ArchivDeutsches Ärzteblatt10/2020Oberflächendesinfektion in medizinischen Einrichtungen: Einige Desinfektionsmittel sind innerhalb von Minuten viruzid für Coronaviren

MEDIZINREPORT: Studien im Fokus

Oberflächendesinfektion in medizinischen Einrichtungen: Einige Desinfektionsmittel sind innerhalb von Minuten viruzid für Coronaviren

Siegmund-Schultze, Nicola

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Foto: CDC Alissa Eckert, MS
Foto: CDC Alissa Eckert, MS

Das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 hat sich rasant in China ausgebreitet. In Europa gibt es lokal größere Ausbrüche, in Deutschland ebenfalls Infektionen auch ohne Rückverfolgbarkeit. Die Mensch-zu-Mensch-Übertragung erfolgt per Tröpfcheninfektion, wohl auch über kontaminierte Hände oder künstliche Oberflächen. Hygieniker und Virologen der Universitäten Greifswald und Bochum haben internationale Studien auf die Frage hin analysiert, wie sich Coronaviren auf Oberflächen inaktivieren lassen.

22 Studien mit Daten zum Human-Coronavirus (HCoV) 229E, zu SARS-CoV, MERS-CoV und tierpathogenen Viren wie Transmissible Gastroenteritis Virus (TGEV), Maus-Hepatitis-Virus (MHV) und Kaninchen-Coronavirus wurden ausgewählt. Die humanpathogenen Viruspartikel waren auf Metall-, Kunststoff- und Glasoberflächen bei Raumtemperatur für 2 Stunden bis 9 Tage nachweisbar, eine Luftfeuchtigkeit von ≥ 50 % war mit längeren Persistenzen assoziiert als bei 30 %. Höhere Temperaturen (30–40° C) verkürzten die Persistenz bei MERS-CoV, TGEV und MHV. Bei niedrigeren Temperaturen (4° C) blieben TGEV und MHV dagegen für ≥ 28 Tage infektiös.

Wirksame Desinfektionsmittel für alle untersuchten Coronaviren waren hochprozentiger Ethylalkohol (62–71 %), 0,5 % Wasserstoffperoxid und 0,1 % Natriumhypochlorit. In 1 Minute reduzierten sie die Zahl infektiöser Viruspartikel um 4 Logstufen in Suspensionen und um 2–4 Logstufen auf kontaminierten Oberflächen. Andere biozide Substanzen wie 0,05–0,2 % Benzalkoniumchlorid oder 0,02 % Chlorhexidin waren weniger effektiv. Die Ergebnisse seien auf SARS-CoV-2 übertragbar, so die Autoren.

Fazit: „Wenn Oberflächendesinfektionen Coronaviren einschließen sollen, sind vorzugsweise Präparate mit nachgewiesener Wirksamkeit gegen behüllte Viren wie in der Kategorie ‚begrenzt viruzid‘ zu verwenden“, so Prof. Dr. med. Günter Kampf vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Universität Greifswald. „Die Produkte sind entsprechend deklariert. Es sollten vor allem solche angewendet werden, die ihre Wirkung in 1–5 Minuten entfalten.“ Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

Kampf G, Todt D, Pfaender S, et al.: Persistence of coronaviruses on inanimate surfaces and its inactivation with biocidal agents: J Hosp Infect 2020: doi: 10.1016/j.jhin.2020.01.022.

Kommentare

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Avatar #97143
michelvoss
am Sonntag, 17. Mai 2020, 00:18

Routinemäßige Flächen-Desinfektion senkt nicht Infektionen.

"Es gibt nicht weniger als 4 internationale Publikationen, die gezeigt haben, dass routinemäßige Flächen-desinfektion keinerlei Einfluss auf die Krankenhausinfektionsrate hat, routinemäßige umweltschonende Reinigung genügt." Im Wortlaut: Interview mit Prof. Dr. Franz Daschner, 13.09.2001 https://www.dbu.de/123artikel24767.html | "improved hydrogen peroxide (IHP) lower rate of health care-associated outcomes ... but did not reach statistical significance. "Prospective cluster controlled crossover trial to compare the impact of an improved hydrogen peroxide disinfectant and a quaternary ammonium-based disinfectant on surface contamination and health care outcomes, MAJOR ARTICLE| VOLUME 45, ISSUE 9, SEPTEMBER 01, 2017 https://www.ajicjournal.org/article/S0196-6553(17)30208-0/fulltext

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