MEDIZINREPORT
Endoprothetik: Aktive Rolle des Patienten gefragt


Die Endoprothetik ist eine Erfolgsgeschichte der operativen Medizin. Eine weitere Steigerung der Qualität dieser Eingriffe ist über die Materialauswahl und Patientencompliance zu erwarten.
Es ist bekannt, dass Kliniken, die viele künstliche Hüft- und Kniegelenke implantieren, tendenziell bessere Operationsergebnisse aufweisen als Einrichtungen mit wenigen Eingriffe. Besonders deutlich wird dies beim Teilersatz des Kniegelenks (unikondyläre Knieendoprothese). „In Krankenhäusern, die diesen Eingriff nur selten durchführen, ist die Ausfallwahrscheinlichkeit 3 Jahre nach der Erstimplantation doppelt so hoch wie bei denen, für die dieser Eingriff fast schon den Regelfall darstellt“, so Prof. Dr. med. Carsten Perka, Direktor des Centrums für Muskuloskeletale Chirurgie an der Charité Berlin, beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik (AE) in Düsseldorf.
Hoher Qualitätsstandard
Insgesamt ist jedoch inzwischen ein hoher Qualitätsstandard erreicht worden. Registerarbeit und verschiedene Zertifizierungsmaßnahmen, wie etwa das Endoprothesenregister EPRD und das Qualitätssiegel EndoCert, haben zu einer laufenden Verbesserung von Prothesen und Operationsverfahren. „An dieser Stelle sind deshalb nur noch geringe Steigerungen zu erwarten“, sagt Prof. Dr. med. Rudolf Ascherl, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik (AE), aus Tirschenreuth.
Weiteren Einfluss auf die Standzeit einer Prothese haben die Materialien sowie die Patienten selbst. Zu diesen Schlussfolgerungen kommt der Jahresbericht 2019 des Endoprothesenregisters Deutschland (EPRD) der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), in dem 1,3 Millionen endoprothetische Hüft- und Knieoperationen dokumeniert sind (1). Danach wurden 2018 rund 235 000 künstliche Hüft- und 178 000 Kniegelenke implantiert. Gleichzeitig hat sich die Verweildauer der Patienten in der Klinik nach einer Implantation deutlich verringert.
Rauchstopp wichtig
„Wir wissen heute, dass Begleiterkrankungen, Medikation sowie die körperliche und seelische Verfassung unserer Patienten einen wesentlichen Einfluss auf das Implantationsergebnis haben“, so Ascherl. So treten Wundheilungsstörungen, Infekte und Lockerungen des Implantats bei Rauchern mindestens doppelt so häufig auf. Umgekehrt würde ein gezielter Rauchverzicht jeweils 6 Wochen vor und nach dem Eingriff das rauchbedingte Risiko um 50 % senken (2).
So sei vielen Rauchern nicht bekannt, dass die im Rauch enthaltenen Kohlenmonoxide (CO) und Cyanwasserstoffe die Sauerstoffversorgung aller Gewebe vermindert. „Dadurch ist auch die Wund- und Knochenheilung bei einer Implantation beeinträchtigt“, so Ascherl. „Diese schädlichen Effekte bilden sich jedoch sehr rasch zurück, wenn man mit dem Rauchen aufhört.“
Ebenso könne ein unerkannter Diabetes, starkes Übergewicht, Zahnerkrankungen, chronische Wunden oder Hautinfektionen das Risiko für Komplikationen deutlich erhöhen. „Wir müssen die Betroffenen deshalb bereits ab dem Zeitpunkt der Indikationsstellung zum Ersatzgelenk engmaschig in die Vorbereitungen einbeziehen und aufklären“, betonte Ascherl. Dabei komme den Patienten heute eine viel aktivere Rolle zu als früher.
Dr. med. Vera Zylka-Menhorn
Entwicklungen in der Prothetik
Hüftendoprothetik
- Der Trend zu zementfreien Hüftschäften hält weiter an, sie machen zwei Drittel der Implantate aus (zementfreie Standardversorgung versus Kurzschaft 7,5:1).
- War das Verhältnis von Pressfit- zu Schraubpfannen im Jahr 2000 noch rund 1:1, hat sich dies auf 18:1 in 2018 verändert.
- Die Verwendung von hochvernetzem Polyethylen in Verbindung mit Keramikköpfen stellt mit einem Anteil von 84 % die meist gewählte Materialkombination dar. Keramik-
Keramik-Gleitpaarungen und Standard-Polyethylene haben je einen Anteil von 8 %.
Metall-Metall-Gleitpaarungen kommen nicht mehr zum Einsatz. - Ein Kopfdurchmesser von 32 mm wurde am häufigsten verwendet; 36 mm bei etwa 30 % und 28 mm bei etwa 20 % der Patienten.
Knieendoprothetik
- Knieendoprothesen werden in der Regel zementiert eingesetzt. 5 % erhalten Hybrid-Systeme, 2 % zementfreie Implantate.
- Die Anzahl der unikondylären Knieprothesen nimmt zu (12 %).
- Der Anteil der Patellae an der knieendoprothetischen Versorgung ist seit Jahren rückläufig (15 %), der an „PS-Knieprothesen“ weiter steigend (23 %).
- Die „Mobile Bearing“-Knieprothesen sind mit einem Anteil von 16 % weiterhin rückläufig.
1. | Endoprothesenregister Deutschland (EPRD): Jahresbericht 2019, http://daebl.de/MX85. |
2. | Boehler N, Felländer-Tsai L: Rauchverzicht rund um orthopädisch/unfallchirurgische Operationen: ein wesentlicher Faktor zur Ergebnisverbesserung. Z Orthop Unfall 2019; 157(05): 480–482. DOI: 10.1055/a-0974–931 CrossRef MEDLINE |