

Buth et al. greifen mit guter Methodik und Fallzahl ein wichtiges Thema auf (1). Sie machen bewusst, dass Handlungsbedarf besteht. Ergänzend zu den aufgeführten Gründen der Dauereinnahme von Benzodiazepinen und Zolpidem und Zopiclon zeigte eine Dissertation von Bierhals (2), dass vor allem Patienten mit dependenten oder depressiven Persönlichkeitsakzentuierungen, manifesten Depressionen oder auffälligem Ärgerausdruck zu einer Dauereinnahme neigen. Sie spiegelte aber auch die wichtige Rolle des Hausarztes, der meist Erstverordner (77 %) und Verschreiber (90 %) ist, aber im Untersuchungszeitraum 2008 noch zu selten die Indikation (42 %), das Abhängigkeitspotenzial (45 %), Einnahmedauer (2 %) und Absetzmöglichkeiten (21 %) mit dem Patienten besprochen hat. Die Benzodiazepinabhängigkeit war umso höher, je größer die Zufriedenheit und das Vertrauen in den Hausarzt war. Dies zeigt die große Verantwortung des Hausarztes und die Notwendigkeit, vor Verschreibung die Persönlichkeitsstruktur des Patienten und die Indikation gut abzuwägen.
Hier senden Buth et al. mit dem Rückgang der Verschreibungen und der Verschreibungsdauer der Benzodiazepine und Zolpidem und Zopiclon ein positives Signal, das sie auf zunehmende Bewusstwerdung des Gefahrenpotenzials bei Ärzten zurückführen. Die gleichzeitige Zunahme der Opioidverschreibungen könnte auch einen Trend zu eher kausaler als symptomatischer Therapie zeigen. Interessant wären hierzu die Daten, wie sich gleichzeitig das Verschreibungsverhalten der (a-)typischen Neuroleptika und trizyklischen oder auf den Serotoninstoffwechsel wirkenden Antidepressiva vor allem bei Älteren entwickelt hat (3).
Eine weitere „interessierende Wirkstoffgruppe“ für den Einsatz des „Monitoringverfahrens“ wären die Laxanzien, bei denen insbesondere für Ältere eine hohe Abususrate anzunehmen ist.
DOI: 10.3238/arztebl.2019.0097a
Dr. med Jana Hummel
Mannheim
praxis@geriatrie-rheinneckar.de
Dr. med Bernadette Bierhals
Kreiskrankenhaus Grünstadt
Prof. Dr. Boris Breivogel
Ludwigshafen
PD Dr. Alexander Diehl
Klinikum Braunschweig
Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
1. | Buth S, Holzbach R, Martens MS, Neumann-Runde E, Meiners O, Verthein U: Problematic medication with benzodiazepines, „Z-drugs“, and opioid analgesics—an analysis of national health insurance prescription data from 2006–2016. Dtsch Arztebl Int 116: 607–14 VOLLTEXT |
2. | Bierhals B: Identifikation, Charakterisierung und Intervention bei Patienten mit chronischem Benzodiazepingebrauch in der Hausarztpraxis. Inauguraldissertation zur Erlangung des Doktorgrades 2015 an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. |
3. | Kopf D, Hummel J: Depression in frail geriatric patients: diagnostics and treatment. Z Gerontol Geriatr 2013; 46: 127–33 CrossRef MEDLINE |
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