ÄRZTESTELLEN
Berufsrecht: Dürfen Ärzte Werbung für andere machen?


Eine ärztliche Empfehlung gegenüber Patienten ist im Krankenhaus schnell ausgesprochen. Was spricht dagegen, Vitaminpräparate oder lokale Fitnesscenter zu empfehlen? Viel!
Ärzte sind an das Berufsrecht gebunden – unabhängig davon, ob sie selbstständig oder angestellt agieren. Das Berufsrecht gibt ihnen vor, wie sie sich ihrem Berufsstand entsprechend verhalten dürfen. Dabei untersteht die Ärzteschaft in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlichen berufsrechtlichen Regelungen. Eine bundesweit geltende Berufsordnung existiert nicht. Um in Fachbeiträgen nicht immer auf sämtliche Berufsordnungen einzugehen, wird gern auf die Empfehlungen der Musterberufsordnung der Bundesärztekammer verwiesen. Diese gibt Empfehlungen, gilt nicht unmittelbar, wird aber meist mit vergleichbarem Wortlaut in die Berufsordnungen der Bundesländer übernommen.
Erlaubte Information, unerlaubte Werbung
§ 27 der Musterberufsordnung umfasst Vorgaben über erlaubte Information und berufswidrige Werbung. Die Vorschrift soll den Patientenschutz durch sachgerechte und angemessene Information gewährleisten. Sie soll zudem eine dem Selbstverständnis des Arztes zuwiderlaufende Kommerzialisierung des Arztberufs vermeiden. Das hat auch sein Gutes. Denn der Arztberuf gilt als freier Beruf, andernfalls wäre er irgendwann ein Gewerbe.
Ärzten ist eine sachliche berufsbezogene Information gestattet. Berufswidrige Werbung ist ihnen untersagt. Die Unterscheidung ist selbst für Juristen nicht immer einfach. Als Marktzutrittsbarriere für neu zugelassene Ärzte müssen sich sämtliche Werbeverbote darüber hinaus einer verfassungsmäßigen Kontrolle stellen. Ärzten ist daher nicht jede Werbung verboten, sondern nur die berufswidrige.
Berufswidrig soll vor allem eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung sein. Als anpreisend gilt eine gesteigerte Form der Werbung einschließlich Blickfangwerbung oder der Verwendung von Superlativen. Selbst Empfehlungsschreiben und Danksagungen in der Werbung können bedenklich sein. Irreführend soll eine Werbung sein, wenn sie bei Patienten einen falschen Eindruck erweckt oder zu unzutreffenden Annahmen verleiht. Achtung! Irreführende Werbung kann in Einzelfällen sogar strafbar sein (§ 14 Heilmittelwerbegesetz). Gleiches gilt übrigens auch für Arzneimittel und Medizinprodukte.
Unzulässig ist ferner Werbung für eigene oder fremde gewerbliche Tätigkeiten oder Produkte im Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit. Ist man also der Ansicht, das eigene Vitaminpräparat sei das beste, so darf man es dennoch den Patienten nicht anbieten. Selbst Bannerwerbung auf einer ansonsten kostenlosen Homepage kann unzulässig sein.
Keine Vorteile für die Zuweisung von Patienten
Ein weiteres, interkollegiales Werbeverbot regelt § 31 der Musterberufsordnung. Danach ist es Ärzten auch nicht gestattet, für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial oder für die Verordnung oder den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern. Dieses Werbeverbot geht einher mit dem nun auch im Strafgesetzbuch verankerten Verbotstatbestand der Bestechlichkeit und Korruption.
Ärzte dürfen ihren Patienten nicht ohne hinreichenden Grund bestimmte Ärzte, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelerbringer oder sonstige Anbieter gesundheitlicher Leistungen empfehlen oder an diese verweisen. Ziel der Vorschrift ist, dass der Arzt seine Entscheidung über die Zuweisung des Patienten an einen Dritten allein aufgrund medizinischer Erwägungen treffen soll, nicht aufgrund finanzieller oder sonstiger Anreize. Gibt es einen hinreichenden Grund, ist die Zuweisung allerdings erlaubt.
Berufsrechtlich sind die Möglichkeiten der Sanktionen noch überschaubar. Infrage kommen vor allem Verwarnung, Verweis und Geldbuße, schlimmstenfalls droht aber mit Feststellung der Unwürdigkeit der Widerruf der Approbation. Dabei sollte man beachten, dass nicht nur die Zuweisung als solche unzulässig ist. Auch ein darauf beruhender Vertrag kann nach § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig sein.
Werbeverbote im Heilmittelwerbegesetz
Darüber hinaus finden sich weitere Werbeverbote im Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (Heilmittelwerbegesetz, HWG). Vor allem die §§ 11, 12 HWG enthalten Verbotskataloge mit einzelnen Tatbeständen, die die Werbung außerhalb der Fachkreise betreffen.
So ist auch außerhalb der Fachkreise eine Werbung für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nur eingeschränkt möglich. So ist es beispielsweise untersagt, Krankengeschichten in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise wiederzugeben oder sie so wiederzugeben, dass eine ausführliche Beschreibung oder Darstellung zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten kann. Auch Werbemaßnahmen, die sich ausschließlich oder überwiegend an Kinder unter 14 Jahren richten, können unzulässig sein. Vorsicht sollte man auch bei einer Werbung durch Abgabe von Arzneimitteln, Mustern, Proben oder Gutscheinen walten lassen.
Ebenso unzulässig ist, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Dienstleistungen) anzunehmen, wenn es nicht um einen Ausnahmetatbestand nach § 7 HWG geht. Auch einzelne Werbemedien sind explizit bei den Werbeverboten genannt. Und selbst wenn sich das Fernbehandlungsverbot für Ärzte gelockert hat: die Werbung dafür kann unzulässig sein (§ 9 HWG).
Krankenhäuser unterliegen anderen Regeln
Andere Regeln gelten für Krankenhäuser. Doch Ärzte dürfen eine berufswidrige Werbung durch andere, also auch Krankenhäuser, weder veranlassen noch dulden. Das gilt selbst im Falle einer arbeitsrechtlichen Anweisung. Dann muss sich der Arzt dagegen zur Wehr setzen. Verleitet ein Unternehmen Ärzte zu berufswidriger Werbung, so kann auch dieses Ziel einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassung sein. Als angestellter Arbeitnehmer sollte der Arzt wissen, dass er arbeitsrechtliche Maßnahmen riskiert, wenn er fremde Produkte außerhalb des Krankenhauses bewirbt. Das gilt natürlich erst recht dann, wenn er einen Mitbewerber empfiehlt.
Nicht jede Werbung ist dem Arzt verboten. Allerdings sollte er sich auch nicht zu berufsrechtswidrigen, wettbewerbswidrigen oder gar strafrechtlich relevanten Maßnahmen verleiten lassen. Im Zweifel gilt es bereits vorher fachkundigen Rat einzuholen.
Dr. Andreas Staufer
Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht,
Fachanwalt für Informationstechnologierecht
FASP Finck Sigl & Partner
80336 München