MANAGEMENT
Kommunikation: Humor im Arzt-Patienten-Kontakt


Nachdem sie jahrelang belächelt wurden, halten Humor, Positive Psychologie und Selbstfürsorge nun Einzug in die Ausbildung von Ärzten und Pflegepersonal. Bewusst und wohldosiert eingesetzt, kann ein humorvoller Umgang die Behandlung erleichtern und die Compliance erhöhen.
Eine junge Ärztin in Ausbildung kommt ins Behandlungszimmer. Der Patient sagt: „Sind Sie nicht zu jung für diesen Job?“ Die Ärztin antwortet: „Sind Sie nicht zu alt für diese Frage?“ Oder sie sagt: „Sie fragen sich also, ob dieses junge Küken hier schon kompetent ist?“ Beide Antworten sind humorvoll, sie werden jedoch sehr unterschiedliche Auswirkungen haben. Um genau diese Auswirkungen geht es bei der intensiveren Beschäftigung mit humorvoller Kommunikation im Klinik- und Praxisalltag.
Humor begegnet auch Medizinern immer wieder auf drei Ebenen:
- im Kontakt mit Patienten,
- in der Klinikkultur (Humor ist erlaubt oder nicht),
- man selbst hat als Mensch und natürlich als Mediziner einen bestimmten Humorgeschmack.
Viele Ärzte nutzen täglich Humor, andere lassen ihn lieber weg, weil er nicht zur Situation passt oder politisch unkorrekt wäre. Häufig wissen auch Mediziner nicht genau, welches mächtige Instrument in der Kommunikation sie mit Humor gerade nutzen. Wie das obige Beispiel zeigt, lohnt es sich aber durchaus, den Humor zu reflektieren und ihn bewusster einzusetzen (oder bewusst zu unterlassen). Wohldosierter Humor in der Arzt-Patienten-Kommunikation kann helfen, die Compliance beziehungsweise die Adhärenz der Patienten zu erhöhen. Humor kann die Atmosphäre entspannen, zum Beispiel bei Aufklärungsgesprächen oder kurzen Dialogen, etwa zur Narkose vor einer OP. Es werden nur wenige Sätze gewechselt. Aber diese sind sehr entscheidend. Humor ist bei den täglichen Tür-und- Angel-Gesprächen mit Patienten ein nützliches Werkzeug.
Die Humorwissenschaft unterscheidet zwischen verschiedenen Humorstilen. Humor kann auf- oder abwertend sein und er kann sich auf einen selbst oder auf andere beziehen. Humorstile gegenüber einem Patienten verdeutlichen das.
Patient: „Dieses Medikament nehme ich nicht.“
Arzt: „Es ist gut, dass Sie mir nicht gleich alles ,abnehmen‘, nur weil ich Arzt bin.“
Oder: „Sind Sie bei Ihrer Frau zu Hause auch immer so widerspenstig? Kein Wunder, dass sie Sie letztes Jahr verlassen hat.“
Das erste Beispiel zeigt sozialen Humor, das zweite aggressiven Humor. Die Reaktion des Patienten wird jeweils unterschiedlich ausfallen. Im direkten Umgang mit Patienten empfiehlt sich meist der soziale Humor, der niemandem auf den Schlips tritt und niemanden verletzt. Aggressiver Humor ist eher im Team angebracht und da auch nützlich für die Psychohygiene. Denn er kann helfen, sich von Problemen und Situationen zu distanzieren. Aber aggressiver Humor sollte eher im vertrauten Umfeld genutzt werden, zum Beispiel unter Kollegen – wenn die Patienten nicht in Hörweite sind.
Studien haben ergeben, dass Menschen, die hauptsächlich selbstaufwertenden Humor nutzen, meist fröhlich und optimistisch sind, ein starkes Selbstbewusstsein und ein überdurchschnittlich hohes psychosoziales Wohlbefinden haben. Menschen, die viel sozialen Humor nutzen, sind extrovertiert, fröhlich und emotional stabil. Im Gegensatz dazu haben Menschen, die eher selbstabwertenden Humor benutzen, häufiger Probleme mit Depressionen, Ängstlichkeit, Feindseligkeit, Aggressionen und schlechter Laune. Ihr Selbstbewusstsein ist niedriger als bei Menschen mit sozialem Humor wie auch ihr psychosoziales Wohlbefinden. Aggressiver Humor schließlich hängt eher mit Neurotizismus und Zorn zusammen. In Humortrainings berichten Mediziner oft, dass sie mit aggressivem Humor gegenüber Patienten häufig missverstanden werden. Sie möchten gern sozialen Humor trainieren. Wertvoll kann sein, sich selbst einmal im Alltag zu beobachten und zu schauen, welchen Humorstil man benutzt und welche Auswirkungen das hat.
Eine Methode, die Ärzte im Umgang mit Patienten üben und einsetzen können, ist das humorvolle Spiegeln. Dieses orientiert sich an der Kommunikationstechnik des Spiegelns nach Carl Rogers. Dabei wird das wiederholt, was das Gegenüber gesagt (beziehungsweise gedacht oder gefühlt) hat, in eigenen Worten. So vermittelt man: Ich (Arzt/Ärztin) habe verstanden, was Sie (Patient/Patientin) meinen. Bei der humorvollen Spiegelung wird ebenfalls in eigenen Worten wiedergegeben, was das Gegenüber gesagt hat. Es wird aber auf humorvolle Art und Weise formuliert. Folgende Beispiele können wieder zur Veranschaulichung dienen.
Vorwurf – Eine Angehörige kommt mit einem Problem zum Chefarzt: „Das müssen Sie meinem Vater erklären (also dem Patienten). Das mache ich nicht!“
Spiegelung: „Sie möchten, dass ich Ihrem Vater die aktuelle Situation erkläre. Das wird Ihnen gerade zu viel.“ (Wenn die Angehörige sich verstanden fühlt, quittiert sie die Aussage wahrscheinlich mit einer Zustimmung.)
Humorvolle Spiegelung: (mit einem Hauch von Clint Eastwood): „Sie wollen also, dass der Sheriff das klärt?“
Vorwurf – Patient zur jungen Ärztin: „Kann ich endlich einen Arzt sprechen!“
Spiegelung: „Ich sehe für Sie nicht aus wie eine Ärztin.“
Humorvolle Spiegelung „Soll ich noch mal rausgehen und wieder reinkommen?“
Wichtig dabei ist, dass es ehrlich gemeint ist und ein echtes Interesse am Gegenüber besteht. Empathie sollte auch über den Tonfall und die Körpersprache vermittelt werden. Bei einer humorvollen Spiegelung reicht eine leichte Übertreibung dessen, worum es wirklich geht. So können humorvolle Spiegelungen eine Situation sofort entspannen.
Die Kosten für Non-Compliance werden in Deutschland auf jährlich 75 Milliarden Euro geschätzt. Durch eine empathische, humorvolle Gesprächsführung – also mit wohldosiertem und bewusst eingesetztem Humor – lassen sich in der Arzt-Patienten-Kommunikation die Weichen auf Erfolg bei Compliance beziehungsweise Adhärenz stellen. Eva Ullmann
www.arztmithumor.de
Geschichte des Humors im Arztberuf
- Der österreichische Psycholge Viktor E. Frankl überlebte das KZ, war Begründer der Logotherapie und dessen, was heute unter „Resilienz“ verstanden wird.
- Hunter Doherty „Patch“ Adams, bekannt durch den Kinofilm „Patch Adams“ mit Robin Williams in der Hauptrolle, war eher ein Aktivist als ein Clown und ist bis heute weltweit aktiv – in Flüchtlingslagern, mit Straßentheater und Vorträgen.
- Michael Christensen war der erste echte Klinikclown. Er startete als „Dr. Stubs“ in einem weißen Kittel und mit einem Gummihuhn die ersten „Clownsvisiten“ für Kinder in Krankenhäusern.
- Der amerikanische Sozialarbeiter Frank Farelly entwickelte mit der deutschen Psychologin Eleonore Höfner die „Provokative Therapie“ und setzte den Humor in den Mittelpunkt therapeutischer Arbeit.
- 2012 gründete der damalige Medizinstudent, nun Dr. med. Christoph Krause, zusammen mit dem Deutschen Institut für Humor die Initiative „Arzt mit Humor“, die humorvolle und wirkungsvolle Kommunikation im Patientenkontakt fördert, unter anderem durch Seminare, die sich speziell an Medizinstudierende richten.
- 2017 hat die medizinische Fakultät in Münster um Dr. med. Bernhard Marschall gemeinsam mit Dr. med. Eckart von Hirschhausen und dessen Stiftung „Humor hilft heilen“ sowie dem Deutschen Institut für Humor erstmalig ein Humortraining fest in das Curriculum für Medizinstudierende integriert.
- Die Universität Witten/Herdecke bietet 2018/19 unter der Leitung von Prodekan Prof. Dr. med. Tobias Esch und von Hirschhausen eine Ringvorlesung an. Unter dem Motto „Heilen Heute, Heilen Morgen – Zeit für Veränderung“ werfen engagierte Persönlichkeiten neue Perspektiven auf das Gesundheitssystem der Zukunft.
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