ArchivDeutsches Ärzteblatt11/2020ASH-Jahrestagung: Optionen bei Multiplem Myelom

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ASH-Jahrestagung: Optionen bei Multiplem Myelom

Ayazpoor, Ute

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Die Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) in Orlando ist einer der weltweit größten Krebskongresse. Diesmal standen neue Entwicklungen in der Immunonkologie im Fokus, vor allem nach Rezidiv und für Patienten, die sich nicht für eine Stammzelltransplantation eignen.

Beim US-amerikanischen Krebskongress in Orlando wurde diskutiert, welche Vorteile dem Einsatz von Daratumumab-Kombinationen in der rezidivierten/refraktären Situation zukommen. Ebenso ging es um den Nutzen in der Erstlinientherapie bei Patienten, die nicht für eine autologe Stammzelltransplantation in Frage kommen.

Der Bedarf an neuen, wirksamen Behandlungsansätzen sei beim Multiplen Myelom in der rezidivierten/refraktären Therapiesituation weiterhin ungedeckt, erklärte Prof. Dr. med. Hermann Einsele, Klinikdirektor Medizin II am Universitätsklinikum Würzburg. „Aktuell überleben transplantierbare Patienten mit neu diagnostiziertem Multiplem Myelom – ohne die neuen Behandlungsoptionen wie etwa Immuntherapien – im Mittel 12 Jahre, nicht transplantierbare Patienten erreichen dagegen nur 7 Jahre“, so Einsele.

Rezidive nicht zu verhindern

Auch wenn die Einführung von Proteasom-Inhibitoren und monoklonalen Antikörpern wie die des Anti-CD38-Antikörpers Daratumumab die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten deutlich vorangebracht hat, können Rezidive beim MM bislang nicht verhindert werden. Eine besonders schlechte Prognose haben Patienten, die nicht oder nicht mehr auf Proteasom-Inhibitoren und Immunmodulatoren sowie einen Anti-CD38-Antikörper ansprechen.

Dass Daratumumab-Kombinationen einen hohen Stellenwert im Rezidiv haben, belegt das beim ASH vorgestellte 4-Jahres-Follow-up der POLLUX-Studie (mit Lenalidomid und Dexamethason) und der CASTOR-Studie mit Bortezomib und Dexamethsaon. In beiden Studien war der Anti-CD38-Antikörper ab der Zweitlinie addiert worden. Dies hatte im Vergleich zur Therapie ohne den Antikörper nach median 54,8 Monaten beziehungsweise 50,2 Monaten zu einer deutlich besseren Gesamtansprechrate (ORR), mehr als einer Verdoppelung der progressiven Überlebenszeit (PFS, subgruppenunabhängig) und bei signifikant mehr Patienten zu einem tiefen Ansprechen (MRD-Negativität) geführt.

Benefit ab der Zweitlinie

Ab der Zweitlinie können Multiple-Myelom-Patienten von einer solchen Kombinationstherapie mit Daratumumab auch unabhängig von der Zahl der Vortherapien oder dem zytogenetischen Risiko der Patienten profitieren, kommentierte Einsele diese Ergebnisse.

Aber auch neu diagnostizierte Patienten mit Multiplem Myelom, die keine autologe Stammzelltransplantation erhalten können, können in der Erstlinientherapie von Daratumumab profitieren, hier in Kombination mit Bortezomib, Melphalan und Prednison (D-VMP). So ergab ein aktuelles, beim ASH vorgestelltes Update der Alcyone-Studie, dass D-VMP einen Überlebensvorteil gegenüber VMP bringt. Patienten unter D-VMP hatten nach einem medianen Follow-up von 40,1 Monaten ein um 40 % geringeres Risiko zu versterben als jene unter VMP (Hazard Ratio [HR] 0,60; 95-%-Konfidenzintervall [KI] 0,46–0,80; p = 0,0003).

Bei laufender Nachbeobachtung wurde das mediane Gesamtüberleben noch nicht erreicht, berichtete Einsele. Fast die Hälfte der Patienten (48 %) lebe nach 3,5 Jahren Nachbeobachtung noch ohne Progress. Er hob hervor, dass in der D-VMP-Gruppe mit der Dauer der Nachbeobachtungszeit auch die Zahl der Patienten zunahm, die ein besonders tiefes Ansprechen beziehungsweise eine nicht mehr nachweisbare minimale Resterkrankung zeigte. Waren in der Zulassungsstudie (medianes Follow-up: 16,5 Monate) im D-VMP-Arm 22 % gegenüber 6 % unter VMP MRD-negativ, so waren es beim Update 28 % im D-VMP- versus 7 % im VMP-Arm.

Neue Daten der MAIA-Studie deuten darauf hin, dass nichttransplantierbare Patienten vom frühen Einsatz des Anti-CD38-Antikörpers profitieren: Im Follow-up nach 36,4 Monaten hatten sie unter der Kombination von Daratumumab mit Lenalidomid und Dexamethason (D-Rd) gegenüber Rd ein um 31 % geringeres Risiko für einen Progress oder Versterben in der nächsten Therapielinie (HR 0,69; 95%-KI 0,53–0,91; p = 0,0079).

Vielversprechende zukünftige Therapieansätze für Patienten mit aggressiven MM-Rezidiven könnten laut Einsele etwa bispezifische T-Zell-Engager-Antikörper (BiTE) und Car-T-Zellen werden. Der humanisierte 2 + 1 IgG1-basierte T-Zell Engager CC-93269 bindet an Myelom-Zellen und an CD38 auf T-Zellen und zielt darauf ab, die Frequenz tumorreaktiver T-Zellen zu erhöhen, erklärte Einsele. In der beim ASH vorgestellten Phase-1-Studie (NCT03486067) konnte er in einer Dosis von 10 mg bei stark vorbehandelten Patienten eine ORR von 89 % erzielen. Ute Ayazpoor

Post-ASH-Update „Neues zur Therapie maligner hämatologischer Erkrankungen“, Frankfurt am Main, 28. Januar 2020. Veranstalter: Janssen-Cilag GmbH.

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