuser sollten ihre internen Abläufe und Verträge regelmäßig an die aktuelle Rechtsprechung anpassen. Und Ärzte sollten sich der Unterschiede zwischen den Abrechnungswegen bewusst sein.
Das Krankenhausentgeltgesetz unterscheidet zwischen allgemeinen Krankenhausleistungen (§ 2 Abs. 2 KHEntgG) und Wahlleistungen (§ 17 KHEntgG). Wer als Patient mit einem Krankenhaus nichts anderes vereinbart, erhält die allgemeinen Krankenhausleistungen einschließlich der ärztlichen Versorgung, Pflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sowie der Unterkunft und Verpflegung. Dazu kann auch der Besuch des Chefarztes zählen, er muss es aber nicht.
Die Krankenhausleistungen müssen im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sein. Dabei ist auch die Leistungsfähigkeit des Krankenhauses zu berücksichtigen, also die jeweiligen Kenntnisse und Fähigkeiten der Ärzte. Jeder Patient kann zwar einzelne Ärzte ablehnen, das kann und darf er immer. Er hat aber keinen Anspruch auf einen von ihm bestimmten Arzt. Durch das Ablehnen bestimmter Ärzte kann er sich keine gewünschte Behandlung erzwingen. Schlimmstenfalls erhält er keine Behandlung.
Patient vereinbart eine bestimmte Leistung
Anders sieht dies bei der Wahlleistung aus: Dabei vereinbart der Patient ausdrücklich die Erbringung einer bestimmten Leistung. Das kann die Unterbringung in besonderer Atmosphäre (Einzel- oder Zweibettzimmer) mit Telefon, Fernseher und bester Aussicht sein, aber auch medizinische Wahlleistungen einschließlich Homöopathie oder Massagen ebenso wie sonstige medizinisch nicht notwendige Leistungen. Zu den Wahlleistungen zählen letztlich die Wahlarztleistungen, einschließlich einer möglichen Behandlung durch den Wahlarzt, zum Beispiel den Chefarzt, die Chefarztbehandlung. Dann muss der gewählte Arzt den Kernbereich seiner ärztlichen Leistung persönlich erbringen und kann diesen grundsätzlich nicht auf andere Ärzte übertragen.
Wichtig dabei ist, dass ein Krankenhaus sich nicht seiner Leistungsfähigkeit bei allgemeinen Krankenhausleistungen entziehen und diese nur gegen höheres Entgelt einer Wahlleistungsvereinbarung erbringen kann, das geht nicht. Ärzte dürfen besondere Erfahrungen und Fähigkeiten also nicht gegen gesondertes Entgelt erbringen, wenn die Leistung im Übrigen von der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses erfasst ist.
Finanzielle und rechtliche Unterschiede
Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt keine Wahlleistungen. Private Krankenversicherungen übernehmen diese Kosten, wenn sie Inhalt der vertraglich vereinbarten Police sind. Übernimmt kein anderer Kostenträger, so muss der Patient die Kosten selbst übernehmen. Die allgemeinen Krankenhausleistungen und die Wahlleistungen unterscheiden sich allerdings nicht nur finanziell, sondern auch rechtlich. Ärzten sollte die Unterscheidung stets bewusst sein, vor allem als Leistungserbringer. Denn der Wahlleistungspatient hat einen Anspruch auf die vereinbarten Leistungen. Werden diese nicht erbracht, dürfen sie grundsätzlich auch nicht abgerechnet werden.
Rechnet ein Wahlarzt, meist ein Chefarzt, allerdings seine Behandlung als Wahlleistung ab, ohne dass er als Wunscharzt des Patienten tatsächlich tätig war, so kann dies als Abrechnungsbetrug zu werten und damit strafbar sein. Natürlich dürfen hierzu getroffene Angaben in der Dokumentation auch nicht „verbogen“ werden. Um es mit anderen Worten auszudrücken: Wer die Dokumentation fälscht, bewegt sich im strafrechtlichen Bereich, das gilt ebenso für die Mitwirkenden.
Eher in der „Grauzone“ bewegen sich zahlreiche Besonderheiten, mit denen Leistungserbringer zum Teil versuchen, die mit dem Patienten getroffenen Wahlleistungen aufzuweichen. Doch ist es nicht so einfach, dass man jeden Arzt des Krankenhauses zum Wahlarzt erklären und ärztliche Leistungen an beliebige medizinische Fachkräfte delegieren könnte.
Gewährt wird dem Wahlarzt ein Stellvertreter
Natürlich fährt auch der Wahlarzt ab und an in Urlaub oder zu Kongressen. Er kann sich dennoch nicht durch beliebige Ärzte vertreten lassen, jedenfalls nicht, wenn er wahlärztliche Leistungen liquidieren will. Gewährt wird dem Wahlarzt ein einziger Stellvertreter, in Ausnahmefällen einen je Zuständigkeitsbereich. Dieser ist dann in Abwesenheit des Wahlarztes berechtigt, ebenfalls wahlärztliche Leistungen zu erbringen. Der Teufel steckt im Detail: die Namen sämtlicher Stellvertreter und bestenfalls der jeweiligen Zuständigkeitsbereiche müssen in der Wahlleistungsvereinbarung aufgeführt sein. Die nicht selten anzutreffende Wahlarztkette kann unzulässig sein.
Will sich der Wahlarzt vertreten lassen, so ist der Patient möglichst frühzeitig über die Abwesenheit des Wahlarztes zu informieren. Der Stellvertreter sollte nur in unaufschiebbaren Fällen einspringen oder im Einverständnis mit dem Patienten. Dazu vom Krankenhaus berechtigte Ärzte dürfen ihre wahlärztlichen Leistungen gesondert berechnen. Dafür vereinbaren sie mit ihrem Arbeitgeber das Liquidationsrecht. Sie liquidieren dann nach den Regeln der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Sie müssen diese Leistungen dann aber auch persönlich oder als Stellvertreter erbringen.
Mündliche Vereinbarungen genügen nicht
Wahlleistungsvereinbarungen im Sinne des § 17 KHEntgG sind schriftlich zu vereinbaren. Mündliche Vereinbarungen genügen nicht. Darüber hinaus ist der Patient über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im Einzelnen zu unterrichten. Auch darf eine Vereinbarung über eine gesondert berechenbare Unterbringung nicht von einer Vereinbarung über sonstige Wahlleistungen abhängig gemacht werden. Eine Vereinbarung über ein Einzelzimmer nur in Zusammenhang mit einer Chefarztbehandlung wäre also unzulässig.
Notfallpatienten können in der akuten Notfallsituation in der Regel keine wirksame Wahlleistungsvereinbarung verabschieden. Ist die Wahlleistungsvereinbarung aufgrund von Organisationsmängeln des Krankenhauses unwirksam, sind Rückgriffansprüche des Wahlarztes gegen seinen Arbeitgeber nicht ausgeschlossen.
Dr. Andreas Staufer
Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Informationstechnologierecht
FASP Finck Sigl & Partner
80336 München
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