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COVID-19-Diagnostik: Eher epidemiologisch sinnvoll


Vielen Dank für den guten und ausführlichen Artikel zu dem Thema. Meines Erachtens wird aber ein Problem nicht mit ausreichender Betonung kommuniziert, das erst kürzlich in anderem Kontext (Nichtinvasive Pränataltests: Risiko für Fehlinterpretation, Dtsch Arztebl 2020; 117 (7): A-320/B-285/C-274) behandelt wurde: der geringe Positive Prädiktive Wert (PPV) im Falle einer geringen Prävalenz trotz hoher Spezifität.
Nehmen wir eine Spezifität des Antikörperrests von 98 % (aktuelle Laborinfo) an. Aktuell gibt es in Deutschland ca. 150 000 bestätigte COVID-19-Fälle. Wenn wir eine Dunkelziffer mit dem Faktor 6 schätzen, sind das 0,9 Mio. Covid-19-Positive, bei 80 Mio. Einwohnern also ca. 1 % der Bevölkerung. Leicht vereinfacht gerechnet: Bei 100 beliebigen Getesteten ist dann bei der Prävalenz von 1 % das Ergebnis einmal richtig positiv und – bei einer Spezifität von 98 % des Tests – zweimal falsch positiv.
Wir erhalten also bei den 100 Getesteten drei positive Ergebnisse, von denen zwei nicht stimmen. Der PPV beträgt 33 %. In der aktuelle Situation sagt also ein positiver Ak-Test über die stattgehabte, individuelle Erkrankung an COVID-19 weniger aus als ein Münzwurf – dieser ist in 50 % der Fälle richtig.
Auch das RKI schreibt in seinen FAQ zu Diagnostik (Stand 28.04.2020): „Ein Test auf SARS-CoV-2-spezifische Antikörper im Blut/Serum kann für epidemiologische Fragestellungen [d. h. nicht für die individuelle, Anm. des Autors] sinnvoll sein.“
Konsequenterweise sollten dann aber diese Tests auch nur in epidemiologischer Fragestellung vewendet werden, aber auch nicht zulasten der Krankenkassen, da in individueller Indikation weder wirtschaftlich noch notwendig oder zweckmäßig.
Dr. med. Thomas Nonn, 88400 Biberach
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