MEDIZIN: Diskussion
Kognitive Störungen nach traumatischer Distorsion der Halswirbelsäule: Wenig Hilfe für den Patienten
Zu dem Beitrag von Prof. Dr. med. Klaus Poeck FRCP in Heft 41/1999


Wenn im ZNS-CT oder NMR bei Beschwerden keine Veränderungen nachweisbar sind, kann dies auch dafür sprechen, dass diese Untersuchungen bei dieser Art der Verletzung nicht geeignet sind. Es geht hier nicht um eine Zerstörung von Hirngewebe. Es handelt sich hier nicht direkt um einen Zelluntergang mit einer Narbe und auch nicht direkt um Blutungen, die makroskopisch nicht nachzuweisen sind. Die Diskussion über den Zeitpunkt von noch wieder zu belebenden Hirnzellen und auch Luxusperfusionen über den Circulus Willisii ist für die Beschwerdesymptomatik der Patienten nicht adäquat. Es handelt sich hier um mikroskopische Veränderungen, die sich in einer Funktionsstörung manifestieren. In seiner ursprünglichen Funktion ist der Arzt verpflichtet, dem Patienten erst einmal Glauben zu schenken und die Plausibilität einer Ursache von Verletzung und Beschwerden zu überprüfen. Dazu sollte ihm jedes Mittel Recht sein. Auch sollte dies unbedingt unter dem Aspekt erfolgen, dem Patienten eine nachträgliche Würdigung und eventuell eine entsprechende Entschädigung zukommen zu lassen. Die Betrachtung eines Patienten als möglicher Kostgänger für Versicherungen sollte primär unterbleiben, wobei naturgemäß immer auch der Missbrauch berücksichtigt werden muss. Dieser sollte allerdings nie primär unterstellt werden. Auch wenn der Mechanismus der Störung der intrakraniellen Perfusion und des Metabolismus nachweisbar in SPECT und PET noch nicht vollständig geklärt ist, kann hier eine Hypothese herangezogen werden. Schließlich ist ein nicht erforschter medizinischer Bereich nicht zu Ungunsten einer Patientengruppe zu verwerten. Die Hypothese, die im Zusammenhang mit dem Schleudertrauma und persistierenden Beschwerden diskutiert wird, ist in einer Reaktion der Nozizeptoren im Bereich der oberen HWS zu suchen, die eine reaktive Veränderung der intrakraniellen Perfusion über vegetative Bahnen verursacht (1, 2). Jedem ist der posttraumatische M. Sudeck bekannt, bei dem Gefäßprozesse ablaufen, die im Einzelnen noch völlig unklar sind.
Literatur
1. Otte A et al.: Zerebrale Befunde nach Halswirbelsäulendistorsion durch Beschleunigungsmechanismus
(HWS-Schleudertrauma): Standortbestimmung zu neuen diagnostischen Methoden der Nuklearmedizin. Schweiz
Rundschau Med Praxis 1996; 85: 1087-1090.
2. Otte A, Ettlin TM, Fierz L, Kischka U, Murner J, Muller-Brand J: Brain perfusion patterns in 136
patients with chronic symptoms after distorsion of the cervical spine using single-photon emission computed
tomography, technetium-99m-HMPAO and technetium-99m-ECD: a controlled study.
J Vascular Investigation, 1997; 3: 3-5.
Dr. med. Bernhard Hörr
Arzt für Radiologie
Zehntgasse 1
73207 Plochingen
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