MEDIZIN: Diskussion
Deskription problematischer Medikamente allein ist unzureichend
Description of Problematic Medications Alone Is Not Enough


Statistische Mitteilungen über den Gebrauch von Medikamenten mit Abhängigkeits- und Missbrauchspotenzial und das Verordnungsverhalten (1) können Medizinethikwerte wie Schadensvermeidung ins Bewusstsein rufen und so indirekt Veränderungen im ärztlichen Verhalten anregen. Daraus Kausalbeziehungen oder Behandlungsempfehlungen abzuleiten, ist aber äußerst fragwürdig. Leider enthalten viele Veröffentlichungen, so auch die Arbeit von Buth et al. (1) mit den Empfehlungen, Opioidanalgetika, Z-Substanzen oder Benzodiazepine nicht langfristig zu verordnen, keine Vorschläge, wie besser zu verfahren sei. Ein Beispiel: Chronische Schmerzzustände und Opioidanalgetika. Schmerzkrankheiten sind zwar in aller Regel therapierbar, doch oft nicht heilbar, und bei manchen gelingt keine wesentliche Besserung, sodass dann ethische Abwägungen in Kraft treten (2).
Meine Grunderfahrungen bei rund 30 000 Schmerzpatienten sind, dass die Erfassung von Schmerzursachen, Bedeutung, Auswirkungen und Coping der Betroffenen einen großen Zeitaufwand erfordert, dass sich oft eine hohe Komplexität findet, dass herkömmliche Erklärungen nach dem Reiz-Reaktions-Schema, nach dem Modell Nozizeption-Schmerzerleiden unangemessen sind.
Eine Verbesserung wurde 1996 mit Einführung der Zusatzbezeichnung „Spezielle Schmerztherapie“ erreicht. Weitere Fortschritte könnten durch die Einführung einer Facharztbezeichnung „Schmerzmedizin“ erzielt werden, wie sie in der EU in Irland seit 2014 etabliert ist. Von der „Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin“ wurde mitgeteilt, dass etwa 3,4 Millionen Menschen in Deutschland von schweren chronischen Schmerzen betroffen sind (3). Ihnen stehen etwa 1 100 spezielle, qualifizierte Schmerztherapeuten in ambulanter Tätigkeit zur Verfügung, was für die individuelle, personale Betreuung unzureichend ist.
DOI: 10.3238/arztebl.2019.0097b
PD Dr. med. Roland Wörz, M.A.
woerz.roland@t-online.de
Interessenkonflikt
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
1. | Buth S, Holzbach R, Martens MS, Neumann-Runde E, Meiners O, Verthein U: Problematic medication with benzodiazepines, “Z-drugs”, and opioid analgesics—an analysis of national health insurance prescription data from 2006–2016. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 607–14 VOLLTEXT |
2. | Wörz R: Schmerz und Ethik. Remscheid; Rediroma 2016. |
3. | Horlemann J: Chronische Schmerzen heilen nicht von selbst. Schmerzmedizin 2018; 34: 38–9 CrossRef |