

Das Deutsche Ärzteblatt hat die Themen des Jahres mit Artikeln, Interviews und Kommentaren begleitet. Mehr im Internet: www.aerzteblatt.de/rueckblick2019
Apps auf Rezept
Gesetzlich Krankenversicherte können künftig digitale Gesundheitsanwendungen auf Kosten der Krankenkassen nutzen. Dabei geht es zunächst um risikoarme Anwendungen wie etwa digitale Tagebücher für Diabetiker, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf Funktionalität und Datensicherheit geprüft hat. Für ein Jahr wird die Anwendung dann von der Kasse erstattet. In dieser Zeit muss der Hersteller einen Mehrwert oder Zusatznutzen nachweisen. KBr
AU Bescheinigung
Ärzte sind durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz ab Januar 2021 dazu verpflichtet, Arbeitsunfähigkeitsdaten ihrer Patienten digital an die Krankenkasse des Patienten zu übermitteln. Das dritte Bürokratieentlastungsgesetz sieht zudem vor, dass der Arbeitgeber ab Januar 2021 auch die AU-Bescheinigung elektronisch bei den Krankenkassen abrufen kann. Gleichzeitig sollen Ärzte den Patienten aber weiterhin eine papiergebundene AU-Bescheinigung für den Arbeitgeber ausstellen und mitgeben. EB
Bedarfsplanung
Mit einer Entscheidung zur neuen Bedarfsplanung des Gemeinsamen Bundesausschusses im Mai könnten künftig 3 466 neue Arztsitze entstehen, darunter 1 446 Hausarztsitze, 776 Sitze für Psychotherapeuten und 401 Sitze für Pädiater. Damit steigen aber auch die offenen und unbesetzen Vertragsarztsitze auf 6 906 an, vor allem in ländlichen Regionen haben Kassenärztliche Vereinigungen es schwer, diese zu besetzen. Vier Jahre haben die Beratungen bis zum Beschluss gedauert. bee
App
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Bedarfsplanung
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Cannabis
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DMP
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Cannabis
Fast 5 000 Datensätze zur Therapie mit Cannabisarzneimitteln hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) inzwischen gesammelt. Eine erste Auswertung, die im Mai beim Anästhesistenkongress vorgestellt wurde, brachten laut BfArM erwartbare Ergebnisse: Ärzte behandeln vor allem (69 Prozent) Schmerzpatienten. Mit einer Spastik begründeten etwa elf Prozent der Ärzte die Verordnung. Mehr als ein Drittel der Schmerzpatienten hat die Therapie vorzeitig wieder abgebrochen – oft weil die Wirkung nicht ausreichte. gie
Drogenbeauftragte
Daniela Ludwig ist seit September im Amt der Drogenbeauftragten der Bundesregierung. Die CSU-Politikerin hat sich von Anfang an für ein umfassendes Werbeverbot für Tabakprodukte, Tabakerhitzer und E-Zigaretten starkgemacht, das bislang immer am Widerstand der Unions-Parteien gescheitert war. Die haben sich jetzt zumindest für ein schrittweises Verbot ausgesprochen. Als erste in diesem Amt zeigt sich Ludwig auch offen dafür, Checks von Partydrogen als mögliches Instrument der Suchtpolitik zu prüfen. Konsumenten können beim „Drug-Checking“ illegal erworbene Drogen auf ihren Inhalt testen lassen. PB
DMP Depression + Rücken
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am Mitte August das inzwischen neunte Disease Management Programm (DMP) Depression beschlossen. Die Langzeitbetreuung und Koordination von Patienten mit chronischer Depression soll in dem DMP in erster Linie durch Hausärzte erfolgen oder in Ausnahmen auch durch Psychiater. Psychotherapeuten kritisieren, dass sie kein DMP anbieten dürfen. Bereits am 18. April hat der G-BA das DMP Rücken beschlossen. Auffällig war dabei, dass der GKV-Spitzenverband bei der Abstimmung im G-BA-Plenum gegen das DMP stimmte. PB
Forschungsdatenzentrum
Gesundheitsdaten sollen künftig schneller und in besserer Qualität für Forschungszwecke gesammelt und an die Forschung weitergegeben werden können. Dazu sollen die bisherigen Regelungen zur Datentransparenz im Hinblick auf die Nutzung von Sozialdaten der gesetzlichen Krankenkassen erweitert und die Datenaufbereitungsstelle zu einem Forschungsdatenzentrum weiterentwickelt werden. Die bei den Krankenkassen vorliegenden Abrechnungsdaten werden dazu pseudonymisiert an das Forschungsdatenzentrum übermittelt, welches die Daten wiederum anonymisiert der Forschung auf Antrag zur Verfügung stellt. KBr
Forschungskompatible ePA
Nach der Hightech-Strategie der Bundesregierung soll die elektronische Patientenakte (ePA) im Rahmen der Medizininformatik-Initiative (MII) bis zum Jahr 2025 in einer weiteren Ausbaustufe forschungskompatibel ausgestaltet werden. Für die bessere Vernetzung von Versorgung und Forschung baut die MII derzeit Datenintegrationszentren auf und entwickelt einen bundesweit verfügbaren Kerndatensatz, der dazu dient, Dokumente maschinenlesbar auszutauschen. Wichtig ist zudem der Austausch mit der KBV, die für die syntaktische und semantische Interoperabilität der ePA zuständig ist. KBr
Gematik
Das Bundesgesundheitsministerium hat 51 Prozent der Anteile an der Telematikgesellschaft gematik übernommen. Dies soll dazu beitragen, die Einführung der elektronischen Patientenakte und den weiteren E-Health-Ausbau schneller voranzutreiben. Außerdem können Beschlüsse künftig mit einfacher Mehrheit gefasst werden. Zur strategischen Neuausrichtung der gematik gehört auch, dass mit Dr. med. Markus Leyck Dieken seit Juli ein neuer Geschäftsführer im Amt ist. Er hat angekündigt, künftig stärker als bisher die Interessen und Wünsche der Nutzer bei der Ausgestaltung der Gesundheitstelematik einzubeziehen. KBr
Forschung
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Gewalt gegen Ärzte
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Datenschutz
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Kindergesundheit
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Gewalt gegen Ärzte
Das Bundeskabinett beschloss Ende Oktober ein Eckpunktepapier zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und der Hasskriminalität im Internet, in dem auch Strafen gegen Gewalttäter und damit Regelungen zum Schutz von medizinischem Personal erwähnt werden. „Die Zahl der Übergriffe auf Ärzte und Pfleger ist in kürzester Zeit um mehr als die Hälfte gestiegen“, erläuterte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dieses Ansinnen. Einer Studie des Deutschen Krankenhausinstituts zufolge gaben zudem 75 Prozent der befragten Krankenhäuser an, in ihren Notfallambulanzen komme es zu Übergriffen. EB
IT-Sicherheit
Mit der zunehmenden Digitalisierung im Gesundheitswesen wächst auch das Bedrohungspotenzial durch Cyberangriffe. Eine Sicherheitsrichtlinie der KBV soll künftig die Anforderungen zur Gewährleistung der IT-Sicherheit in der vertragsärztlichen Versorgung für Ärzte und Psychotherapeuten festschreiben und mehr Klarheit über die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit innerhalb der Telematikinfrastruktur schaffen. Sie muss im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik sowie mit weiteren Partnern wie dem Bundesdatenschutzbeauftragten und der Bundesärztekammer abgestimmt werden. KBr
Kinderkliniken
Im DRG-System fällt es Krankenhäusern zunehmend schwer, ihre Kinderkliniken zu finanzieren. Ein Grund ist der im Vergleich zu anderen Abteilungen hohe personelle Aufwand in der Pädiatrie. Während immer mehr Kinderkliniken schließen, mehren sich die Stimmen, die eine Herausnahme pädiatrischer Leistungen aus dem DRG-System fordern. Im August erscheint ein Artikel im Deutschen Ärzteblatt, der die Ergebnisse einer Umfrage wiedergibt. Er zeigt, wie sehr die Mitarbeiter von Kinderkliniken darunter leiden, dass sie infolge der Arbeitsverdichtung nicht mehr allen Kindern in dem Maße helfen können, wie sie es möchten. fos
Klimawandel
Mehr Hitzeperioden, Infektionskrankheiten und Herzinfarkte – der Klimawandel stellt für die Gesundheit der Menschen eine ernsthafte Bedrohung dar. Dies machte der im November herausgegebene Jahresbericht der internationalen Forschungsinitiative Lancet Countdown deutlich. Doch die Ärzteschaft wappnet sich: An der Berliner Charité wurde die erste Professur für Klimawandel und Gesundheit eingerichtet, die BÄK setzte sich für Hitzeaktionspläne ein und der Deutsche Ärztetag in Münster beschloss, den Klimawandel zu einem Schwerpunktthema des kommenden 123. Deutschen Ärztetags in Mainz zu machen. nec
Konzertierte Aktion Pflege
Um deutlich zu machen, welchen Stellenwert die Bundesregierung dem Pflegemangel beimisst, haben gleich drei Ministerien – das Gesundheits-, das Familien- und das Arbeitsministerium – im Jahr 2018 die Konzertierte Aktion Pflege ausgerufen. Im Juni wird der Abschlussbericht vorgelegt. Darin wurden unter anderem eine Erhöhung der Ausbildungsplätze um zehn Prozent, eine Verbesserung der Löhne in der Pflege und eine Vereinfachung der Integration ausländischer Pflegekräfte in den deutschen Arbeitsmarkt verabredet. Zudem sollen die Kompetenzen der Pflegekräfte gestärkt werden. fos
Nutri-Score
Nach langen Diskussionen sollen jetzt auch verpackte Lebensmittel in Deutschland eine farbige Kennzeichnung für Zucker, Fett und Salz bekommen. Den Entschluss für den französischen Nutri-Score hatte sich Bundes-ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) nicht leicht gemacht. Eine Verbraucherbefragung gab den letzten Anstoß. Der Lebensmittelverband Deutschland lehnt den Score ab. Coca-Cola erklärte, man habe „derzeit nicht vor, Nutri-Score einzuführen“. Andere Hersteller folgen Klöckners Empfehlung. Unter anderem haben Aldi, Nestlé, Danone, Lidl und Iglo erklärt, die Farbkennzeichnung einzuführen. gie
Klima
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Ernährung
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Organspende
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Pränataldiagnostik
► http://daebl.de/EB19
Notfallsanitäter
Dürfen Notfallsanitäter künftig bis zum Eintreffen des Notarztes eigenverantwortlich medizinisch tätig sein? Oder sollen sie nur auf ärztliche Anweisung handeln dürfen? Darüber will das Bundesgesundheitsministerium einen Dialog zwischen Notfallsanitätern, Ärzten und anderen am Rettungsdienst Beteiligten initiieren. Das kündigte die Bundesregierung Mitte November in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf des Bundesrates zur Änderung des Notfallsanitätergesetzes an. Der Bundesrat will die Kompetenzen der Notfallsanitäter erweitern, um Rechtsunsicherheiten zu beseitigen. HK
Organspendedebatte
In einer kontroversen ersten Lesung hat der Deutsche Bundestag am 26. Juni über die für 2020 geplante Neuregelung der Organspende diskutiert. Zwei Vorschläge für Gesetzesänderungen stehen zur Debatte: Der Entwurf einer Gruppe um Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) setzt auf eine „doppelte Widerspruchslösung“. Er sieht vor, dass jeder volljährige Mensch in Deutschland automatisch als Organspender gilt – es sei denn, er hat dem widersprochen. Der Alternativvorschlag einer Gruppe um die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock plädiert dagegen weiterhin für eine ausdrückliche Zustimmung. ER
Pränatale Bluttests
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat am 19. September beschlossen, dass nicht invasive Pränataltests (NIPT) in begründeten Einzelfällen und nach ärztlicher Beratung unter Verwendung einer Versicherteninformation eingesetzt werden können. Ziel ist es, invasive Untersuchungen zur Erkennung von Trisomien 13, 18 oder 21 beim ungeborenen Kind und das damit verbundene Risiko einer Fehlgeburt nach Möglichkeit zu vermeiden. Die Kostenübernahme der Tests durch die gesetzlichen Krankenkassen wird voraussichtlich 2020 möglich. Dann soll die Versicherteninformation fertig entwickelt und beschlossen sein. ER
PPP-Richtlinie
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat am 19. September die Richtlinie über die Personalausstattung in psychiatrischen, psychosomatischen und kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken (PPP-Richtlinie) beschlossen. Damit wird die 30 Jahre alte Psychiatrie-Personalverordnung abgelöst. Zum 1. Januar 2020 sollen verbindliche personelle Mindestvorgaben in Kraft treten, die die Kliniken nicht unterschreiten dürfen, sonst drohen finanzielle Sanktionen. Ärzte und Psychotherapeuten sehen damit eine leitliniengerechte Versorgung psychisch kranker Patienten gefährdet. PB
Schwangerschaftsabbruch
Die Debatte um das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbruch (§ 219 a) hat sich auch 2019 fortgesetzt. Im Dezember wird die Gießener Ärztin Kristina Hänel erneut verurteilt. Im Kompromiss von SPD und Union im März heißt es, dass Ärztinnen und Ärzte auf ihrer Webseite angeben dürfen, dass sie Abbrüche durchführen, aber nicht über die Methode informieren dürfen. Dies soll rechtssicher auf einer Liste der Bundesärztekammer möglich sein, die seit Ende Juli veröffentlicht und regelmäßig aktualisiert wird. Das BMG hat eine Studie in Auftrag gegeben, die die psychischen Folgen von Schwangerschaftsabbrüchen untersuchen soll. bee
Selbstverwaltung
Mitglieder der Selbstverwaltungsgremien von Vertragsärzten, Krankenkassen sowie im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erlebten 2019 mehrfach Beschuss aus der Politik: In mehreren Gesetzen sollten (und werden) die Selbstverwaltungsgremien verändert, besonders deutlich beim GKV-Spitzenverband und beim Medizinischen Dienst. Beim G-BA wurde am Beispiel der Liposuktion bei Lipödem aus Sicht des G-BA ein Exempel statuiert, wie künftig Methodenbewertungen ablaufen sollen. Für die Vertragsärzte sind die Verlängerungen der Sprechstundenzeiten ein Ärgernis. bee
Psychiatrie
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Pflege
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E-Health
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Notfallambulanzen
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Spahn, Jens
Wie kein anderer Minister vor ihm mischt Jens Spahn die Gesundheitspolitik auf: 20 Monate, 20 Gesetze, das ist seine Bilanz 2019. 16 Vorhaben sind fast oder komplett abgeschlossen (Übersicht nächste Seite). Dabei legt er sich mit allen Beteiligten an: mit den Ärzten (Erhöhung der Sprechzeiten), den Krankenkassen (Reform der Selbstverwaltung und des MDK), den Digitalisierungsverweigeren. Mit täglicher Medienpräsenz bleibt er sichtbar im CDU-Machtkampf, fokussiert sich aber auf Sachpolitik. Zur Halbzeit der Koalition hat er fast alles aus dem Vertrag abgearbeitet. Für 2020 sollen im Ministerium acht Gesetze liegen. bee
TI-Anschluss
Bis zum 1. Juli waren rund 170 000 Vertragsärzte und -psychotherapeuten gesetzlich verpflichtet, ihre Praxis an die Telematikinfrastruktur (TI) anzuschließen und als erste Anwendung das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) vorzunehmen. Bei jedem ersten Arzt-Patienten-Kontakt im Quartal müssen sie künftig das VSDM durchführen und dies gegenüber ihrer KV nachweisen. Ärzte, die sich verweigern, haben Honorarabzüge hinzunehmen. Als nächste TI-Teilnehmer werden sich nun Apotheker (bis 30. September 2020) und Krankenhäuser (bis 2021) an das Netz andocken. KBr
Triage am Telefon
Die Rufnummer des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes wird zur umfassenden Servicenummer ausgebaut. Künftig ist die 116117 rund um die Uhr erreichbar und gilt auch für die Terminvermittlung der Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen. Der Ausbau des Telefonangebots soll dazu beitragen, die Patienten in die Versorgungsebene zu steuern, die ihren Beschwerden angemessen ist. Mithilfe eines standardisierten medizinischen Ersteinschätzungssystems sollen die Anrufer von Mitte 2020 an strukturiert befragt werden. Das Ergebnis ist keine Diagnose, sondern eine Einschätzung der Dringlichkeit der Behandlung. HK