BRIEFE
EU-Gesundheitskosten: Multimorbides System


… Erst jetzt werden uns von der EU-Kommission die hohen Kosten und durchschnittlichen Ergebnisse zu Bewusstsein gebracht? Das sehe ich völlig anders:
Die Tatsache, dass wir in Deutschland sehr viel mehr pro Kopf an Gesundheitskosten als die anderen europäischen Länder verkraften müssen, ist ein alter Hut … Gestört hat es bisher niemanden in der Politik wirklich … Dass die Lebenserwartung in anderen europäischen Ländern höher als bei uns ist, wundert mich bei dem massiven Einsatz unnötiger Untersuchungen und Angstmacherei im Gesundheitswesen, welches sich auf diese Weise ständig selbst am Leben erhält, nicht wirklich.
Die fehlenden Zuzahlungen im Versicherungsschutz sind auch die Ursache für die extrem unnötige, nächtliche und feiertägliche Inanspruchnahme von Notfalleinrichtungen, vor allem der Krankenhäuser … Die unzureichende Koordination der Patientenbehandlung ist uns doch schon immer bewusst … Das „Gatekeeping-System“, wie es zum Beispiel in den Niederlanden hervorragend funktioniert, traut sich doch kein Politiker wirklich einzuführen … Die Schnittstelle zwischen Ärzten und Krankenhäusern würde besser funktionieren, wenn es deutlich weniger Krankenhäuser und entsprechende operative Einheiten gäbe … Die neuen Krankenhauspläne in Nordrhein-Westfalen lassen einen Hoffnungsfunken erkennen, doch glaube ich nicht wirklich, dass man sich gegen konfessionelle und lokalpolitische „Patrioten-Politiker“ durchsetzen kann …
Der Mangel an Gesundheitspersonal ist Zeichen der Überversorgung. Auch hier wird mit Flickschustermethoden (unnötiges Anfordern ausländischer Arbeitskräfte, die im eigenen Land dringend gebraucht würden) versucht, dem sich im Kollaps befindlichen System nochmal Leben einzuhauchen. Würden wir … 60 Prozent Krankenhausbetten einsparen, hätten wir das dort tätige Personal frei und könnten es sinnvoll einsetzen …
Unser System ist multimorbide. Die Gründe für die Erkrankung sind vielfältig und haben als Hauptantrieb die guten Verdienstmöglichkeiten, die sich aus den „Anpassungsvorgängen unter den Mitspielern“ im Laufe der Zeit ergeben haben … Wir sollten den „Wasserkopf“ sozialverträglich abbauen und nicht versuchen, … ein aufgeblasenes System aufrechtzuerhalten. Alle „Mitverdiener“ wie die Pharmazie, die Medizintechnik und andere Player müssen lernen, dass wir nicht länger ein „Schlaraffenland“ für diese Branchen sind …
Dr. med. Franz Koettnitz, 26871 Papenburg