THEMEN DER ZEIT
Schwangerschaftsabbruch: Ein moralphilosophischer und rechtlicher Kompromiss


Das derzeit gültige Abtreibungsrecht ist ein komplexer Kompromiss, der den gesellschaftlichen Diskurs, das Recht betroffener Frauen, die ethische Freiheit von Ärzten, aber auch das Lebensrecht Ungeborener zu berücksichtigen hat.
Das in Deutschland geltende Abtreibungsrecht ist in den §§ 218 und 219 des Strafgesetzbuches geregelt und folgt in seinen Bestimmungen dem gemischten Modell einer Fristen-, Beratungs- und Indikationslösung (medizinische, kriminologische Indikation) (14). Es ist seit 1992 in Kraft und die parlamentarische und gerichtliche Auseinandersetzung um dieses Strafrechtspaar hat die deutsche Gesellschaft wie kaum ein anderes Thema polarisiert. Dabei standen und stehen sich konservative Vertreter eines uneingeschränkten Lebensschutzes von der Befruchtung der Eizelle an und Befürworter der gültigen Regelung, die zweifellos als die liberalste in der jüngeren deutschen Strafrechtsgeschichte seit 1871 bezeichnet werden kann, kritisch gegenüber. Die derzeit noch andauernde Auseinandersetzung um das Für und Wider des § 219 a (Werbeverbot für den Schwangerschaftsabbruch) belegt dies deutlich (5, 6, 8, 9, 13, 19).
Das gültige Strafrecht
Der Schwangerschaftsabbruch nach der Einnistung der befruchteten Eizelle bis zum Einsetzen der Öffnungswehen ist – je nach Handlungshoheit für den „Täter“ oder die Schwangere – eine strafbare Handlung. Straflos bleibt die Tat (§ 218 a) auf Verlangen der Schwangeren nach einer mindestens drei Tage zurückliegenden Beratung (nicht durch den vollziehenden Arzt) in einer Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle, wenn der Abbruch durch einen Arzt vollzogen wird und seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind. Der Tatbestand ist auch dann – und zwar unbefristet – nicht erfüllt, „wenn der Abbruch der Schwangerschaft ... angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden, und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann“. Gleiches gilt befristet bis zur zwölften Woche für Fälle, in denen die Schwangerschaft als Folge eines sexuellen Missbrauchs, einer sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung (§§ 176–177 StGB) eingetreten ist. Die Schwangere bleibt weiterhin bis zur 22. Woche straffrei, wenn ein Arzt nach Beratung die Abtreibung bis zur 22. Woche vornimmt und sie kann (unbefristet) straffrei bleiben, wenn ein Gericht die „besondere Bedrängnis“ der Schwangeren zum Zeitpunkt des Eingriffs anerkannt hat. Schwangerschaftsabbrüche sind grundsätzlich strafbar, wenn sie ohne ärztliche Feststellung oder aufgrund unrichtiger oder unberechtigter ärztlicher Feststellung erfolgen (§ 218 b). Ärztliche Pflichtverletzung bei einem Schwangerschaftsabbruch (§ 218 c) liegt vor, wenn der Arzt den Abbruch ohne Exploration der Schwangeren, ohne deren Beratung, ohne Feststellung der Schwangerschaftsdauer oder bei Unterschreitung der Frist zwischen Beratung und Eingriff vornimmt.
Neu gegenüber allen früheren gesetzlichen Festlegungen zum Schwangerschaftsabbruch ist die besondere Beratungspflicht der Schwangeren in einer Not- und Konfliktlage (§ 219), die ausdrücklich „dem Schutz des ungeborenen Lebens“ gewidmet ist. Sie soll sich, so der Gesetzgeber, „von dem Bemühen leiten lassen, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind zu eröffnen“ und berücksichtigt damit ausdrücklich das Lebensrecht des Ungeborenen; sie wird andererseits aber auch der besonderen Notlage einer ungewollt Schwangeren gerecht, indem sie ihr helfen soll, „eine verantwortliche und gewissenhafte Entscheidung zu treffen“. Vor diesem Hintergrund könne nach bestehender „Rechtsordnung ein Schwangerschaftsabbruch nur in Ausnahmesituationen in Betracht kommen“, wenn der Schwangeren „durch das Austragen des Kindes eine Belastung erwächst, die so schwer und außergewöhnlich ist, dass sie die zumutbare Opfergrenze übersteigt“.
In § 219 a schließlich, der auf eine Strafrechtsreform der NS-Herrscher von 1933 zurückgeht, wird vor allem das Werbeverbot für einen Schwangerschaftsabbruch in der Öffentlichkeit, in Versammlungen oder durch Verbreiten von Schriften eines „Vermögensvorteils wegen“ festgeschrieben.
Würde und Recht auf Leben
Eine Ethik des Schwangerschaftsabbruchs kann nur im engen Zusammenhang mit entsprechenden rechtlichen Kodifizierungen beschrieben werden, stellt doch die Moralisierung einer Handlung, sei es in negativer oder positiver Weise, nahezu immer auch eine Vorstufe rechtlicher Regelungen dar. Meist sind solche Regelungen eindeutig im Sinne eines Gebotes, eines Verbotes oder auch einer Gewährung interpretierbar. Beim Schwangerschaftsabbruch kann in der gültigen Rechtsprechung vor dem Hintergrund des Grundgesetzes von solcher Eindeutigkeit allerdings nicht die Rede sein.
So wird mit Rekurs auf die Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 des GG die Unantastbarkeit der Würde des Menschen mit dem Recht auf Leben verbunden, wobei Art. 1 Abs. 1 durch die Ewigkeitsgarantie geschützt ist, das Recht auf Leben jedoch unter Gesetzesvorbehalt gestellt wird. Tatsächlich hat das Bundesverfassungsgericht lange versucht, Art. 2 Abs. 2 GG der auf ewig geltenden Unantastbarkeit der Menschenwürde zu subsumieren, hat dann aber in seinem zweiten Abtreibungsurteil (28. Mai 1993, BVerfGE 88, 203 ff.) nur noch den Schein eines absoluten Verbots gewahrt und mit der Gewährung einer Fristenlösung unter Auflage der Beratungspflicht einen gesetzgeberischen Kompromiss zugelassen. Im Schlusssatz des Urteils heißt es unter anderem: „Eine gesetzliche Regelung des Abtreibungsproblems wird stets ein Stück weit ‚Notordnung‘ sein (…). Eine rechtliche Regelung aber, die gemäß der sozialordnenden Aufgabe des Rechts auf tatsächliche Wirksamkeit abzielt und sie herbeiführen will, muss auch die eigenen Wirksamkeitsbedingungen mit in Rechnung stellen.“ So entstand eine Situation, in der das Bundesverfassungsgericht zwar immer noch einen abgestuften Lebensschutz verneint, de jure (und de facto) gleichzeitig aber sehr wohl die befruchtete Eizelle nicht unter absoluten Schutz stellt, in dem sie etwa deren Nidation durch eine Spirale zulässt, nach der Nidation eine Abtötung des ungeborenen Lebens bis zur zwölften Woche unter Straffreiheit stellt oder eine Fruchtabtreibung sogar bis zur 22. Woche unter der Bedingung schwerer körperlicher oder seelischer Gefährdung der Schwangeren oder einer schweren Belastung der werdenden Mutter mit einem schwer behinderten Kind bis hin zur Spätabtreibung straffrei ermöglicht. Aufgrund dieser komplizierten Rechtslage wird in Teilen der Rechtswissenschaft eine Kongruenz von Menschenwürde und Lebensschutz im Rahmen des Abtreibungsrechts mit der Konsequenz verneint, dass für das vorgeburtliche Leben kein absoluter Lebensschutz geltend gemacht werden kann, sondern lediglich ein abgestufter (2, 3, 15, 16, 17, 20).
Religion und Moralphilosophie
Jede Abtreibung, mit Ausnahme der eines bereits auf natürliche Weise im Mutterleib gestorbenen Fötus, ist von erheblicher ethischer Relevanz, denn es handelt sich bei ihr um die Tötung menschlichen Lebens und damit implizit um die vorsätzliche Vernichtung individueller biografischer Existenz. Dies gilt streng genommen auch für die vom § 218 nicht berücksichtigte medikamentöse Tötung der befruchteten Eizelle vor der Nidation. Wie wir gesehen haben, ist das von den Vätern des Grundgesetzes angestrebte Junktim zwischen Menschenwürde und Lebensschutz inzwischen durch Gesetzgebung und Rechtspraxis relativiert. Die sich daraus ergebenden ethischen Herausforderungen und Belastungen für Mutter und Arzt sind schwerwiegend, auch wenn geltendes Recht hier scheinbar allgemeine Handlungsspielräume eröffnet.
Während im antiken Judentum der Schwangerschaftsabbruch bei Nichtgefährdung der Mutter abgelehnt wurde (Philo v. Alexandria), schwanken die modernen Positionen zwischen einer Verurteilung als Mord bei Nichtgefährdung und Billigung auch bei geringer Not der Schwangeren. Einhellig scheint die Ablehnung bei nicht vorliegender Gefährdung der Schwangeren. Im Christentum sind die Positionen unterschiedlich. Während die katholische und orthodoxe Kirche den Schwangerschaftsabbruch prinzipiell als Tötung empfindet und ablehnt (es sei denn bei Lebensgefährdung der Mutter in der Orthodoxie), wird im Protestantismus der Schwangerschaftsabbruch zwar auch als Tötung beschrieben, bei körperlicher, psychischer oder sozialer Notlage der Frau aber gebilligt. Auch im Islam bestimmen unterschiedliche Positionen das Bild.
Die moraltheoretische Beurteilung von Schwangerschaftsabbrüchen gehört zu den klassischen Problemfeldern der gegenwärtigen praktischen Philosophie. Unterschiedlich werden die Rechte beurteilt, die sich aus solchen Diskursen für das ungeborene Kind ergeben. Recht auf Leben wird zunächst prinzipiell aus der Menschenwürde auch des Ungeborenen begründet, wobei hier die Individualität realen Menschseins ausschlaggebend ist. Diese Zuweisung bedarf keiner zusätzlichen religiösen Argumente, wird aber durch sie flankiert. Auch wenn sich hinsichtlich der Etablierung personaler Existenz biologische Stufenmodelle (zum Beispiel Potenzialität, Schmerzempfinden, Bewußtsein) etabliert haben, gilt weitläufig die Auffassung, dass bereits mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle schutzwürdige Personalität entsteht. Moraltheoretisch werden hieraus deontologisch unbedingte Rechte des Ungeborenen abgeleitet. Eine Relativierung dieser Rechte hingegen postuliert etwa der präferenzutilitaristische Ansatz des australischen Philosophen Peter Singer. Singer folgend ist eine moralische Beurteilung des Lebensrechtes eines Ungeborenen unter bestimmten Bedingungen (etwa Bewusstsein oder Schmerzempfinden) immer nur im Rahmen einer gleichberechtigten Abwägung der Interessen aller Betroffenen (also auch der Schwangeren in ihrer geistig-körperlich-sozialen Situation und gegebenenfalls des Vaters) möglich. Potenzialität des Ungeborenen lehnt Singer im Kontext dieser Präferenzzuweisung als Argument gegen einen Schwangerschaftsabbruch ab (18). Unter den nicht religiös argumentierenden Philosophien zum Schwangerschaftsabbruch ist exemplarisch die „Valuable future like ours“-Theorie des amerikanischen Philosophen Donald Bagley Marquis anzuführen. Marquis weist Erwägungen über vorgeburtliche personale Identität, Mensch-Sein oder Noch-nicht-Menschsein als logisch irreführend und daher wenig hilfreich zurück (11). Für ihn ist die nachgeburtlich-biografische Potenzialität entscheidend. Wenn wir die eigene Tötung ablehnen, dann ist es falsch, ein ungeborenes Leben zu töten, denn man nimmt ihm so seine biografische Zukunft; ganz ähnlich auch die universell-präskriptivistische Argumentation des englischen Moralphilosophen Richard Mervyn Hare auf der Basis seiner vereinfachten „Goldenen Regel: ‚Du sollst die anderen so behandeln, wie du selbst von ihnen behandelt werden willst.‘“ (7, 10).
Der körperpolitische Kampf organisierter Frauenverbände gegen den § 218 und für uneingeschränkte Selbstbestimmung über den eigenen Körper beginnt bereits im Kaiserreich, setzt sich in der Republik von Weimar fort und etabliert sich in der Bundesrepublik in den frühen 1970er-Jahren unter der Parole „Mein Bauch gehört mir“ neu. Die Aktion „Wir haben abgetrieben“ wurde 1971 von der Feministin Alice Schwarzer initiiert. Sie gilt als Meilenstein der neuen Frauenbewegung in Deutschland (4, 12, 21).
Der genuin ärztliche Handlungsauftrag erstreckt sich auf alle Bereiche des Lebens von seiner Entstehung bis zu seinem Verlöschen in Sterben und Tod, zielt aber prinzipiell nicht auf die bewusste Herbeiführung des Todes, auch wenn das Gesetz eine solche straffrei stellt. Vor diesem Hintergrund kann ein Arzt niemals von einem Dritten veranlasst werden, im Rahmen seiner ärztlichen Tätigkeit menschliches Leben zu beenden, außer es liegt – wie in unserem Problemkreis – ein unerwarteter medizinischer Notfall mit akuter Lebensgefahr für die schwangere Frau vor.
Individuelle Gewissensfreiheit
Nun eröffnet aber die Gesetzgebung im Rahmen des Abtreibungsrechts zweifelsfrei Möglichkeiten der straffreien Tötung menschlichen Lebens als ärztliche Ausnahmehandlung (außerhalb einer akuten Notfallsituation) unter der Bedingung einer „so schweren und außergewöhnlichen“ Konflikt- und Notlage der Schwangeren, „daß sie die zumutbare Opfergrenze übersteigt“. Auch hieraus ergibt sich für Ärzte grundsätzlich kein Zwang, in rechtlichen Handlungsfreiräumen solcher Art gegen ihre sittliche Überzeugung (vgl. etwa GG, Art. 4.1) zu agieren. Allerdings kann auch hieraus durchaus eine Notlage für Frauen mit Abtreibungswunsch trotz rechtlicher Freiräume entstehen. Ein Beispiel hierfür ist Italien (1).
Grundsätzliche ethische Überlegungen dieser Art implizieren nicht die Verwerflichkeit einer Fruchtabtreibung durch Ärzte, die auf der Grundlage des geltenden Rechts in bestimmten Konflikt- und Notlagen dem Wunsch der nach Beratung entscheidenden Frau auf straffreie Beendigung einer Schwangerschaft entsprechen, weil sie dies auch mit ihrem Gewissen vereinbaren können. Hier gelten die gleichen Bedingungen der individuellen Gewissensfreiheit wie bei den Ablehnern der Tötung ungeborenen Lebens. Es gilt vor dem Hintergrund geltenden Rechtes und des durch die Gesetzgebung relativierten bzw. aufgehobenen Junktims zwischen Würde- und Lebensschutz prinzipiell Gewissensfreiheit, nicht aber Gewissens-Oktroi durch Gesellschaftsgruppen, die weltanschaulichen oder religiösen Überzeugungen verpflichtet sind, die den Lebensschutz des Ungeborenen absolut setzen. Abtreibungsbereiten Ärzten ist die Sicherheit ihres Handelns mit allen Mitteln des Rechtsstaates zu gewähren. Vor dem Hintergrund gelegentlich sogar nötigender Bedrängung abtreibungswilliger Ärzte durch radikale Vertreter des vorgeburtlichen Lebensschutzes („Donum vitae“) ist der Hinweis auf solche Rechtssicherheit zwingend geboten.
Allerdings muss klar sein, dass mit jeder Fruchtabtreibung und der mit ihr in der Regel verbundenen Tötung menschlichen Lebens ein problematisches sittliches Terrain betreten wird. Dies gilt insbesondere für die Tötung nachgeburtlich lebensfähigen Lebens, wobei sich eine abstufende Bewertung solchen Lebens, ganz gleich unter welchen pathophysiologischen Bedingungen auch immer, als unethisch verbietet. Anders stellt sich die ethische Problemlage bei einer Schwangerschaft dar, die als Folge sexualisierter Gewalt (Vergewaltigung) entstand. Hier ist der erzwungene Zeugungsakt notauslösendes Element für die Unfähigkeit, ein gesundes Kind, das solcher Gewalt entspringt, austragen zu können.
Gleichwohl: Wer den Schutz des vorgeburtlichen Lebens absolut setzt, der muss auch Möglichkeiten eröffnen, austragungswillige Schwangere durch nachgeburtliche Sorgegewährung so zu entlasten, dass ihnen eine Vollendung der Schwangerschaft unter Absenkung der „zumutbaren Opfergrenze“ ermöglicht wird.
- Zitierweise dieses Beitrags:
Dtsch Arztebl 2018; 115(42): A 1862
Anschrift des Verfassers
Prof. Dr. med. Wolfgang Uwe Eckart
Reinhard-Hoppe-Straße 15
D-69118 Heidelberg-Ziegelhausen
Literatur im Internet:
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Kommentar
Prof. Dr. med. Wolfgang U. Eckart, Medizinhistoriker, ehemaliger Direktor des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin, Universität Heidelberg
In der jüngeren deutschen Rechtsgeschichte erfolgt eine erste Vereinheitlichung des Abtreibungsrechts im Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund (1870), dem die Bestimmungen des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871 folgten. In ihnen regelten die §§ 218 bis 220 die Fruchtabtreibung und bedrohten Schwangere und Mitwirkende mit hohen Zuchthausstrafen. Der parlamentarische und außerparlamentarische – etwa im Kampf der Frauen gegen den § 218 – Weg des Abtreibungsrechts bis zur heute gültigen Norm war vor allem im 20. Jahrhundert hochkompliziert, dies gilt besonders für die NS-Diktatur mit ihrer Dichotomie von rassistischem Abtreibungsgebot und pränatalistischem Abtreibungsverbot, aber auch für die Zeit der deutschen Zweistaatlichkeit mit ihren unterschiedlichen Rechtswegen in BRD und DDR. Erst durch die Wiedervereinigung ist schließlich eine gesellschaftliche und parlamentarische Dynamik in Gang gesetzt worden, die das heute geltende Recht schuf. Dieser Weg ist andernorts nachgezeichnet worden.
Entstanden ist schließlich eine Rechtsnorm, die der Frau historisch zuvor nie gekannte Straffreiheit und damit Autonomie im Hinblick auf das Schicksal ihres ungeborenen Kindes zubilligt und auch Ärzten solche Handlungsfreiräume eröffnet. Damit verbunden ist aber die Zunahme der individuellen Gewissenslast hinsichtlich einer unter Bedingungen straffrei gestellten Tötungshandlung durch Abtreibung. Von dieser Last kann der Gesetzgeber die Handelnden nicht befreien.
aerzteblatt.de/ethos
Alle Beiträge und Videos zur Beitragsreihe zu aktuellen Fragen des ärztlichen Ethos in der heutigen Zeit sind im Internet abrufbar.
DÄ 19/2018
Medizinethik – Weit mehr als pure Ratio
www.aerzteblatt.de/18924
DÄ 24/2018
Antike „Medizinethik“ – Der Arzt: ein „Diener der Kunst“
www.aerzteblatt.de/181164
DÄ 27–28/2018
Arzt und Ethos –
Aufklärung und „informed consent“
www.aerzteblatt.de/181324
DÄ 31–32/2018
Digitalisierung in der Medizin –
Skepsis gegenüber Hypes
www.aerzteblatt.de/181425
DÄ 38/2018
Lebensqualität in der Medizin – Gesundheit und Wohlbefinden
www.aerzteblatt.de/181640
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