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Poliomyelitis: Impfquoten in Deutschland zu niedrig


In Deutschland werden zu wenige Kinder gegen Polio geimpft. Nach den jüngsten Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) für 2017 lag die Impfquote gegen Kinderlähmung (Poliomyelitis) bei Schulanfängern bei nur noch 92,9 Prozent, teilte die Bundesbehörde zum Welt-Polio-Tag am 24. Oktober mit.
Für Polio sollte diese Quote nach den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation aber bei mindestens 95 Prozent liegen. „Die Impfquoten sind zu niedrig“, sagte Sabine Diedrich, Leiterin des Nationalen Referenzzentrums für Poliomyelitis und Enteroviren am RKI. In den vergangenen drei Jahren wurde in Deutschland der leichte, aber deutliche Abfall der Polio-Impfraten registriert. Ein Prozent weniger geimpfte Kinder im Jahr klinge nicht viel, ergänzte Diedrich. „Ein Geburtsjahrgang umfasst in Deutschland aber rund 700 000 Kinder. Wenn sieben Prozent nicht geimpft sind, heißt das, dass pro Jahr fast 50 000 Kinder nicht mehr gegen Polio geschützt sind.“ Und ihre Zahl steige von Jahr zu Jahr an.
„In Deutschland gibt es möglicherweise auch mit Blick auf Polio die Gefahr einer falschen Sicherheit“, sagte Rudi Tarneden, Sprecher des Kinderhilfswerks Unicef. Die meisten Eltern seien nicht gegen das Impfen. „Aber sie kennen die dramatischen Auswirkungen der Kinderlähmung nicht mehr aus eigener Anschauung. Das macht gleichgültig.“
Bei den Epidemien 1953/54 gab es in Deutschland Tausende Polio-Fälle mit fast 10 000 Toten. Am häufigsten traf es vor den Massenimpfungen Kinder und Jugendliche. Wer überlebte, trug häufig Lähmungen an Armen oder Beinen davon. Im Alter können sich die Symptome durch die Muskelermüdung wieder verstärken. Bis heute ist Kinderlähmung nicht heilbar. dpa