POLITIK
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Mehr Nebenwirkungen gemeldet


Ärzte melden immer mehr unerwünschte Arzneimittelwirkungen an die AkdÄ, die für das Jahr 2018 erstmals einen Bericht zu diesem Thema veröffentlicht hat. Zudem kritisierte die Kommission auf ihrer Mitgliederversammlung, dass es oft zu wenige Erkenntnisse über neue Arzneimittel gebe.
Die Zahl der Meldungen von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) an die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) durch Ärztinnen und Ärzte ist angestiegen. „Wir hoffen, in diesem Jahr die 4 000er-Grenze zu erreichen“, sagte die Geschäftsführerin der AkdÄ, Dr. med. Katrin Bräutigam, Ende November auf der Mitgliederversammlung der AkdÄ in Berlin. Im Vorjahr lag die Zahl der sogenannten Spon-tanmeldungen an die AkdÄ bei etwa 3 600. Im Jahr 2004 waren es noch etwa 2 200. Zum 31. Oktober 2019 gab es etwa 3 400 UAW-Meldungen von Ärztinnen und Ärzten an die AkdÄ. Für das Jahr 2018 hat die AkdÄ erstmals einen Jahresbericht veröffentlicht, der unter anderem detaillierte statistische Angaben zu den eingegangenen Nebenwirkungsberichten enthält.
Im März dieses Jahres hat die AkdÄ den Leitfaden „Nebenwirkungen melden“ herausgegeben, in dem dargestellt ist, warum und wie Ärzte Nebenwirkungen melden sollten und was sie dabei hinsichtlich des Datenschutzes und der ärztlichen Schweigepflicht beachten müssen. Zudem erfahren sie darin, was mit den Informationen aus den Nebenwirkungsmeldungen geschieht.
Der Vorsitzende der AkdÄ, Prof. Dr. med. Wolf-Dieter Ludwig, kritisierte, dass es nach wie vor häufig – beispielsweise im Bereich der Onkologie – zu wenige Erkenntnisse über die neu auf den Markt gekommenen Arzneimittel gebe. Dies verdeutlichten auch die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung neuer Arzneimittel gemäß AMNOG-Verfahren. Seit Einführung dieses Verfahrens im Jahr 2011 konnte bei mehr als 50 Prozent der untersuchten Wirkstoffe kein Zusatznutzen gegenüber einer Vergleichstherapie nachgewiesen werden oder ein solcher war nicht quantifizierbar. Somit fehlten auch häufig noch Erkenntnisse darüber, wie die neuen Arzneimittel sinnvoll einzusetzen seien.
Patienten wollen Informationen
In der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) habe die Zahl der Arzneimittel, die nach einem beschleunigten Zulassungsverfahren auf den Markt kommen, deutlich zugenommen, berichtete Ludwig, der Mitglied im Management Board der EMA ist. Ein wichtiges Argument hierfür sei, dass schwer kranken Patienten so ein früherer Zugang zu neuen Therapien ermöglicht werden könne. „Die meisten Patienten wollen aber nicht in erster Linie einen schnellen Zugang zu neuen Arzneimitteln, sondern aussagekräftige Informationen über deren Wirksamkeit und Sicherheit“, betonte Ludwig. „In der Onkologie haben die meisten Patienten, die neu zugelassene Arzneimittel erhalten, bereits eine oder mehrere Therapielinien hinter sich. Sie wollen deshalb genau wissen, was sie erwartet, wenn sie sich auf eine weitere neue Therapie einlassen.“ Zum Glück sei Europa in diesem Punkt noch weit hinter den USA zurück, wo im Jahr 2018 mehr als 60 Prozent der neuen Arzneimittel über ein beschleunigtes Verfahren zugelassen worden seien.
Personalmangel bei der EMA
Ludwig berichtete auch über den Stand des Umzugs der EMA von London nach Amsterdam in diesem Jahr, der infolge des Brexits notwendig geworden war. Derzeit arbeiten die Mitglieder der EMA im Spark Building im Norden Amsterdams. Bald werden sie jedoch in das Vivaldi Building im Süden von Amsterdam umziehen, das neu erbaut und der EMA am 15. November dieses Jahres übergeben wurde. In diesem Gebäude mit 18 Stockwerken gibt es 1 300 Arbeitsplätze.
Derzeit arbeiteten nur 728 Personen für die EMA, erklärte Ludwig. In London waren es zuletzt über 900. „Dass so viele Arbeitsplätze momentan nicht besetzt sind, ist ein großes Problem“, betonte Ludwig. Denn so könne die EMA nicht alle ihre Aufgaben zeitgerecht erfüllen, die sich zum Beispiel aus der Umsetzung der Medizinprodukte-Verordnung, den Auswirkungen des Brexits oder aus Fragen zur Verunreinigung von Arzneimitteln durch Nitrosamine ergäben. Falk Osterloh