POLITIK: Aktuell
Internationaler Suchtstoff-Kontrollrat: Restriktive Drogenpolitik


unterversorgung.
Während es Überversorgung und Missbrauch von Medikamenten in den reichen Industrienationen gibt, mangelt
es im Gegensatz dazu an Schmerzmitteln in den Entwicklungsländern. Der Internationale Suchtstoffkontrollrat
(International Narcotics Control Board, INCB) äußerte sich in seinem jährlichen Welt-Drogen-Bericht besorgt
darüber, dass viele Menschen, denen Betäubungsmittel von großem Nutzen wären, keinen Zugang dazu haben.
Gerade bei Krebspatienten in den letzten Stadien der Krankheit hätten sich schmerzlindernde Medikamente, wie
Morphin und andere Opiate, bewährt. Anlass zur Besorgnis gebe auch der hohe Konsum von Amphetaminen und
anderen Stimulanzien für das Nervensystem in Amerika sowie von Benzodiazepinderivaten in Europa.
Die Ursachen für dieses Ungleichgewicht sieht der Rat einerseits in den unzureichenden finanziellen
Möglichkeiten der Entwicklungsländer sowie im niedrigeren Niveau der Gesundheitsversorgung. Andererseits
führten aggressive Marketingstrategien pharmazeutischer Unternehmen und unlautere medizinische Praktiken zu
einer solchen Diskrepanz.
In seinem Bericht ruft der Rat internationale Hilfsorganisationen auf, dringend benötigte Schmerzmittel für die
ärmsten Länder zu spenden. Nach Schätzungen der WHO werden bis zum Jahr 2015 zwei Drittel der jährlichen
Krebserkrankungen in Entwicklungsländern auftreten. Die Forschung habe gezeigt, dass bei 75 bis 90 Prozent
aller Krebspatienten Schmerztherapien mit Opiaten erfolgreich sind. Der Internationale Suchtstoff-Kontrollrat
fordert die Regierungen auf, ein Drogenversorgungssystem zu schaffen, das den internationalen Regelungen
entspricht und in dem Betäubungsmittel für medizinische Zwecke ausreichend und preisgünstig erhältlich sind.
Der Rat besteht aus 13 Mitgliedern, die von den Regierungen der einzelnen Länder und von der WHO nominiert
werden, und sieht sich als Hüter der UNO-Drogen-Abkommen von 1961, 1971 und 1988. Sein Ziel sei es, die
Selbstverpflichtung der Länder, den Drogenmissbrauch bis zum Jahr 2008 zu verringern, zu wahren und den
Drogenkonsum auf medizinische Anwendungen zu beschränken, betonte Dr. Oskar Schröder, Mitglied im
Internationalen Suchtstoff-Kontrollrat für Deutschland.
Als "gravierendes Problem" bezeichnet das INCB die zu beobachtende Überversorgung mit Medikamenten in
den entwickelten Ländern. Die Liste des jährlichen Morphinverbrauchs für medizinische Zwecke wird von
Dänemark mit 74,4 g je 1 000 Einwohner angeführt, gefolgt von Kanada (46,1 g) und Portugal (42,2 g).
Deutschland befindet sich mit jährlich 15 g je 1 000 Einwohner an fünfzehnter Stelle.
"Operation Purple"
Zudem informierte das INCB über die unter dem Codenamen laufende internationale Aktion "Operation Purple",
die bereits mehrfach verhindern konnte, dass Kaliumpermanganat, das für die illegale Herstellung von Kokain
verwendet wird, in den Besitz von Schwarzhändlern gelangt. Alle größeren grenzüberschreitenden Lieferungen
werden überwacht; dabei unterstützt die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation und die
Weltzollorganisation die Aktion. Da Kaliumpermanganat während der Verarbeitung seine Farbe so stark ändert,
dass das Ende der Reaktion selbst für Laien erkennbar ist, wird die Chemikalie für die unerlaubte Herstellung
von Kokain gern benutzt. Angesichts des Erfolges von "Operation Purple" wurde beschlossen, sie unbefristet zu
verlängern. Die Phase II der Aktion ist im Januar 2000 angelaufen. Durch ein ähnliches globales Programm soll
verhindert werden, wasserfreie Essigsäure, die für die Herstellung von Heroin sehr wichtig ist, abzuzweigen und
zu verbreiten. Dr. med. Eva A. Richter
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