THEMEN DER ZEIT
Digitale Gesundheit: Tech-Konzerne als Treiber


Ob Amazon, Apple, Facebook, Google oder Microsoft – sie alle betrachten Gesundheit als zukunftsträchtiges Geschäftsfeld und treiben die Digitalisierung der Medizin mit ambitionierten, teilweise visionären Vorhaben voran.
Wer Zugriff auf Daten hat, beherrscht den Markt – das gilt auch für den Bereich der digitalen Gesundheit. Ein stark reguliertes Gesundheitswesen wie das deutsche bietet nur bedingt Schutz vor dem Expansionsdrang der großen US-amerikanischen Digitalkonzerne, allen voran Amazon, Apple, Facebook, Google und Microsoft. Die Unternehmen werden sich vor allem über Kooperationen im Gesundheitsmarkt etablieren und dann mit den „klassischen“ Akteuren dort in Wettbewerb treten, prognostizieren Experten der Unternehmensberatung von Roland Berger in ihrer im Oktober 2019 publizierten Studie „Future of Health“ (1). Bereits bis zum Jahr 2025 sei dabei mit teilweise radikalen Veränderungen im Gesundheitswesen durch den digitalen Wandel zu rechnen.
An der Studie beteiligten sich 400 Experten des Gesundheitswesens überwiegend aus dem europäischen Raum. Den größten Wachstumsschub erwarten sie durch KI-basierte Anwendungsszenarien, allen voran in der digitalen Überwachung und Prävention sowie in der Diagnostik (siehe Kasten Marktvolumen). Bis 2025 wird zudem der Einfluss von KI auch auf Therapieentscheidungen zunehmen. Sieben von zehn Befragten rechnen damit, dass immer mehr Patienten Daten zu ihrem Gesundheitszustand digital dokumentieren und ihren Krankenkassen zur Verfügung stellen, um bessere Konditionen zu erhalten. Allein das Marktvolumen für Gesundheits-, Diagnose- und Selbstüberwachungs-Apps soll bis 2025 auf 16 Milliarden Euro zunehmen.
KI-Entwickler brauchen Zugang zu einer großen Menge qualitativ hochwertiger Daten. Gesundheitsdaten als Basis für neue digitale Angebote und Geschäftsfelder stehen bei den Tech-Konzernen daher hoch im Kurs. So hat der Google-Mutterkonzern Alphabet gerade erst für 2,1 Milliarden US-Dollar den Smartwatch-Hersteller Fitbit übernommen. Damit versucht der Konzern zum Konkurrenten Apple und dessen Smartwatch aufzuschließen.
Begehrte Gesundheitsdaten
Das verdeutlicht: Wearables und Gesundheits-Tracker gelten längst nicht mehr als Spielerei, um die individuelle Fitness zu dokumentieren, sondern sind ein Schlüssel zu den Gesundheitsdaten der Menschen und damit wichtig für eine zunehmend datengetriebene Medizin.
Google selbst arbeitet in einer Partnerschaft mit Ascension (St. Louis), einem großen US-amerikanischen katholischen Gesundheitsversorger, der 150 Krankenhäuser, Tausende Arztpraxen und andere Gesundheitseinrichtungen betreibt, seit 2018 intensiv am Einstieg in den Gesundheitsmarkt (2). Durch das Projekt „Nightingale“ erhält das Unternehmen laut einem Bericht des „Wall Street Journal“ vom November 2019 (3) Zugriff auf umfassende gesundheitsbezogene Informationen von Millionen US-Bürgern in 21 Bundesstaaten. Ascension lädt dazu die Daten – Laborergebnisse, Arztdiagnosen und Krankenhausberichte bis hin zu vollständigen Gesundheitsverläufen einschließlich Patientennamen und Geburtsdaten – in die von Google bereitgestellte Cloud.
Nicht immer transparent
Im Gegenzug können die Kliniken und Arztpraxen die sichere Infrastruktur der Cloud-Plattform sowie Werkzeuge für die Datenanalyse und -integration, für maschinelles Lernen und für die Zusammenarbeit nutzen. Ziel ist es, mittels KI-basierter Datenanalyse die Versorgung der Patienten zu verbessern. Allerdings informierten die Unternehmen zunächst weder Ärzte noch Patienten über das Projekt und die Datenspeicherung in der Cloud. Google betonte im Nachhinein, dass die Patientendaten nicht mit Kundendaten des Konzerns verknüpft werden könnten und dass alle erforderlichen Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen gewährleistet würden (4). Dazu zählt etwa die Konformität mit dem „Health Insurance Portability and Accountability Act“ in den USA, der die Datennutzung ohne Einverständniserklärung erlaubt, solange dies der Entwicklung von Diensten für den Gesundheitsbereich dient.
Die Zusammenarbeit mit Ascension umfasst nach Angaben der Unternehmen auch die Entwicklung von Tools für Ärzte und Pflegekräfte für die Patientenversorgung, etwa um ihnen relevante Patienteninformationen schneller und einfacher in einem konsolidierten Modus zur Verfügung zu stellen. Einen Einblick in Aktivitäten und Kooperationen von Google im Gesundheitsbereich gibt eine spezielle Webseite des Unternehmens (5).
Darüber hinaus befassen sich zwei weitere Unternehmen der Alphabet-Holding mit Gesundheitsthemen: Verily Life Sciences und Calico. Calico ist ein 2013 gegründetes Biotechnologieunternehmen, das den Alterungsprozess erforscht und Methoden gegen altersbedingte Krankheiten entwickeln will (6).
Verily entwickelt seit 2015 Tools und Medizinprodukte zur Sammlung und Auswertung von Gesundheitsdaten, so etwa intelligente Schuhe, die mittels Sensoren die Gesundheitsverfolgung und Sturzerkennung ermöglichen (7), oder eine smarte Windel mit Überwachungsfunktion. In einem weiteren Projekt arbeiten Forscher daran, durch einen Augenscan wichtige Daten über den Gesundheitszustand des Menschen zu ermitteln, so etwa zum Blutdruck. Aus diesen Daten und weiteren Faktoren kann über KI-basierte Verfahren eine Wahrscheinlichkeit dafür berechnet werden, dass jemand an einer Herzkrankheit leidet.
2017 startete Verily die longitudinale Baseline-Studie (8), ein Projekt unter anderem mit Beteiligung der Stanford und der Duke University School of Medicine und angestrebten 10 000 Teilnehmern. Ziel ist es, anhand der Erfassung genetischer, molekularer, klinischer und familiärer Gesundheitsdaten und von Tests herauszufinden, was Gesundheit ausmacht und welche Körperwerte tatsächlich die Grenze zwischen Gesundheit und Krankheit darstellen. Im Rahmen dieses Projekts verkündete das Unternehmen im Mai 2019 eine strategische Allianz mit den Pharmafirmen Novartis, Otsuka, Pfizer und Sanofi, um klinische Forschungsprogramme etwa zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Onkologie und Diabetes voranzubringen. Die Ziele für Verily und seine Partner seien, Patienten auf neuen Wegen zu erreichen, Studien zu erleichtern und Daten aus verschiedenen Quellen einschließlich elektronischer Patientenakten oder Gesundheits-Trackern („real-world evidence“) zu aggregieren (9).
Ökosystem Gesundheit
Der weltgrößte Versandhändler Amazon arbeitet indessen ebenfalls an einer umfassenden digitalen Gesundheitsplattform. Hierfür prädestinieren ihn vor allem seine Cloud-Technologie (Amazon Web Services) und sein Logistik-Know-how. Im Herbst 2019 erwarb der Konzern zudem Health Navigator, ein Start-up, das unter anderem Telemedizindienste entwickelt hat (10). Mit der Übernahme stellt der Konzern über eine Programmierschnittstelle unter anderem eine Diagnose- und Praxismanagementsoftware sowie intelligente Sprachverarbeitungsdienste zur Verfügung – Komponenten, die für telemedizinische Angebote oder in elektronischen Patientenakten genutzt werden können. Über Checklisten zur Ferndiagnose und Ersteinschätzungen können Anwender bei gesundheitlichen Problemen zur richtigen Anlaufstelle – Arztpraxis oder Notaufnahme – geführt werden.
Aufsehen erregten auch Berichte in US-amerikanischen Medien, wonach Amazon eine Software (Amazon Comprehend Medical) entwickelt und in einem Krebsforschungszentrum in Seattle testet, mit der sich mittels maschinellem Lernen elektronische Patientenakten nach relevanten Informationen durchsuchen lassen, unter anderem um Patienten für Medikamentenstudien zu rekrutieren (11).
Zukunftsträchtig für den Gesundheitsbereich erscheint auch die digitale Sprachverarbeitung Alexa, bei der Amazon im Wettbewerb etwa mit Siri (Apple), Google Assistant oder Cortana (Microsoft) steht. So arbeitet der Konzern mit dem Pharmaunternehmen Merck an Diensten für Patienten mit Diabetes mellitus, damit diese mit ihrer Krankheit besser umgehen können (12). Dabei wird ein Softwaretool von Amazon (Lex) genutzt, mit dem sich Anwendungen um Sprach- und Texterkennungsfunktionen erweitern lassen. Ein Beispiel ist ein Ernährungsassistent, der Empfehlungen zur Nahrungsaufnahme gibt und überwacht, wie viel Glukose aufgenommen wird.
Das Anwendungspotenzial für Sprachassistenten ist generell groß: So bietet etwa die Techniker Krankenkasse „TK Smart Relax“ an, einen Dienst, mit dem der Nutzer über Alexa Naturklänge abspielen lassen oder Entspannungsübungen machen kann. Denkbar sind auch Dienste wie die Erinnerung an die Medikamenteneinnahme, Arztpraxenfinder oder Medizinauskünfte.
In Großbritannien können die Menschen seit Mitte 2019 Gesundheitsfragen direkt an Alexa richten. Dazu arbeitet Amazon mit dem Nationalen Gesundheitsdienst des Landes (NHS) zusammen, der auf seiner Webseite auch Informationen und Hinweise zu Krankheiten veröffentlicht (13). Über die smarten Lautsprecher (Amazon Echo) werden die NHS-Webseiten durchsucht, um die Fragen zu beantworten. Das Angebot wird rege genutzt. Die britische Regierung geht davon aus, dass schon in diesem Jahr die Hälfte aller Suchanfragen über einen Sprachassistenten laufen werden. Sie erhofft sich dadurch eine Entlastung der Ärzte und Apotheker.
Stimmanalyse mit Potenzial
Bemerkenswert ist in diesem Kontext, dass Amazon ein Patent für Alexa hält, das aus der Stimmanalyse seiner Spracheingabe auf den Gesundheitszustand des Nutzers schließen kann. Dies eröffnet en passant neue Umsatzpotenziale für den Konzern, der künftig maßgeschneidert Angebote etwa für nicht verschreibungspflichtige Medikamente platzieren könnte.
Ein weiteres Standbein ist naturgemäß der Arzneimittelversand: So hat der Konzern Mitte 2018 für umgerechnet etwa 670 Millionen Euro die US-Versandapotheke Pillpack gekauft und damit den Markt für verschreibungspflichtige Arzneimittel ins Visier genommen. Außerdem hat er mit „Amazon Care“ eine eigene Krankenversicherung zur medizinischen Versorgung seiner mehr als 600 000 Mitarbeiter gegründet, um die Kosten für die medizinische Versorgung zu senken. Diese umfasst auch eine virtuelle Anlaufstelle für erkrankte Mitarbeiter, die per Onlinechat oder Video eine medizinische Fachkraft oder einen Arzt kontaktieren und sich Medikamente auf Rezept liefern lassen können. Derart entsteht ein umfassendes Versuchslabor, das Erfahrungen für größere digitale Medizinprojekte ermöglicht.
Ähnlich breit aufgestellt ist der iPhone-Hersteller Apple, dessen Vorstandschef Tim Cook mehrfach Gesundheit als zentrales neues Geschäftsfeld des Konzerns herausgestellt hat: Auch Apple betreibt für seine Mitarbeiter eigene Gesundheitszentren und nutzt die Mitarbeiter als Tester für neue Gesundheitstools und Produkte, bevor sie breit angeboten werden. Darüber hinaus hat sich der Konzern den Weg zu Patientendaten über das iPhone und zuletzt äußerst erfolgreich über die Apple Watch als Wearable gebahnt.
Schon 2014 hat Apple mit dem HealthKit eine Schnittstelle für das iPhone zur Verfügung gestellt, die Softwareentwickler dabei unterstützt, neue Gesundheitsanwendungen für das Smartphone zu entwickeln, wie etwa die Anbindung kabelfreier Blutdruckmessgeräte. 2015 folgte das ResearchKit, eine Open-Source-Plattform für die medizinische Forschung.
Mit der im Herbst 2018 vorgestellten Version 4 der Apple Watch kann der Nutzer nicht nur Bewegungen und sportliche Tätigkeiten messen, sondern auch ein 1-Kanal-EKG vom Handgelenk ablesen sowie Herzfrequenz und Herzrhythmus bestimmen (14). Die EKG-App, die eine Mitteilung bei unregelmäßigem Herzrhythmus versendet, ist inzwischen als CE-zertifiziertes Medizinprodukt in Europa zugelassen. Die „Health-App“ auf dem iPhone, die Daten der Apple Watch, des iPhone und von Apps anderer Anbieter kombinieren kann, dient dabei als Plattform, über die der Nutzer seine Gesundheitsdaten sammeln und auswerten kann. Die App nutzt dabei den HL7-Standard FHIR, der sich weltweit für den Datenaustausch zwischen Softwaresystemen im Gesundheitswesen etabliert hat.
Forschung per App
Nach einer ersten großen Herzrhythmus-Studie mit 400 000 Teilnehmern in Zusammenarbeit mit der Universität Stanford zur Bewertung der Zuverlässigkeit der Warnmeldungen auf der Apple Watch hat der Konzern inzwischen drei weitere Studien in der Pipeline (15): Die Langzeitstudie „Frauengesundheit“ soll den Zusammenhang zwischen Menstruationszyklen und Gesundheitsproblemen wie Osteoporose und Unfruchtbarkeit untersuchen, die „Herz- und Bewegungsstudie“ analysiert bestimmte Bewegungsmuster der Teilnehmer im Hinblick auf mögliche Anzeichen von Herzerkrankungen und die „Gehörstudie“ erforscht die Auswirkungen von Umgebungsgeräuschen und Kopfhörernutzung auf das Gehör. Über die eigens dafür entwickelte Research-App (derzeit nur für US-Bürger), die beispielsweise über die aktuellen Forschungsprojekte informiert und auch das Einwilligungsmanagement der Probanden unterstützt, werden die iPhone- und Apple-Watch-Nutzer dabei zu Studienteilnehmern. Geforscht wird darüber hinaus beispielsweise an der frühzeitigen Autismus-Diagnostik, an der Verbesserung der Parkinson-Therapie (mPower-App) und an einem Anfall-Detektor für Eplilepsiepatienten mittels Sensordaten und der EpiWatch-App (16).
Das ähnlich wie Google oder Amazon wegen seiner Datenschutzpolitik in der Vergangenheit häufiger kritisierte soziale Netzwerk Facebook verstärkt ebenfalls sein Engagement im Gesundheitsmarkt (Kasten „Einflussreiche Spender“). In den USA bietet es schon seit einiger Zeit eine Blutspende-Plattform (17) und jetzt auch ein „Preventive Health Tool“ (18) an, mit dem Nutzer Behandlungstermine vereinbaren oder eine Erinnerungsfunktion an Vorsorgetermine nutzen können. Daneben arbeitet der Konzern mit der Radiologieabteilung der New York University im Forschungsprojekt fastMRI daran, mit KI-gestützten Verfahren die MRT-Diagnostik zu beschleunigen, indem mittels KI aus deutlich weniger Daten gleichwertige Bilder erzeugt werden. Dabei werden künstliche neuronale Netze darauf trainiert, Ansichten zu ergänzen, die im beschleunigten Scan-Prozess weggelassen wurden (19).
Forscher des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik und Digitalisierung der Universität Potsdam haben untersucht, wie sich die großen Tech-Konzerne dem Gesundheitsbereich nähern. Laut Prof. Dr. rer. pol. habil. Key Pousttchi kommen sie aus unterschiedlichen Richtungen: Während Amazon etwa aus Händlersicht agiere und auf sein Logistik-Know-how baue und Microsoft eher aus der „klassischen IT“ komme, würden Apple und Google vom Smartphone-Betriebssystem, das heißt vom Endkunden her denken. Wer das Betriebssystem besitze und alle Daten des Smartphones verarbeite, wisse über das Leben des Kunden mehr als jeder andere, meint Pousttchi im Interview mit dem Deutschlandfunk (20). Das Smartphone sei jetzt schon die Fernsteuerung für das elektronische Leben des Menschen und werde diese Funktion künftig für sein gesamtes Leben übernehmen, und „da will man natürlich die Spinne im Netz sein. Apple und Google haben das geschafft“. Die Strategien der anderen haben ihm zufolge viel damit zu tun, den Nachteil zu kompensieren, dass sie kein Smartphone-Betriebssystem im Portfolio haben.
Ungleiche Machtbalance
Einige Experten befürchten neue Asymmetrien durch die schrankenlose kommerzielle Nutzung von Gesundheitsdaten in Kombination mit KI: „Das Sammeln von gesundheitlich relevanten Daten in Regionen, in denen Patientendaten wenig geschützt sind, gleicht dem historischen Kolonialismus“, schreibt etwa Bart de Witte, Gründer der Hippo AI Foundation (21). Dieser Ansatz zwinge die schwächsten Menschen, unfreiwillig an einem nicht konsensfähigen menschlichen Experiment teilzunehmen. Langfristig könne dies zu einer höchst ungleichen Machtbalance zwischen einzelnen Menschen oder Gruppen und Konzernen oder auch zwischen Bürgern und ihren Regierungen führen. Heike E. Krüger-Brand
Literatur im Internet:
www.aerzteblatt.de/lit0820
oder über QR-Code
Einflussreiche Spender für die Medizin
Bill & Melinda Gates Foundation
Die Stiftung, die Microsoft-Gründer Bill Gates gemeinsam mit seiner Ehefrau Melinda im Jahr 2000 gründete und unter späterer Beteiligung von Warren Buffett in Seattle, Washington, leitet, ist mit einem Kapital von fast 40 Milliarden US-Dollar die größte private Stiftung weltweit. Ein Bereich widmet sich der Behandlung und Bekämpfung von Krankheiten. Beispiele sind die Versorgung von Aids-Kranken in Botswana, die Förderung von Impfprogrammen sowie die Impfstoffforschung gegen Tuberkulose und Malaria.
Die Stiftung fördert nicht nur wohltätige Organisationen, sondern unterstützt – nicht renditeorientiert – auch Firmen und innovative Start-ups finanziell. 2015 beteiligte sie sich etwa mit 46 Millionen Euro am Tübinger Biotech-Unternehmen Curevac, 2019 investierte sie rund 50 Millionen Euro in das Mainzer Unternehmen BioNTech, das an HIV- und Tuberkulose-Impfstoffen forscht. Infos: www.gatesfoundation.org
Chan-Zuckerberg-Initiative
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und seine Frau Priscilla Chan, eine Ärztin, haben Ende 2015 eine eigene Organisation für Medizinprojekte gegründet und angekündigt, in den nächsten zehn Jahren mehr als drei Milliarden US-Dollar in die Erforschung neuer Therapien zu investieren. Anders als die Gates Foundation handelt es sich bei der Initiative nicht um eine Stiftung, sondern eine „Limited Liability Company“, die ähnlich einer GmbH auch problemlos in gewinnorientierte Unternehmen investieren kann.
Als erstes Projekt übernahm die Initiative 2017 die Suchmaschine Meta, die den Zugriff auf 18 000 wissenschaftliche Fachzeitschriften und Literaturquellen ermöglicht und mittels künstlicher Intelligenz deren Bedeutung für bestimmte Recherchen bewertet. Zu ihren Aktivitäten zählt der Aufbau eines Forschungszentrums mit 600 Millionen US-Dollar (Biohub, San Francisco), das an der Entschlüsselung der Weltkrankheiten arbeiten soll. Unter anderem soll ein menschlicher Zellatlas erstellt werden, der sämtliche Zeltypen mit ihren Eigenschaften kartografiert, um die Entwicklung von Medikamenten zu unterstützen. Infos: https://chanzuckerberg.com
Marktvolumen für digitale Gesundheit wächst
Das europaweite Marktvolumen für digitale Produkte und Dienstleistungen im Gesundheitswesen wird nach der Studie „Future of Health“ der Unternehmensberatung Roland Berger bis 2025 voraussichtlich rund 155 Milliarden Euro betragen. 38 Milliarden Euro davon sollen auf Deutschland entfallen (1). Anzeichen für einen digitalen Umbruch sehen die Experten vor allem in der Zunahme von Konzentrationsprozessen und Investitionen in der Branche: So habe die Risikokapital-Finanzierung im Bereich digitale Gesundheit im ersten Halbjahr 2019 erstmals global die 4,5-Milliarden -Euro-Marke überschritten. Zudem seien allein im ersten Quartal 2019 weltweit 371 Transaktionen (davon 78 in Europa) verzeichnet worden; darunter viel beachtete Fusionen und Übernahmen.
Nach dem aktuellen „Start-up-Barometer Deutschland“ der Beratungsgesellschaft Ernst & Young erhielten deutsche Start-ups im Jahr 2019 6,2 Milliarden Euro von Investoren – 36 Prozent mehr als 2018. Die Zahl der Finanzierungsrunden stieg um 13 Prozent auf 704, darunter 13 Investitionsrunden in der Größenordnung von mehr als 100 Millionen Euro. Allerdings spielten deutsche Kapitalgeber vor allem bei großen Finanzierungsrunden kaum eine Rolle. Das Geld kommt in der Regel von ausländischen Investoren aus den USA, Großbritannien und Asien (www.ey.com/de_de/news/2020/01/ey-start-up-barometer-januar-2020).
Laut Bitkom wird der europäische Markt für KI von rund drei Milliarden Euro in 2019 bis auf 10 Milliarden Euro im Jahr 2022 wachsen. Das entspricht einem jährlichen Wachstum von durchschnittlich 38 Prozent (Studie „AI in Europe – Ready for Take-off“).
Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.am Freitag, 21. Februar 2020, 13:55
Wachsende Wissensasymmetrien