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Neuropathien: Gabapentin bremst überaktive Neurone


Zukünftiges Mittel der Wahl?
Die Ergebnisse wurden anläßlich eines von Parke-Davis veranstalteten Symposiums von Dr. Norman Harden (Chicago) vorgestellt, der Gabapentin bereits als zukünftiges Mittel der Wahl bei Neuropathien sieht. In beiden Studien war die Schmerzreduktion unter den mit Gabapentin behandelten Patienten signifikant deutlicher als bei den Betroffenen, die Plazebo erhalten hatten. 26 Prozent der Patienten mit diabetischer Neuropathie, die acht Wochen lang Gabapentin erhalten hatten, gaben Schmerzfreiheit an, 60 Prozent berichteten eine unterschiedlich starke Schmerzreduktion. Die Wirksamkeit von Gabapentin zeigte sich bereits in der zweiten Behandlungswoche, noch während der vierwöchigen Gabapentin-Titrationsphase. Dies war auch bei den mit Gabapentin behandelten Patienten mit post-zosterischer Neuropathie der Fall. 43 Prozent dieser Patienten berichteten nach acht Wochen über eine mittlere bis starke Reduktion ihrer post-zosterischen Schmerzen durch Gabapentin. In beiden Studien besserten sich in der Verumgruppe auch Schlafstörungen, Depressivität, Müdigkeit und Gereiztheit. Analysen der schmerzreduzierenden Wirkung von Gabapentin zeigen, daß das Antiepileptikum insbesondere die bei Neuropathie-Patienten stark erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Schmerz (Hyperalgesie), Berührung, Druck, Kälte oder Wärme (Allodynie) umzukehren vermag. Es stoppt das oftmals anfallsartige Auftreten von Schmerzen und - häufig paradox erscheinenden - Sensationen außerhalb des ursprünglichen Schmerzbezirkes. Insbesondere Hyperalgesie und Allodynie gelten als bestimmende Aspekte der Neuropathie. Sie sind Folgen einer initialen Schmerzgedächtnisbildung und einer Verselbständigung des Schmerzgeschehens durch Veränderung zentraler Verarbeitungsmechanismen. Das neuropathische Geschehen ist, wie der Neuropharmakologe Prof. Walter Zieglgänsberger vom Münchner Max-Planck-Institut für Psychiatrie deutlich machte, mit einem epileptischen Geschehen vergleichbar, was den erfolgreichen Einsatz von Antiepileptika erklären kann. Hat der Prozeß der Schmerzverselbständigung begonnen, sind Übererregung und die Ausbildung spontaner Potentiale in zentralen schmerzverarbeitenden Bereichen die Folge. Nach den Ergebnissen von Zieglgänsbergers pharmakologischer Forschung greift Gabapentin in den Neurotransmitterstoffwechsel ein, indem es durch Interaktion mit spannungsabhängigen Kalziumkanälen den die Übererregung anheizenden übermäßigen Kalzium-Einstrom in die Nervenzellen reduziert. Dies unterbricht die sich häufig spontan und anfallartig ausbreitende Überaktivität schmerzverarbeitender Neuronen. Es ist ferner in der Lage, das Angebot des hemmend wirkenden Transmitters Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) zu erhöhen, was einen antidepressiven Effekt begünstigt, und das Angebot des erregend wirkenden Glutamat zu verringern.
Elisabeth B. Moosmann
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