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Randnotiz: Frage nach der Nützlichkeit


Die Kleine Anfrage der AfD-Fraktion im Bundestag zu den Ursachen für den Zugang zur Erwerbsminderungsrente von Anfang August (Drucksache 19/12218) lag harmlos im Ablagefach „Warten auf Antwort der Bundesregierung“. Dort wäre sie unbeachtet geblieben, hätten nicht die Diakonie Deutschland und der Bundesverband Evangelische Behindertenhilfe auf eine Frage unter den vielen hingewiesen, die aufhorchen lässt.
Die Hilfsorganisationen taten dies anlässlich des fünfjährigen Bestehens des Gedenk- und Informationsorts für die Opfer der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Morde in Berlin, wo 300 000 Patienten aus Heil- und Pflegeanstalten sowie „rassisch“ und sozial unerwünschte Menschen im Rahmen der Aktion „T4“ zwischen 1939 und 1945 als „lebensunwert“ ermordet wurden.
Denn die AfD will wissen, welche „volkswirtschaftlichen Verluste durch die nicht genutzten Erwerbspotenziale“ von Menschen mit psychischen Erkrankungen und Beziehern von Erwerbsminderungsrenten bestehen. Die Diakonie warnt angesichts der Anfrage der AfD vor „neuen Formen der Ausgrenzung psychisch Kranker“. Doch das ist noch zu kurz gegriffen. Hinter der Frage darf die Vorstellung vermutet werden, dass psychisch Kranke die Volkswirtschaft und die Sozialsysteme belasten. Die Nazis propagierten ihre Vernichtungsaktionen mit Plakaten von „unnützen Essern“, die nicht in den „gesunden Volkskörper“ passten. Kein Mensch darf Nützlichkeitserwägungen unterworfen werden – niemals mehr. Zu hoffen ist, dass die Bundesregierung die Antwort auf die AfD-Frage zurückweist.
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