MEDIZIN: Diskussion
„Psychogen“ nicht der Weisheit letzter Schluss
“Psychogenic” is Not the Be-All and End-All


Das Thema Reizdarmsyndrom wird wiederholt im Ärzteblatt thematisiert, leider einseitig. Ich vermisse eine wegweisende Untersuchung aus dem Jahr 2014 von Frau Prof. Annette Fritscher-Ravens, in der sie nachweisen konnte, dass 22 von 36 Patienten mit der Diagnose Reizdarmsyndrom unter einer spezifischen Nahrungsmittelunverträglichkeit litten (1)
Die angewandte Methode ist sicher nicht als Routineuntersuchung geeignet, sollte uns aber zeigen, dass wir mit einer Therapie, die sich an einem biopsychosozialen Krankheitsmodell orientiert, nur sehr bedingt erfolgreich werden behandeln können. Vielmehr erwächst daraus die Notwendigkeit, Methoden zu entwickeln, die in einfacherer Weise erlauben, diese Nahrungsmittelunverträglichkeiten festzustellen.
Mit der sich zunehmend durchsetzenden Haltung, Krankheiten, für die wir mit herkömmlichen Methoden keine Erklärung finden, als psychogen bedingt einzustufen, helfen wir weder unseren Patienten noch uns, sondern verursachen psychisches Leid und Komorbidität und letztlich natürlich auch Ärzte-Hopping.
DOI: 10.3238/arztebl.2019.0755b
Dr. med. Astrid Spangenberg
Zentrum für Seltene Erkrankungen
Medizinische Hochschule Hannover
spangenberg.astrid@mh-hannover.de
Interessenkonflikt
Die Autorin erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
1. | Fritscher-Ravens A, Schuppan D, Ellrichmann M, et al.: Confocal endomicroscopy shows food-associated changes in the intestinal mucosa of patients with irritable bowel syndrome. Gastroenterol 2014; 147: 1012–20 CrossRef MEDLINE |
2. | Häuser W, Marschall U, Layer P, Grobe T: The prevalence, comorbidity, management and costs of irritable bowel syndrome—an observational study using routine health insurance data. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 463–70 VOLLTEXT |