POLITIK
KBV-Vertreterversammlung: Rück- und Ausblick auf eine Gesetzesflut
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Notfallversorgung, Digitalisierung, Honorarreform – diese Themen dürften ganz oben auf der gesundheitspolitischen Tagesordnung für 2020 stehen. Die KBV will anstehende Neuregelungen mitgestalten und setzt dabei auf die Dialogbereitschaft des Bundesgesundheitsministers.
Gesetzgeberische Hyperaktivität bescheinigte Dr. med. Andreas Gassen dem Bundesgesundheitsminister im Jahresrückblick. Dass die Flut an Gesetzen meist nur in Teilen und zeitversetzt in Kraft trete, mache das Ganze zusätzlich unübersichtlich, kritisierte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) am 6. Dezember bei deren Vertreterversammlung (VV) in Berlin. Doch Jens Spahn (CDU) habe zumindest eine politische Idee und wolle etwas verändern. „Das kennen wir sonst aus der Bundesregierung gar nicht mehr“, meinte Gassen. Der Minister liege nicht immer richtig, er verschließe sich aber nicht guten Argumenten. „Wir müssen in den Diskurs treten und um sinnvolle Regelungen ringen“, sagte der KBV-Vorsitzende. Es sei der Mühe wert, denn das Angebot zur Debatte sei für Spahn keine leere Hülse, sondern ernst gemeint.
Überzeugungsarbeit müssen die Vertragsärzte insbesondere bei der geplanten Reform der Notfallversorgung leisten. Denn diese lehnen Vorschläge ab, die Akutversorgung als eigenständigen dritten Sektor auszubauen. Würden an ausgewählten Krankenhäusern organisatorisch und wirtschaftlich eigenständige integrierte Notfallzentren geschaffen, wie es in der Politik diskutiert werde, schaffe das nur neue Schnittstellen – „und zwar ohne Not“, warnte Gassen.
Patienten besser navigieren
Bereits heute arbeiteten in den Regionen Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte in Portalpraxen oder an gemeinsamen Tresen gut zusammen, um die Versorgung der Patienten außerhalb der Praxisöffnungszeiten sicherzustellen. Diese gewachsenen Strukturen müssten erhalten bleiben. Das habe Bundesgesundheitsminister Spahn immerhin zugesagt. Gassen rechnet damit, dass die Reform der Notfallversorgung eines der ersten gesetzgeberischen Vorhaben 2020 wird.
Damit Patienten an der richtigen Stelle versorgt werden und nicht mit Bagatellerkrankungen die Notaufnahmen der Krankenhäuser aufsuchen, haben die KBV und die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) die Rufnummer des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes ausgebaut. Die 116117, unter der auch die Terminservicestellen der KVen erreichbar sind, soll von Januar an bundesweit rund um die Uhr verfügbar sein. Das sieht das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vor. Ab Mitte nächsten Jahres würden Anrufer dann von qualifizierten Fachkräften einer medizinischen Ersteinschätzung unterzogen, erläuterte Gassen. Der Anruf von Patienten ende mit einer Empfehlung zur angemessenen Versorgungsebene, gegebenenfalls ergänzt um die Vermittlung eines Termins beim Haus- oder Facharzt oder beim Psychotherapeuten. Die medizinische Ersteinschätzung am Telefon eröffne erstmals die Chance, Patienten zu navigieren und die Ressource Arzt und Psychotherapeut bedarfsgerecht einzusetzen, sagte Gassen. Vor einem solchen, dringend notwendigen Schritt scheue die Politik noch zurück.
Ältere haben das Nachsehen
Gassen rechnet durch das erweiterte Angebot mit steigenden Anruferzahlen. Im vergangenen Jahr hätten die von den KVen ungeliebten Terminservicestellen gut 220 000 Termine vermittelt. Gemessen an einer Milliarde Arzt-Patient-Kontakte sei das allerdings nicht viel, meinte Gassen. Offenbar habe die Politik das Problem der Wartezeiten auf Termine beim Facharzt überschätzt.
Ungeklärt sei zudem, ob durch das Angebot der Terminservicestellen die richtigen Patienten vermehrt Termine erhielten. Die mit dem TSVG eingeführten finanziellen Anreize, neue Patienten aufzunehmen, könnten dazu führen, dass Ältere und chronisch Kranke das Nachsehen hätten. „Wir bekommen hier ein neues Versorgungsproblem“, warnte Gassen.
Der KBV-Vorsitzende erneuerte außerdem seine Forderung nach einer angemessenen und vor allem unbudgetierten Vergütung für Ärzte und Psychotherapeuten. Er tat dies insbesondere mit Blick auf eine von der großen Koalition eingesetzten Arbeitsgruppe, die Vorschläge für eine umfassende Vergütungsreform erarbeiten soll. „Wir brauchen keine Einheitsgebührenordnung“, erklärte Gassen. Er plädierte für den Erhalt des dualen Systems aus privater und gesetzlicher Krankenversicherung mit den entsprechenden unterschiedlichen Gebührenordnungen. Was allerdings nicht sein könne, sei, dass dieselben Leistungen in Kliniken und Praxen unterschiedlich bezahlt würden. „Darum sollte die von der Politik eingesetzte Vergütungskommission sich kümmern“, sagte Gassen.
Nachbesserungsbedarf mahnte er bei der Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) an, die kurz vor dem Abschluss stehe. „Der unsägliche Anspruch, eine Reform kostenneutral und damit durch Umverteilung zu bewerkstelligen, ist nicht sinnvoll zu erfüllen“, erklärte Gassen (siehe Kasten).
Ähnlich wie dieser forderte auch der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KBV eine bessere Steuerung der Patienten durch das Gesundheitssystem. „Dieser Herausforderung muss sich die Politik endlich stellen“, erklärte Dr. med. Stephan Hofmeister. Zurzeit werde Versorgung gesteuert, indem die Honorare von Ärzten und Psychotherapeuten gedeckelt würden. Man müsse aber beim Patienten ansetzen. Die ersten Erfahrungen mit der medizinischen Ersteinschätzung am Telefon in den Testregionen zeigten zum Beispiel, dass die Patienten die Koordination dankbar annähmen und sich ernst genommen fühlten.
Schnelligkeit vor Gründlichkeit
Auch Hofmeister kritisierte die „iterative Gesetzgebung“ von Bundesgesundheitsminister Spahn. Gesundheit sei ein zu wichtiges Thema für ein Vorgehen nach dem Motto „Schauen wir mal, ob es klappt“, erklärte Hofmeister. „Das ist nicht vermittelbar und für die Patienten möglicherweise sogar gefährlich.“
Die Tücken der iterativen Vorgehensweise zeigten sich insbesondere beim Anschluss der Ärzte und Psychotherapeuten an die Telematikinfrastruktur (TI). Engste mit Sanktionen bewehrte Fristen hätten dazu geführt, dass Schnelligkeit beim Anschluss der Praxen über Gründlichkeit und Sorgfalt gegangen sei. Und für Lücken beim Datenschutz würden jetzt die Ärzte verantwortlich gemacht, kritisierte Hofmeister. Diese seien aber für fehlerhafte Anschlüsse nicht haftbar zu machen. „Wir lassen uns nicht den Schwarzen Peter zuschieben“, sagte Hofmeister. Die Ärzte müssten sich darauf verlassen können, dass die IT-Techniker ihren Job gut machten. Unter diesen Umständen sei es schwierig, den Praxen Lust auf Digitalisierung zu machen.
Mit Blick auf den sich abzeichnenden Fachkräftemangel im Gesundheitswesen räumte Hofmeister ein, dass Aufgaben zwischen den Gesundheitsberufen neu verteilt werden müssten. Es gehe aber dabei immer um die Delegation und nicht die Substitution ärztlicher Leistungen. „Diagnose und Therapieentscheidung gehören zum Kerngeschäft des Arztes“, sagte der KBV-Vorstand. Dabei seien Ärzte nicht ersetzbar. „Wir müssen die Entwicklung aber konstruktiv begleiten“, forderte er. Denn Aufgaben zu delegieren, schaffe Bewegungsfreiheit und ermögliche es den Ärzten, sich auf urärztliche Leistungen zu konzentrieren. Dafür sei es notwendig, andere Gesundheitsberufe aufzuwerten und zum Teil auch zu akademisieren.
Vorbild Allgemeinmedizin
Kritisch sieht Hofmeister die Versuche, dem Fachkräftemangel in Deutschland durch das Anwerben von Gesundheitspersonal aus dem Ausland entgegenzuwirken. Es sei moralisch und ethisch fragwürdig, wenn dadurch die Gesundheitssysteme anderer, womöglich ärmerer Länder ausgesaugt würden und dringend benötigte Fachkräfte verlören. Nur wenn Menschen in ihrer Heimat keine Aussicht auf eine Zukunft hätten, könne man über eine Anwerbung nachdenken. „Wir müssen uns um eigenen Nachwuchs bemühen“, erklärte Hofmeister und führte als Beispiel die Allgemeinmedizin an. Dort stiegen seit einiger Zeit die Absolventenzahlen wieder, weil Förderprogramme aufgelegt und das Image verbessert worden sei. „Hier dürfen wir nicht nachlassen. Dafür brauchen wir einen langen Atem.“
Ebenfalls mit viel Überzeugungsarbeit rechnet die KBV bei der Umsetzung digitaler Angebote in der Vertragsarztpraxis. Dazu hat Dr. rer. oec. Thomas Kriedel, KBV-Vorstandsmitglied, mit Hinblick auf ein weiteres Digitale-Versorgungsgesetz für eine bessere Interoperabilität sowie praktikable Lösungen für Vertragsarztpraxen geworben. „So lange die Patienten, aber auch die Ärzte und Psychotherapeuten keine verlässliche und nachhaltige Verbesserung des Versorgungsalltages in den Praxen erleben, solange wird sich ihr Enthusiasmus in Grenzen halten“, erklärte Kriedel vor den Mitgliedern der VV. Im neuen Gesetz, das laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) im Januar 2020 vorliegen soll, müssten beispielsweise weitere Regelungen zur Videosprechstunde enthalten sein. „Hier muss der Gesetzgeber klar festlegen, dass keine Praxis eine Datenschutz-Folgeabschätzung vorlegen muss und auch kein eigener Datenschutzbeauftragter benötigt wird“, sagte Kriedel, der im KBV-Vorstand für die Digitalisierung zuständig ist. Auch mit Blick auf weitere telemedizinische Anwendungen warnte Kriedel davor, dass zu bürokratische Regelungen besonders kleinere Praxen überforderten. „Wer einerseits die Videosprechstunde fördert, sollte sie nicht aus Unachtsamkeit an anderer Stelle durch überzogenen Datenschutz oder organisatorische Maßnahmen faktisch verhindern.“
Daten sollen verfügbar sein
Ebenso bewertete er es kritisch, dass sich die derzeit in Planung befindlichen elektronischen Patientenakten (ePA), die Krankenkassen für ihre Versicherten anbieten müssen, nicht zum interkollegialen Austausch eignen. Kriedel forderte, dass Ärzte alle Behandlungsdaten kennen müssten. „Ärzte müssen sich ein volles Bild machen können, da sie nicht ahnen können, ob ein Patient gewisse Infos aus der Akte gelöscht hat.“ Dies müsse im neuen Digitale-Versorgungsgesetz festgeschrieben werden. Wichtig sei dies für die sinnvolle Nutzung der Steuerung von Patienten über die zentrale Notfallnummer 116117: „Es fehlt uns die Ermächtigungsgrundlage, damit die bei der 116117 erfassten Ergebnisse der medizinischen Ersteinschätzung an die weiterbehandelnden Ärzte weitergegeben werden dürfen – und zwar auch ohne Einwilligung der Versicherten und damit unbürokratisch.“
Kriedel forderte vom Gesetzgeber zudem, dass es auch beim derzeit laufenden Anschluss an die TI klarere Verantwortlichkeiten für die Datensicherheit und den Datenschutz gibt. „Nach unserer Vorstellung tragen die Praxen die Verantwortung für das interne Praxisnetz und den Anschluss an die digitale Außenwelt. Also bis zum Konnektor.“ Die Verantwortung der Praxisärzte gelte nicht darüber hinaus. „Was die Sicherheit der Geräte, etwa der Konnektoren und die Sicherheit der TI insgesamt angeht, bleibt die gematik in der Verantwortung.“ Daher forderte er die Politik zu einer „verbindlichen Klarstellung“ auf. So solle die sogenannte Datenschutz-Folgeabschätzung bei der Datenverarbeitung in der TI in der Hand der gematik bleiben – und nicht als Zusatzpflicht bei jeder einzelnen Praxis liegen.
Für die eigenen Aufgaben bei der Digitalisierung von Vertragsarztpraxen sieht er die KBV auf einem guten Weg. So werde beispielsweise eine Sicherheitsrichtlinie gemeinsam mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung sowie im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erarbeitet. Ebenso arbeitet die KBV an den Medizinischen Informationsobjekten, kurz MIOs, mit denen die medizinischen Informationen kompatibel und digital austauschbar werden sollen.
Haushalt gebilligt
Die Mitglieder der VV forderten in mehreren mit großer Mehrheit beschlossenen Anträgen, dass die Digitalisierung in den Arztpraxen nicht zulasten der Vertragsärzte stattfinden dürfe. Sie forderten zusätzliche Verhandlungen mit dem Gesetzgeber oder dem GKV-Spitzenverband, dass die notwendigen Investitionen für die IT-Sicherheitsrichtlinie in einem Zuschlag für die Praxen finanziert werden. Auch die Vertreter der Psychotherapeuten forderten in einem Antrag, dass der Vorstand sich dafür einsetzen müsse, dass bei Gesundheits-Apps in der Versorgung die wissenschaftliche Grundlage bestehe.
Ebenso stimmten die Mitglieder der VV über den Haushalt der KBV von 2020 ab. Demnach erhöhen sich die Ausgaben um 7,4 Millionen Euro auf rund 91,41 Millionen Euro. Davon werden insgesamt 71,56 Millionen Euro aus der Verwaltungskostenumlage der KVen finanziert. Diese liegt 2020 bei 1,75 Promille des Gesamthonorars. Im Jahr 2019 lag die Umlage bei 1,81 Promille des Gesamthonorars.
Rebecca Beerheide, Heike Korzilius
Heftige Kritik an Kassenaufsicht
Mit Blick auf die Honorarverträge für 2020 hat die KBV-Vertreterversammlung (VV) das Bundesversicherungsamt (BVA) heftig kritisiert. Das BVA übt die Aufsicht über alle Krankenkassen aus, die in mehr als drei Bundesländern vertreten sind. Nach Ansicht der VV überschreitet das Amt die Grenzen seiner Rechtsaufsicht, indem es sich „mit selbst definierten Anforderungen“ steuernd in die Honorarverhandlungen von Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und Krankenkassen einmische. Betroffen seien insbesondere Vereinbarungen über Zuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen oder Leistungserbringer. Die VV forderte den KBV-Vorstand auf, an den Bundesgesundheits- und den Bundesarbeitsminister heranzutreten, damit diese das BVA in seine Schranken weisen. Bereits seit 2019 blockiere das Amt die Honorarverhandlungen. Die Folge: Es kämen entweder gar keine Vergütungsvereinbarungen zustande, weshalb direkt das Schiedsamt angerufen werden müsse. Oder bereits einvernehmlich zwischen KVen und Kassen geschlossene Vereinbarungen müssten wieder geändert werden. Für das Jahr 2020 seien aufgrund des Vorgehens des BVA keine Vergütungsvereinbarungen unterzeichnet worden, heißt es in einem Beschluss der KBV-VV.
Zum Hintergrund: Nach § 87 a SGB V können die KVen mit den Krankenkassen Zuschläge auf den Orientierungswert für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders zu fördernden Leistungserbringern vereinbaren. Ziel ist, damit die Versorgung der Patienten zu verbessern. Der Bewertungsausschuss, der die Rahmenbedingungen für die vertragsärztliche Vergütung festlegt, hat dafür im Oktober 2012 die entsprechenden Kriterien bestimmt. Danach können KVen und Kassen die Förderung einzelner Leistungen vereinbaren, wenn Veränderungen in Art und Häufigkeit der Erbringung den Behandlungserfolg steigern. Der Bewertungsausschuss legte zudem fest, dass die Vertragspartner in ihren Vereinbarungen darlegen müssen, welche Versorgungsmängel bestehen und inwieweit diese durch die Förderung bestimmter Leistungen beseitigt werden können.
Zuschläge auf den Orientierungswert können zudem für die hausärztliche Behandlung von Patienten vereinbart werden, die an mindestens drei chronischen Erkrankungen leiden. Grundlage ist eine auf Landesebene von den Vertragspartnern festgelegte Liste von chronischen Erkrankungen. Außerdem können nach dem Beschluss des Bewertungsausschusses Ärztinnen und Ärzte gezielt gefördert werden, in deren Fachgebiet eine Unterversorgung eingetreten ist oder in absehbarer Zeit droht oder in denen zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf besteht.
Das Bundesversicherungsamt hatte am 13. September 2018 in einem Schreiben an die Kassen bemängelt, dass bei den Vereinbarungen über förderungswürdige Leistungen oder Leistungserbringer die gesetzlichen Grenzen zum Teil nicht beachtet würden. Mehrfach hätten Leistungen gefördert werden sollen, die über die Regelversorgung hinausgingen. Die Gelder aus der Gesamtvergütung seien aber auf den im Einheitlichen Bewertungsmaßstab abgebildeten Leistungskatalog beschränkt. Das BVA habe zudem festgestellt, dass die Kassen zum Teil schlicht Fördertöpfe zur Verfügung gestellt und die Verteilung mehr oder weniger den KVen überlassen hätten. Das sei kein gesetzeskonformer Umgang mit Versichertengeldern. Die Spielräume der Vertragspartner seien durch § 87 a SGB V und den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 22. Oktober 2012 abschließend geregelt. Darüber könnten sich KVen und Kassen nicht „unter Bezugnahme auf ihre allgemeine Kompetenz zur Regelung der Vergütung“ hinwegsetzen. Seit November gibt es nach KBV-Angaben einen neuen Beschluss des Bewertungsausschusses, der die regionalen Spielräume erweitert. HK
EBM-Reform verschoben
Eigentlich sollte die Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) bereits im Januar 2020 in Kraft treten. Weil sich Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband aber in wesentlichen Fragen nicht einigen konnten, wurde der Termin – voraussichtlich auf April – verschoben. Der KBV zufolge geht es bei der Reform in erster Linie darum, die Bewertung der ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen an die aktuelle Kostenstruktur der einzelnen Fachgruppen anzupassen. Das kalkulatorische Arztgehalt soll weiterentwickelt und die Zeiten, die Ärzte im Durchschnitt für eine Behandlung benötigen, neu festgelegt werden. Beide Parameter beeinflussen die Höhe des Punktwertes. KBV und GKV-Spitzenverband hatten bereits im Jahr 2012 vereinbart, den EBM zu überarbeiten. Außerdem schrieb der Gesetzgeber zwischenzeitlich vor, die sprechende Medizin zu fördern und im Gegenzug die Bewertung von technischen Leistungen zu senken. Bei der KBV-Vertreterversammlung (VV) am 6. Dezember kritisierte der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. med. Andreas Gassen die grundsätzliche Weigerung der Kassen, zusätzliche Mittel für den kalkulatorischen Arztlohn bereitzustellen. Da es kein zusätzliches Geld gebe, müsse man jetzt versuchen, spürbare Umverteilungen zu verhindern. Die technischen Fächer dürften nicht als Dauersteinbruch für Reformen missbraucht werden. Die VV beschloss, EBM-Reformen, die unter dem Vorbehalt einer Punktzahlneutralität stehen, grundsätzlich abzulehnen. Allerdings sei eine Beteiligung des Vorstands an der Umsetzung der aktuellen Reform notwendig. Den Vorschlag, die Versichertenpauschale zu kürzen, um Hausbesuche besser bezahlen zu können, lehnte die VV ab. HK
Fischer, Dorothea